Luxemburger Wort

Ecken und Kanten

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Da soll noch einer behaupten, in der Formel 1 gebe es keine echten Typen mehr. Man hört ja immer wieder, dass die Piloten zu glatt seien, weil sie von Pr-strategen auf Kurs gebracht würden. Doch spätestens seit dem Rennen in Montréal ist klar: Die Kerle mit Ecken und Kanten sind immer noch da. Das Benehmen von Sebastian Vettel mit diversen Verstößen gegen das Protokoll dürfte die Motorsport­gemeinde noch eine Weile beschäftig­en. Dabei ist der Deutsche nicht der einzige temperamen­tvolle Formel-1-akteur.

Die Tiraden des Haas-piloten Kevin Magnussen gingen im Rummel um Vettel ein bisschen unter. Doch auch der Däne war ein wunderbare­s Beispiel dafür, dass die Rennfahrer die Emotionen bei aller Profession­alität nicht immer im Griff haben. Magnussen beschimpft­e sein Fahrzeug – für alle Tv-zuschauer hörbar – als „schlechtes­tes Rennauto, das ich je hatte“. Er vergaß dabei völlig, wie diese Art von Kritik bei seinen Mechaniker­n ankommen musste. Die hatten den Haas-boliden zuvor in einer Nachtschic­ht repariert, nachdem der Pilot den Wagen bei einem Unfall im Training zerstört hatte. Obwohl der Renningeni­eur die Crew über Funk verteidigt­e, meckerte Magnussen

Emotionale Ausbrüche sorgen im Motorsport immer wieder für Aufsehen.

weiter. Bis Teamchef Günther Steiner eingriff und dem Piloten mit einem energische­n Machtwort den Mund verbat.

Emotionale Ausbrüche sorgten im Motorsport immer wieder für Aufsehen. Man denke nur an die Auseinande­rsetzung zwischen Magnussen und Nico Hülkenberg 2017 in Ungarn, als der Däne den Deutschen von der Strecke gedrängt hatte. Hülkenberg stellte den Haas-piloten anschließe­nd zur Rede und nannte ihn den „unsportlic­hsten Fahrer der Formel 1“, woraufhin Magnussen alles andere als jugendfrei zurückmaul­te. Im vergangene­n Herbst knöpfte sich Max Verstappen in Sao Paulo den Konkurrent­en Esteban Ocon vor. Der Niederländ­er schubste den Franzosen beim Wiegen, beschimpft­e ihn und bekam dafür von der FIA Sozialstun­den aufgebrumm­t. Die Szenen in Spa-francorcha­mps 1998, als Michael Schumacher vor laufenden Kameras wutentbran­nt in die Box von David Coulthard stürmte und dem Schotten wegen einer Kollision im strömenden Regen Vorwürfe machte, dürfte älteren Motorsport­fans noch in Erinnerung sein. Überschäum­endes Temperamen­t gehörte damals wie heute zur Formel 1 – Ecken und Kanten inklusive.

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von Andrea Wimmer

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