Aufklärung auf kreative Art
Escher Schüler setzen mit „Red-y“-kampagne ein Zeichen im Kampf gegen sexuell übertragbare Krankheiten
Esch/alzette. Die Theatergruppe Geoghelli des Lycée de garçons Esch (LGE) sieht rot. Zu leichtsinnig und fahrlässig ist laut den jungen Schülern der heutige Umgang mit sexuell übertragbaren Krankheiten, darunter die Ansteckung mit dem „Human Immunodeficiency Virus“(HIV). Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und ihre Mitschüler und -menschen für mehr Bewusstsein zu sensibilisieren, haben die kreativen Nachwuchstalente des LGE sich etwas ausgedacht. Kommende Woche starten sie die Kampagne „Are you red-y for sex? Play it safe!“, kurz „Red-y“.
Ab heute kann die Aktion in den sozialen Netzwerken verfolgt werden. Erst am 28. Juni fällt der offizielle Startschuss für die Kampagne und die diesbezüglich geplante Flashmob-serie der Theatergruppe. Im ganzen Land werden die jungen Artisten im Schulhof diverser Lyzeen auftreten. Die erste Aufführung ist im Pausenhof des LGE geplant. Dabei wird es vor allem musikalisch zugehen. Denn widmete sich die Gruppe einst Kabarettaufführungen, sind nun Musicals in den Fokus gerückt. So wird die intensiv einstudierte Tanzeinlage zum Lied „I will survive“für Aufmerksamkeit sorgen.
Auch die Aufführung von kleinen Sketchen, die das Thema HIV sowie sexuell übertragbare Krankheiten behandeln, sollen die Mitschüler und Zuschauer wachrütteln. „Denn es ist höchste Zeit, jungen Menschen wieder näher an dieses Thema heranzuführen und dafür zu sorgen, dass es ernst genommen wird“, sagt Patrick Engel, Leiter der Theatergruppe Geoghelli.
Aufklären und Solidarität zeigen
Bei der Informationskampagne handelt es sich um eine gemeinsame Initiative des LGE, des Centre hospitalier Emile Mayrisch (CHEM), des Gesundheitsministeriums, der Hiv-berodung und des Luxemburger Roten Kreuzes. Initiator des Projekts aber sind die Theatergruppe Geoghelli und der CHEM. In der Vergangenheit hat es bereits mehrmals eine Zusammenarbeit zwischen beiden Instanzen gegeben.
„2018 haben wir anhand einer gemeinsamen Aktion auf Brustkrebs aufmerksam gemacht. Nicht nur geht es uns darum, junge Menschen empfindlicher für diese Themen zu machen und sie aufzuklären, sondern auch Solidarität mit den Patienten zu zeigen“, erklärt Anja Di Bartolomeo, Kommunikationsbeauftragte im CHEM. Die erneute Zusammenarbeit entstand auf Initiative von Patrick Engel hin.
„Ich habe festgestellt, dass die Jugend sich nicht mehr ausreichend damit auseinandersetzt, wie schnell man sich durch Geschlechtsverkehr mit einer Krankheit anstecken kann. Zudem ist ihr nicht mehr bewusst, was die Folgen einer solchen Ansteckung bedeuten können. Ich gehöre zu jener Generation, in deren Jugend Aids entdeckt wurde. Wir wurden damals massiv aufgeklärt, konnten uns vor Informationskampagnen kaum retten. Heute glaubt jeder zu wissen, um was es sich bei dem Virus sowie anderen sexuell übertragbaren Krankheiten genau handelt. Doch das ist längst nicht immer der Fall. Immer öfter kursieren Gerüchte und führen zu Falschinformationen“, betont der Anführer der Theatergruppe.
Tanzproben und Schreibwerkstatt
Insgesamt 40 Schüler des LGE sind an dem Projekt beteiligt. Jeden Tag werden abwechselnd etwa 20 bis 25 von ihnen an den jeweiligen Flashmobs und Sketchen teilnehmen. „Wir sind dabei, uns intensiv auf die Flashmob-serie vorzubereiten. Nach den Proben zur Tanzeinlage versammeln wir uns in einer Schreibwerkstatt, um die Texte zu den Sketchen zu verfassen. Wir entwickeln die Szenarien alle selbst, unter dem wachsamen Auge unseres Leiters“, erzählt ein Mitglied der Theatergruppe.
Im Zuge der Ausarbeitung der Kampagne wurde vor allem Wert darauf gelegt, die Kernaussagen in der Sprache der Jugendlichen zu verfassen. „Die jungen Menschen sind dann nämlich viel empfänglicher dafür“, unterstreicht Engel. In den Schulen gebe es bereits viele gute Ansätze, um auf diese Thematik aufmerksam zu machen.
„Es reicht aber noch lange nicht aus. Anhand solcher Projekte wie der Kampagne ,Red-y‘ werden Jugendliche auf nicht wissenschaftliche Art und Weise dazu angeregt, sich untereinander auszutauschen und anhand einer breiteren Aufklärung Vorurteile abzubauen sowie sich besser zu schützen“, sagt Sandy Kubaj, Direktionsbeauftragte der Hiv-berodung.
Hohe Dunkelziffer
101 Hiv-infizierte wurden 2017 in Luxemburg in die Statistik aufgenommen, darunter 60 Menschen, die sich in dem Jahr neu angesteckt haben. Die Dunkelziffer wird für weit höher gehalten. Geschätzt zehn bis 15 Prozent der Infizierten wissen nichts von ihrer Ansteckung. „Bis zu zehn Jahre kann man ohne ein einziges Symptom mit der Infektion leben. Danach hat man allerdings das Aidsstadium schon erreicht“, so Sandy Kubaj. Die Statistiken von 2018 wurden noch nicht offiziell verkündet. Es sei aber ein leichter Rückgang festzustellen.
In diesem Sinne soll die Kampagne die Menschen dazu bewegen, sich testen zu lassen, insbesondere Jugendliche. Dass das Zurückgreifen auf Hiv-schnelltests von großer Wichtigkeit ist, wird zudem in den Sketchen der Theatergruppe aufgegriffen. Der Test der Hiv-berodung ist anonym, gratis und in einer Minute vollzogen. Die Anlaufstelle ist am Boulevard du General George S. Patton in Luxemburg-stadt zu finden. Zudem gilt es, mit dem Vorurteil zu brechen, dass die Ansteckung mit HIV nur Drogenabhängige und Homosexuelle betrifft. 2017 sind die Ansteckungen bei Heterosexuellen nämlich gestiegen.