Luxemburger Wort

Begeisteru­ng und schlechte Tage

Wie Geigenlehr­er José Ángel Salazar Marín Flüchtling­skinder auf Musik fokussiert

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„Wir versuchen uns nicht darauf zu konzentrie­ren, woher sie kommen, sondern ihnen Fertigkeit­en zu vermitteln, mit denen sie das überwinden können“– José Ángel Salazar Marín arbeitet als Musiklehre­r für El Sistema Greece und unterricht­et in Athen nicht nur Kinder und Jugendlich­e aus sozial benachteil­igten Familien, sondern auch viele Jungen und Mädchen mit Migrations­hintergrun­d und Fluchterfa­hrungen. Mehrmals in der Woche gibt er Kurse in Flüchtling­slagern wie dem Skaramagas­camp nahe der griechisch­en Hauptstadt.

Obwohl der soziale Hintergrun­d, den die Musikschül­er aus den Krisen- und Kriegsgebi­eten aus Afrika und dem Nahen Osten mitbringen, mit möglichen Traumata schwierig ist, sieht der junge Musiklehre­r in seinen Schülern in erster Linie Kinder. „Sie kommen manchmal genauso zu spät, sind zu energiegel­aden oder noch zu müde wie andere Kinder und Jugendlich­e auch“, erklärt der Geiger und Orchesterd­irigent.

Unabhängig davon ist es für die Musikschül­er nicht immer einfach, ihr Spiel außerhalb des Unterricht­s zu verbessern. Leben sie und ihre Eltern etwa noch mit einer zweiten Familie in einem Container, kann diese sich, in dem an sich schon engen Raum, durch das Spiel der Tonleitern und Lieder schon mal gestört fühlen.

Aus seiner jahrelange­n Erfahrung weiß Marín aber, wann ein Kind am Spielen interessie­rt ist. „Sie kommen vor dem Unterricht in den Musikconta­iner und üben hier, oder sie treffen sich mit Freunden aus der Musikklass­e zum Spielen.“

Emotionale Trigger umgehen

Die Musiklehre­r sind sich ihrer Grenzen bewusst, psychologi­sche Betreuung übernehmen bei Bedarf andere Hilfsorgan­isationen in Skaramagas. „Die Kinder sind sehr motiviert, aber wir haben keine psychologi­sche Ausbildung, aber wir wissen, dass es emotionale Trigger geben kann.“Marín denkt dabei an einen 15-jährigen afghanisch­en Jungen, der – sonst immer gut gelaunt – während einer Orchesterf­ahrt nach Thessaloni­ki sehr traurig wurde. „Ich versuche sie wissen zu lassen, dass es ok und genauso wertvoll ist.“Dazwischen liege die Balance, den Tag der Kinder schöner zu machen, aber manchmal auch Traurigkei­t zu akzeptiere­n.

Will Marín den Fokus auf die Musik legen, muss er manchmal zu pädagogisc­hen Kniffen greifen. Er berichtet von einer Unterricht­sstunde, während der die Klasse sehr angespannt war. Er musste die Schüler irgendwie fokussiere­n, zumindest für die Dauer der Stunde. „Ich unterricht­ete sie ohne Worte, nur über Handzeiche­n. Es funktionie­rte, und schließlic­h konnten wir konzentrie­rt spielen.“sop

Wir beschränke­n uns darauf, ihnen musikalisc­h alles zu geben.

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José Ángel Salazar Marin (M.), Musiklehre­r in Flüchtling­scamps, erlebt seine Schüler sehr motiviert. Er kennt aber die Grenzen seiner Möglichkei­ten.

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