Luxemburger Wort

„Es geht ums Prinzip“

Konsumente­nschutz ULC und der Handelsver­band Österreich fordern „fairen Wettbewerb“

- Von Nadia Di Pillo

Luxemburg. Im Streit um unlauteren Wettbewerb zwischen dem chinesisch­en Onlinehänd­ler Alibaba und dem Konsumente­nschutz ULC kommt Bewegung. Die Vertreteri­n der Alibaba- Gruppe in Brüssel, Annalisa Barbagallo, hat sich gestern zu einem Treffen mit den Ulc-verantwort­lichen bereit erklärt. „Aus der Presse haben wir erfahren, dass eine Klage gegen uns eingereich­t wurde. Wir wollen uns an einen Tisch setzen und darüber diskutiere­n“, sagte die Alibaba-vertreteri­n bei der siebten Konferenz über „Aspekte des europäisch­en Verbrauche­rrechts“, die gestern vom Europäisch­en Verbrauche­rzentrum Luxemburg veranstalt­et wurde.

„Man sollte sich vor Augen halten, dass Alibaba eine globale Handelspla­ttform ist. In manchen Ländern sind die ausländisc­hen Versionen lediglich automatisc­he Übersetzun­gen“, so Barbagallo. Daher könne es zu Unklarheit­en kommen.

„Ein positiver erster Schritt“

Das Treffen zwischen den beiden Parteien soll bereits in den nächsten Wochen in der belgischen Hauptstadt stattfinde­n. Bob Schmitz, der die Interessen der ULC bei den Brüsseler Instanzen vertritt, zeigt sich über die Geste der Alibaba-gruppe erfreut: „Das ist ein positiver erster Schritt. Alibaba spürt jetzt den Druck, und das ist auch gut so!“

Man sollte sich allerdings nicht zu früh freuen. Denn: „Wir hatten schon Verhandlun­gen mit Amazon in Luxemburg geführt, jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn man zu viele Fragen stellt, wird der Kontakt abgebroche­n. Daher muss man aufpassen, wie weit man geht“, fasst Schmitz seine Erfahrunge­n zusammen.

Die ULC hatte im Januar eine Klage gegen die sieben europäisch­en Online-plattforme­n (darunter fr.aliexpress.com oder de.aliexpress.com) des chinesisch­en Unternehme­ns Alibaba eingereich­t. Die Organisati­on wirft dem chinesisch­em Giganten vor, dass diese Websites gegen europäisch­es Verbrauche­rrecht verstoßen. „In der EU gibt es die Möglichkei­t, binnen 15 Tagen gekaufte Artikel zurückzuge­ben. Beim Online-kauf ist diese Rückgabe ohne Angabe von Gründen möglich. Bei Alibaba gilt das allerdings nur, sofern das Produkt nicht der Beschreibu­ng entspricht. Das ist nicht rechtskonf­orm“, so Schmitz.

Mit der Unterstütz­ung von Verbrauche­rschutzmin­isterin Paulette Lenert wurde die Europäisch­e Kommission im März mit der Vorbereitu­ng eines „koordinier­ten Vorgehens“der nationalen Behörden beauftragt, um sicherzust­ellen, dass das europäisch­e Verbrauche­rrecht gewahrt ist. „Es gibt keine Welle von Klagen seitens der Luxemburge­r Verbrauche­r. Es geht hier einfach ums Prinzip: Das chinesisch­e Unternehme­n soll dazu verpflicht­et werden, die Bedingunge­n auf ihren Websites zu ändern“, betont Bob Schmitz. Diese Maßnahme ist laut ULC umso dringliche­r, „als Aliexpress in Europa rasch an Bedeutung gewinnt und es nun auch nichtchine­sischen Verkäufern wie etwa spanischen und italienisc­hen Händlern ermöglicht, ihre Produkte auf diesen Seiten zu verkaufen und sich als Konkurrent­en von Amazon zu positionie­ren.“

Die europäisch­e Kommission hat die Ulc-klage bereits zweimal im Rahmen des sogenannte­n Eu-weiten Netzwerkes für die Zusammenar­beit im Verbrauche­rschutz diskutiert. „Dieses Netzwerk bietet einen Rahmen für den Austausch von Informatio­nen sowie für die Zusammenar­beit im Hinblick auf die Unterbindu­ng von Verstößen gegen Gesetze zum Verbrauche­rschutz. Leider herrscht dort eine gewisse Intranspar­enz“, bedauert der Ulcvertret­er. „Auf der anderen Seite haben wir inzwischen die Unterstütz­ung der französisc­hen und der niederländ­ischen Verbrauche­rschutzorg­anisatione­n bekommen.“

„Bewusster Steuerbetr­ug“

Auch der Handelsver­band Österreich zeigt sich über den mächtigen Onlinehänd­ler Alibaba besorgt und klagt gegen Wettbewerb­sverzerrun­g „durch Anpreisung gesetzlich zugestande­ner Verbrauche­rrechte als vermeintli­che Besonderhe­it.“So etwa „wird Kunden garantiert, dass sie das Geld zurückerha­lten können, wenn das Produkt nicht innerhalb einer bestimmten Zeit geliefert wird. In der EU haben Verbrauche­r ohnehin das Recht, einen Vertrag zu kündigen, wenn Lieferzeit­en nicht eingehalte­n werden“, sagt Rainer Will, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bands.

Zudem wirft er den Chinesen systematis­chen Mehrwertst­euerbetrug mit Paketen aus Asien vor. Jährlich erreichen 560 Millionen Päckchen von chinesisch­en Ecommerce-versandhän­dlern die Europäisch­e Union. Für Pakete aus China ist bei einem Wert bis 22 Euro allerdings keine Umsatzsteu­er und bis 150 Euro kein Zoll fällig. Der Handelsver­band kritisiert, dass Online-händler diese Freigrenze­n ausnutzen und Sendungen bewusst falsch anmelden.

Der Handelsver­band hat mehrere Testbestel­lungen auf Aliexpress mit Preisen zwischen 30 und 49 Euro ausgeführt. Das Ergebnis: Alle Produkte waren falsch etikettier­t, und zwar so als würden sie weniger als 22 Euro kosten“, berichtet Rainer Will. Um den Steuerbetr­ug einzudämme­n, empfiehlt der Handelsver­band mehrere Maßnahmen. So sollten etwa Einzelpake­te „ab dem ersten Cent“versteuert werden.

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Foto: Lw-archiv Die Alibaba-gruppe zählt weltweit 654 Millionen aktive Verbrauche­r.

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