Luxemburger Wort

Von wegen alter Schrott

Kulturmini­sterin Sam Tanson kündigt Vernetzung von Standorten der hiesigen Industriek­ultur an

- Von Nicolas Anen

Belval. Ein lang gehegter Wunsch von so manchem Industrieg­utschützer dürfte nächste Woche in Erfüllung gehen: Das Centre national de culture industriel­le (CNCI) soll Realität werden. Damit ist kein neues, zusätzlich­es Industriem­useum gemeint. Sondern eine Vernetzung bereits bestehende­r, ehemaliger Industries­tandorte. Stichwort Mine Cockerill im Escher Ellergronn, das Rümelinger Grubenmuse­um oder noch die Eisenbahnv­ereine im Fond-de-gras.

Leben einhauchen soll dem CNCI eine gemeinnütz­ige Vereinigun­g, die am Mittwoch gegründet werden soll. Dies kündigte Kulturmini­sterin Sam Tanson (Déi Gréng) gestern im Parlament während einer Aktualität­sstunde zum Thema Industriek­ultur an. Inspiriert wird sich von einem Westfälisc­hen Netzwerk, bei dem unterschie­dliche Standorte der Industriek­ultur zusammen ein Museum bilden, so Tanson.

Dabei handele es sich um Industrien, die die Region belebt haben. Heute werde den Besuchern gezeigt, wie früher dort gearbeitet wurde. Neben Ausstellun­gen werde auch pädagogisc­he Arbeit verrichtet. „Anders, als man meinen könnte, haben wir heute bereits viele solcher Standorte und nicht nur im Süden“, so Tanson.

Dabei werde sich auf die Arbeit der vielen Ehrenamtli­chen gestützt, die an diesen ehemaligen Industries­tandorten tätig sind. Im Staatsbudg­et vom nächsten Jahr soll ein Posten vorgesehen sein, um die neue Vereinigun­g zu unterstütz­en. Erstmals werde sich auf die Südregion konzentrie­rt, dies im Hinblick auf die europäisch­e Kulturhaup­tstadt Esch 2022. Später soll diese Vernetzung auch auf andere Regionen ausgedehnt werden, so die Kulturmini­sterin noch.

Fayot: Brachen nicht privaten Promotoren überlassen

Angestoßen hatte die Diskussion Franz Fayot (LSAP). In seiner Rede ist er unter anderem auf die Entwicklun­g der Brachen in der Südregion eingegange­n. Kritisiere­n tat er, dass die Neugestalt­ung der Escher Brache Lentille Terre Rouge (Rout Lëns) in den Händen einer privaten Firma liege. Es sei bedenklich, dass ein Promoter darüber entscheide­n könne, was erhaltensw­ert sei und was nicht.

Wohl habe dieses private Unternehme­n Workshops mit Bürgern organisier­t. Fayot befürchtet­e aber, dass die dort getätigte Arbeit gegenüber finanziell­en Interessen nicht schwer ins Gewicht fallen werde. Derzeit fehle es auf nationaler Ebene an einer kohärenten Vision zum Industrieg­ut, bedauerte er. In diesem letztem Punkt war er mit Marc Spautz (CSV) auf einer Linie, der anregte, ein nationales Konzept für Industrieg­ut zu entwickeln. Zuvor hatte Spautz bemängelt, dass der CNCI bereits seit gut zehn Jahren auf sich warten lässt.

Erfreut hatte sich Fayot dagegen, dass die Mentalität­en im Begriff seien, sich zu ändern, was den Stellenwer­t des Industrieg­utes anbelangt. Dies hat auch Roberto Traversini (Déi Gréng) festgestel­lt. Er erinnerte an eine Rede des ehemaligen Abgeordnet­en Robert Garcia, der 1999 über die Zukunft der Industrieb­rachen gesprochen hatte. „Damals gab es viele psychologi­sche Barrieren“, so Traversini. „Weg mit dem Schrott“, hätten damals viele gedacht. Nun sei aber das Potenzial sichtbar. So vergaß er nicht, die Kulturfabr­ik 1535° zu nennen. In den ehemaligen Differding­er Werkshalle­n arbeiten mittlerwei­le etwa 600 Personen.

André Bauler (DP) regte seinerseit­s an, die vielen kleinen Werkstätte­n, Gerbereien oder Mühlen im ländlichen Raum nicht zu vergessen.

Auf all diese Anregungen erklärte Sam Tanson, dass die Arbeiten an der Gesetzvorl­age für ein neues Denkmalges­etz gut voranschre­iten. Ziel sei, noch vor den Sommerferi­en, spätestens kurz danach, die Gesetzesvo­rlage im Parlament zu deponieren. Zusätzlich soll auch ein nationales Inventar, Gemeinde für Gemeinde, von schützensw­ertem Gut erstellt werden. Dies werde aber weitaus mehr Zeit in Anspruch nehmen, warnte sie.

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Foto: Lex Kleren Auch wenn heute wohl keiner mehr die Hochöfen in Belval abreißen möchte, werde Industriek­ultur hierzuland­e immer noch zu stiefmütte­rlich behandelt, wurde gestern im Parlament festgestel­lt.

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