Viele Ambitionen, wenige Antworten
Eu-klimapolitik: Blicke auf 2050 gerichtet, obwohl die Ziele bis 2030 noch nicht erreicht sind
Eines kann man der Europäischen Union nicht vorwerfen: Dass es ihr an Ambitionen fehlt, um die Klimafrage zu beantworten. War die Frage beim Frühjahrsgipfel noch vom Brexit-feuilleton unsanft ins Abseits gekegelt worden, wollen die Staats- und Regierungschefs die EU nun bis 2050 zur Co2-freien Zone umgestalten. Aufgrund der Tragweite der Thematik sei es nicht mehr damit getan, bis Mitte des Jahrhunderts zu analysieren, was im Kampf gegen den Klimawandel getan werden könne; vielmehr müsse bis dahin gehandelt werden, gab sich Premierminister Xavier Bettel zu Gipfelbeginn kämpferisch.
Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute Nachricht ist, dass weiterhin ein steiniger Weg zwischen Ambitionen und Antworten liegt. Antworten, die Europa auch nicht alleine geben kann – und will. Auch das stellte Bettel klar: „Allein werden wir diese Herausforderung nicht bewältigen.“
Mit dieser Aussage liegt der luxemburgische Regierungschef auf einer Linie mit den Schlussfolgerungen der Strategischen Agenda für die Jahre 2019/24, die eine Art Gebrauchsanweisung für die nächste Europäische Kommission ist. Darin ist festgehalten, dass die EU zum globalen Leader der „Green Economy“avancieren soll; gleichsam hält das Dokument fest, dass die Europäer nicht die einzigen sein können, die sich im Kapitel Klimawandel bewegen.
Empfehlung für New York
Dass sich die EU bewegt, liegt auch daran, dass sie sich mit Blick auf den Un-klimagipfel am 23. September in New York positionieren will. Es geht darum, die impulsgebende Rolle, die Europa Ende 2015 beim Zustandekommen des Klimaabkommens von Paris einnahm, neu zu beleben. Damals verständigte sich die Staatengemeinschaft unter europäischer Federführung darauf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung auf mindestens 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Erst einmal aber müssen die Eustaaten der Europäischen Kommission Antworten liefern, wie sie ihre Klimahausaufgaben bis 2030 lösen. Bis zum Ende dieses Jahres müssen der Brüsseler Behörde die nationalen Energie- und Klimapläne vorliegen, in denen die Mitgliedstaaten darlegen, wie sie ihren Anteil an erneuerbaren Energien anheben, die Energieeffizienz verbessern und die Co2-emissionen reduzieren wollen. Luxemburg gehört dabei, wie es Premier Bettel gestern betonte, zu den ehrgeizigen Schülern. Dass dieser Ehrgeiz in der Praxis auf Hürden stößt, räumte der Regierungschef mit dem Verweis auf den Tanktourismus ein. Er plädierte für einen etappenweisen Umgang, bei dem die ökologischen und die ökonomischen Aspekte zu berücksichtigen seien.
Welches Gewicht diese beiden Aspekte haben, offenbart die Studie zum Tanktourismus, die seit November 2016 vorliegt: Geschätzten Einnahmen von 2,1 Milliarden Euro stehen geschätzte Kosten von 3,5 Milliarden Euro gegenüber. Eine erste bescheidene budgetäre Reaktion auf diese Schieflage erfolgte ab Mai dieses Jahres, als Blau-rot-grün-ii sich zur Anhebung der Literpreise für Benzin und Diesel um einen beziehungsweise zwei Cent durchrang.
Empfehlungen für Luxemburg
Wie Luxemburg darüber hinaus seine Verpflichtungen schaffen will, soll eben der Klima- und Energieplan verraten. Immerhin soll der Anteil an erneuerbaren Energien mit 23 bis 25 Prozent mehr als verdoppelt werden und die Co2-emission um 50 bis 55 Prozent reduziert werden, obwohl die aktuelle Tendenz zuletzt steigend war und die Eu-vorgabe lediglich -40 Prozent verlangt. Mit allen Akteuren aus der Nachhaltigkeitsszene wurden unlängst die Wege erörtert, um diese Ziele bis 2030 zu erreichen. Der dickste Brocken bleibt die Mobilität, die zwei Drittel des CO2 verursacht; auf der anderen Seite ist die Elektromobilität, in die besonders Déi Gréng immense Hoffnungen setzen, noch weit vom Durchbruch entfernt mit einer Quote von 1,4 Prozent am zugelassenen Fuhrpark.
Damit der Plan grünes Licht erhält, hat die Eu-kommission der Regierung Anfang dieser Woche eine Reihe von Empfehlungen zum ersten Entwurf gemacht. Vor allem erwartet man sich in Brüssel „detaillierte und quantifizierte Maßnahmen“samt „Zielpfad“, um das gesteckte Ziel bei den Erneuerbaren zu schaffen. Des weiteren erwartet sich die Kommission eine „umfassende Bewertung des gesamten Investitionsbedarfs“und eine Auflistung „aller Energiesubventionen“. Mit Blick auf das Phänomen Energiearmut sollen „genauere Angaben zu den Auswirkungen der geplanten Ziele auf soziale Verhältnisse“gemacht werden. Wichtig ist der Eu-kommission schließlich, dass Mechanismen zur Begleitung und Nachvollziehbarkeit der Umsetzung des Planes vorgesehen werden.