„Glaubhafte Belege“für persönliche Verantwortung
UNO empfiehlt Untersuchung zur Rolle des saudischen Kronprinzen Bin Salman im Mordfall Khashoggi
Trotz der Iran-krise nimmt der internationale Druck auf den saudischen Kronprinzen wieder zu. In ihrem Abschlussbericht im Mordfall Khashoggi sieht die Un-menschenrechtsexpertin Agnes Callamard „glaubhafte Belege“für eine mögliche persönliche Verantwortung von Mohammed bin Salman bei der Tötung des regimekritischen Journalisten. Zur endgültigen Klärung der Schuldfrage empfiehlt die aus Frankreich stammende Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für außergerichtliche Hinrichtungen eine internationale Untersuchung zur Rolle des Kronprinzen in dem Mordfall.
Erst am Wochenende hatte Mohammed bin Salman in einem Zeitungsinterview „gewisse Parteien“vor einer Instrumentalisierung des „schmerzlichen Ereignis“gewarnt, gleichzeitig aber dazu aufgerufen, „Beweise“zu präsentieren, um „Gerechtigkeit durchzusetzen“. Diese Beweise, den viel zitierten „rauchenden Colt“, sucht man im Bericht der Menschenrechtsexpertin zwar vergebens. „Zerstörung der Beweismittel“Frau Callamard hebt jedoch hervor, dass es nicht glaubhaft sei, dass die Entsendung des saudischen Mordkommandos im Oktober letzten Jahres nach Istanbul ohne das Wissen des Kronprinzen selbst erfolgt sein könnte. Dieser habe die Verfolgung anderer Dissidenten zugelassen. Auch „die Zerstörung der Beweismittel“, darunter auch die Leiche Khashoggis, sei ohne das Wissen von Mohammed bin Salman unmöglich gewesen. Zur endgültigen Klärung der Schuldfrage sei daher eine weiterführende Untersuchung zwingend nötig, schrieb Frau Callamard in ihrem Abschlussbericht an den Un-menschenrechtsrat – und ging noch einen Schritt weiter.
Die Un-sonderberichterstatterin verlangte internationale Sanktionen gegen den Kronprinzen. Zwar gelte für jeden die Unschuldsvermutung. Allerdings werde auch bei anderen Sanktionen darauf keine Rücksicht genommen. „Bis solche Standards veröffentlicht sind und ihre Anwendbarkeit auf Einzelpersonen ausgeführt sind, gibt es keinen Grund, warum Sanktionen nicht gegen den Kronprinzen und seinen persönlichen Besitz verhängt werden sollten“, schrieb Callamard.
Wie andere vor ihr kritisierte auch die Un-menschenrechtsexpertin die „lahme Reaktion“der internationalen Staatengemeinschaft. Besonders die Trumpadministration weigert sich bis heute, den saudischen Kronprinzen im Mordfall Khashoggi zu belasten, obwohl die Us-geheimdienste anscheinend über entsprechende Beweise verfügen. Wie schon so häufig misst Washington im Mittleren Osten mit zweierlei Maß und drückt selbst bei den schlimmsten Verfehlungen seiner engsten Verbündeten beide Augen zu.