Von wegen alter Schrott
Kulturministerin Sam Tanson kündigt Vernetzung von Standorten der hiesigen Industriekultur an
Belval. Ein lang gehegter Wunsch von so manchem Industriegutschützer dürfte nächste Woche in Erfüllung gehen: Das Centre national de culture industrielle (CNCI) soll Realität werden. Damit ist kein neues, zusätzliches Industriemuseum gemeint. Sondern eine Vernetzung bereits bestehender, ehemaliger Industriestandorte. Stichwort Mine Cockerill im Escher Ellergronn, das Rümelinger Grubenmuseum oder noch die Eisenbahnvereine im Fond-de-gras.
Leben einhauchen soll dem CNCI eine gemeinnützige Vereinigung, die am Mittwoch gegründet werden soll. Dies kündigte Kulturministerin Sam Tanson (Déi Gréng) gestern im Parlament während einer Aktualitätsstunde zum Thema Industriekultur an. Inspiriert wird sich von einem Westfälischen Netzwerk, bei dem unterschiedliche Standorte der Industriekultur zusammen ein Museum bilden, so Tanson.
Dabei handele es sich um Industrien, die die Region belebt haben. Heute werde den Besuchern gezeigt, wie früher dort gearbeitet wurde. Neben Ausstellungen werde auch pädagogische Arbeit verrichtet. „Anders, als man meinen könnte, haben wir heute bereits viele solcher Standorte und nicht nur im Süden“, so Tanson.
Dabei werde sich auf die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen gestützt, die an diesen ehemaligen Industriestandorten tätig sind. Im Staatsbudget vom nächsten Jahr soll ein Posten vorgesehen sein, um die neue Vereinigung zu unterstützen. Erstmals werde sich auf die Südregion konzentriert, dies im Hinblick auf die europäische Kulturhauptstadt Esch 2022. Später soll diese Vernetzung auch auf andere Regionen ausgedehnt werden, so die Kulturministerin noch.
Fayot: Brachen nicht privaten Promotoren überlassen
Angestoßen hatte die Diskussion Franz Fayot (LSAP). In seiner Rede ist er unter anderem auf die Entwicklung der Brachen in der Südregion eingegangen. Kritisieren tat er, dass die Neugestaltung der Escher Brache Lentille Terre Rouge (Rout Lëns) in den Händen einer privaten Firma liege. Es sei bedenklich, dass ein Promoter darüber entscheiden könne, was erhaltenswert sei und was nicht.
Wohl habe dieses private Unternehmen Workshops mit Bürgern organisiert. Fayot befürchtete aber, dass die dort getätigte Arbeit gegenüber finanziellen Interessen nicht schwer ins Gewicht fallen werde. Derzeit fehle es auf nationaler Ebene an einer kohärenten Vision zum Industriegut, bedauerte er. In diesem letztem Punkt war er mit Marc Spautz (CSV) auf einer Linie, der anregte, ein nationales Konzept für Industriegut zu entwickeln. Zuvor hatte Spautz bemängelt, dass der CNCI bereits seit gut zehn Jahren auf sich warten lässt.
Erfreut hatte sich Fayot dagegen, dass die Mentalitäten im Begriff seien, sich zu ändern, was den Stellenwert des Industriegutes anbelangt. Dies hat auch Roberto Traversini (Déi Gréng) festgestellt. Er erinnerte an eine Rede des ehemaligen Abgeordneten Robert Garcia, der 1999 über die Zukunft der Industriebrachen gesprochen hatte. „Damals gab es viele psychologische Barrieren“, so Traversini. „Weg mit dem Schrott“, hätten damals viele gedacht. Nun sei aber das Potenzial sichtbar. So vergaß er nicht, die Kulturfabrik 1535° zu nennen. In den ehemaligen Differdinger Werkshallen arbeiten mittlerweile etwa 600 Personen.
André Bauler (DP) regte seinerseits an, die vielen kleinen Werkstätten, Gerbereien oder Mühlen im ländlichen Raum nicht zu vergessen.
Auf all diese Anregungen erklärte Sam Tanson, dass die Arbeiten an der Gesetzvorlage für ein neues Denkmalgesetz gut voranschreiten. Ziel sei, noch vor den Sommerferien, spätestens kurz danach, die Gesetzesvorlage im Parlament zu deponieren. Zusätzlich soll auch ein nationales Inventar, Gemeinde für Gemeinde, von schützenswertem Gut erstellt werden. Dies werde aber weitaus mehr Zeit in Anspruch nehmen, warnte sie.