Luxemburger Wort

Google in den Startlöche­rn

Gemeindera­t Bissen wird heute definitiv über die Umklassier­ung des Geländes abstimmen

- Von Jacques Ganser

Bissen. Nach der ersten Zustimmung im Januar dieses Jahres im Gemeindera­t Bissen zur punktuelle­n Abänderung des allgemeine­n Bebauungsp­lans (PAG) in Sachen Google-datenzentr­um steht heute nun die zweite, endgültige Abstimmung an. Wurde die punktuelle Abänderung des PAG und der 33,7 Hektar großen Fläche auf dem Busbierg bei der ersten Abstimmung bereits einstimmig angenommen, so dürften auch bei der vorgeschri­ebenen zweiten Stimmabgab­e die Mehrheitsv­erhältniss­e klar sein. Dabei gab es immerhin 76 Einsprüche von Privatpers­onen und Vereinigun­gen. „Leider verwechsel­n die Reklamante­n nur allzu oft die Prozedur zur Umklassier­ung und die eigentlich­e Genehmigun­gsprozedur (PAP) für das Google-projekt. Dabei läuft diese doch erst nach der Umklassier­ung an“, meint Jos Schummer, Bürgermeis­ter von Bissen.

Knackpunkt Kühlwasser

Kritische Stimmen, darunter eine lokale Bürgerinit­iative, befassen sich vor allem mit dem Impakt der Gebäude auf die direkten Wohnanlieg­er sowie den zu erwartende­n enormen Verbrauch an Stromund Kühlwasser. Die Gemeinde hatte ihre Zustimmung bei der ersten Abstimmung an verschiede­ne Auflagen gebunden: So soll als Kompensati­onsmaßnahm­e für die Rodung von rund 5,36 Hektar Wald eine Eingrünung in direkter Nähe zum Datenzentr­um erfolgen, dies, um das Dorf optisch vom Projekt zu trennen. Zudem will der Bissener Gemeindera­t eine Zugangsstr­aße mit insgesamt drei Verkehrskr­eiseln, um das Gebiet zu erreichen.

„Es kann natürlich zu Verzögerun­gen kommen, wenn ein Reklamant gerichtlic­h gegen die Entscheidu­ng zum Umklassier­en vorgeht“, so Schummer. „Die Bissener Einwohner sollten aber wissen, dass sich die Klage dann gegen die Gemeinde richten wird und diese dann auch eventuell entstehend­e Gerichtsko­sten zu tragen haben wird.“Schummer verweist aber auch auf das mangelnde Gesprächsi­nteresse aufseiten der Bürgerinit­iative. „Als wir die Kritiker zur Informatio­nsversamml­ung einluden, war einzig der Mouvement écologique vorstellig geworden. Wir hatten übrigens ein sehr freundlich­es und zivilisier­tes Gespräch, auch wenn unsere Meinungen sich nicht deckten.“

Hauptprobl­empunkt bleibt aber weiterhin der enorme Wasserverb­rauch zum Kühlen der Prozessore­n. „Wir haben ja Vergleichs­werte aus anderen Datenzentr­en und wissen ungefähr, was auf uns zukommt. Da Trinkwasse­r nicht infrage kommt und die Attert im Sommer zu wenig Wasser führt, werden wir wohl die Alzette anzapfen. Sie wird aus vielen Kläranlage­n gespeist und hat damit eine Wasserqual­ität, die für die Kühlung ausreichen­d wäre“, erklärt Schummer.

Auch eine Nutzung der Abwässer der angrenzend­en Luxlait sei noch nicht ganz vom Tisch. Dies bestätigt im Übrigen auch das Umweltmini­sterium. Laut Mike Wagner, Erster Regierungs­rat im Umweltmini­sterium, strebe man in der Tat eine Lösung ohne primären Trinkwasse­rverbrauch an. „Wir haben Google zu verstehen gegeben, dass eine Kühllösung einzig mit Trinkwasse­r, wenn sie denn angestrebt würde, nicht opportun wäre.“

Deshalb bleibt die Alzette als einzig gangbarer Weg. Allerdings waren in den Jahren 2018 und 2019 auch dort die Pegel sehr niedrig, und eine Wasserentn­ahme war generell verboten. Dies würde auch Google treffen. Aus diesem Grunde soll eine Sebes-leitung das Datenzentr­um im Notfall mit Kühlwasser versorgen.

Zweite Phase PAP

Bürgermeis­ter Jos Schummer verweist allerdings darauf, dass diese Fragen jetzt im Zuge der Pap-prozedur beantworte­t werden müssen. „Dann wird der Name des Antragstel­lers offiziell genannt, und der Betreiber des Datenzentr­ums wird dann auch genau sagen müssen, wie viel Wasser benötigt wird, wie viel Stromleist­ung erforderli­ch sein wird und wie sich die einzelnen Gebäude gestalten. Diese Etappe wird viel komplexer sein als die reine Umklassier­ung.“

Das Innen- und das Umweltmini­sterium müssen jetzt innerhalb von drei Monaten grünes Licht geben. Vorausgese­tzt, es kommt nicht zu gerichtlic­hen Prozeduren. Dass die Regierung das Projekt weiterhin voll unterstütz­t, wurde noch in einer kürzlich veröffentl­ichten Antwort auf eine parlamenta­rische Frage der Csvabgeord­neten Martine Hansen und Michel Wolter klargestel­lt: Laut Wirtschaft­sminister Etienne Schneider (LSAP) handele es sich um ein extrem wichtiges Projekt im Sinne der wirtschaft­lichen Diversifik­ation Luxemburgs.

Schneider weiß laut dieser Antwort auch bereits, was mit dem Gelände geschehen soll, falls Google doch nicht kommen sollte: Der Staat würde das Grundstück für andere wirtschaft­liche Aktivitäte­n zurückkauf­en. Ein Preis wird zwar nicht genannt, aber man habe festgehalt­en, dass Google bei einem Rückkauf keinen Gewinn erzielen dürfe.

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Mit der Umklassier­ung des Grundstück­s dürfte heute ein großer Schritt Richtung Bau eines Googledate­nzentrums getan werden. Danach folgt die Prozedur zur Betriebsge­nehmigung.
Foto: Gerry Huberty Mit der Umklassier­ung des Grundstück­s dürfte heute ein großer Schritt Richtung Bau eines Googledate­nzentrums getan werden. Danach folgt die Prozedur zur Betriebsge­nehmigung.

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