Begrenztes Pflichtbewusstsein
In Luxemburg beteiligen sich nur 84 Prozent an Wahl zum Eu-parlament
Jetzt ist es also offiziell, 240 444 Personen haben in Luxemburg an der Europawahl teilgenommen. Dabei handelt es sich nämlich um die Anzahl der Stimmzettel, die sich schlussendlich in den Wahlurnen befanden. Von diesen 240 444 Stimmzetteln, waren 11 255 weiß und 11 012 ungültig. Somit haben 22 267 Wahlberechtigte, die im Wahlbüro erschienen sind, gewollt oder ungewollt darauf verzichtet, ihre Stimme abzugeben. Anders ausgedrückt: Fast jeder zehnte Wahlzettel, 9,3 Prozent, war ungültig.
Hinzu kommt, dass nicht alle Wahlberechtigten im Wahlbüro erschienen sind. Bei einer hundertprozentigen Wahlbeteiligung hätten sich nämlich 285 435 Stimmzettel in den Wahlurnen befinden müssen. Dies entspricht 84,24 Prozent aller Wahlberechtigten. 262 860 Luxemburger und 22 575 Ausländer waren auf den Wählerlisten eingetragen.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass die 45 391 Menschen, die nicht zur Wahl gegangen sind, damit auch automatisch gegen die Wahlpflicht verstoßen hätten. Es steht nämlich allen Personen, die zum Zeitpunkt der Wahl mindestens 75 Jahre alt sind, frei, ob sie ihre Stimme abgeben wollen oder nicht. Ihre Zahl wird auf ungefähr 45 000 geschätzt. Darüber hinaus kann sich jeder Wähler entschuldigen lassen, wenn er beispielsweise einen kurzfristig organisierten Urlaub antritt und deswegen im Vorfeld keine Briefwahl anfragen konnte.
Da letztere Zahl wohl nicht allzu groß gewesen sein dürfte und auch eine gewisse Zahl der über 75-Jährigen an der Wahl teilgenommen hat, dürften sich mehrere tausend Personen illegalerweise der Wahlpflicht entzogen haben. Rechnet man die Zahl der ungültigen Stimmzettel und die jener Personen, die nicht im Wahlbüro erschienen sind zusammen, kommt man auf 67 258. 23,6 Prozent, fast ein Viertel, der Wahlberechtigten hat also auf eine Stimmabgabe verzichtet.
Im internationalen Vergleich ist die Zahl von 84,24 Prozent Wahlbeteiligten dennoch sehr imposant, lag die Wahlbeteiligung im Vergleich dazu in Deutschland doch nur bei 61,5 Prozent, im europäischen Durchschnitt bei 50,63 Prozent und beim Schlusslicht Slowakei gar bei schwachen 22,7 Prozent. Relativiert wird dieser Vergleich allerdings durch die Tatsache, dass in der überwiegenden Mehrheit der Eu-mitgliedsstaaten im Gegensatz zum Großherzogtum keine Wahlpflicht besteht. Neben Luxemburg gibt es diese lediglich noch in Belgien, Malta und Zypern.
In den vergangenen 15 Jahren fiel die Wahlbeteiligung um 7,11 Prozent.
Wahlbeteiligung trotz Wahlpflicht
im Sinkflug Auch im Vergleich mit diesen drei Staaten schneidet Luxemburg gut ab. Zwar gaben bei unseren belgischen Nachbarn (88,47 Prozent) prozentual mehr Wahlberechtigte ihre Stimme ab, doch die beiden Mittelmeerinseln liegen mit Werten von 72,20 Prozent auf Malta und sogar nur 44,99 Prozent auf Zypern deutlich hinter Luxemburg.
Interessant ist auch ein Blick in die elektorale Vergangenheit. Dieser zeigt nämlich, dass die Wahlbeteiligung in Luxemburg bei der ersten Eu-wahl im Jahr 1979 noch bei 88,91 Prozent lag. Die höchste Beteiligungsrate konnte 2004 mit 91,35 Prozent erreicht werden. In den vergangenen 15 Jahren fiel die Wahlbeteiligung also um 7,11 Prozent, obwohl damals wie heute Wahlpflicht herrschte. Doch da die Staatsanwaltschaft weiterhin keine Anstalten macht, Personen die dem Urnengang fernbleiben, juristisch zu belangen, scheinen prozentual immer weniger Menschen sich an dieses Gesetz gebunden zu fühlen.
Gestern wurde das endgültige Resultat der Eu-wahl in der Chamber vorgestellt. Da keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit geäußert wurden, stimmten sämtliche Abgeordneten für dessen Validierung.