Luxemburger Wort

Dortmunder „Mia san mia“

Der BVB fordert den FC Bayern mit Topverpfli­chtungen heraus

- Von Holger Schmidt

Dortmund. Bescheiden­heit war gestern, jetzt bläst Borussia Dortmund mit einer Art westfälisc­hem „Mia san mia“zum Titelangri­ff: Nach der Rückholakt­ion von Mats Hummels lässt Vereinsbos­s Hansjoachi­m Watzke keine Ausreden mehr gelten und will Hummels' Exverein FC Bayern München endgültig die Stirn bieten. „Wir werden in die Spielzeit mit der Maßgabe gehen, dass wir ohne Wenn und Aber um die deutsche Meistersch­aft spielen wollen“, sagte Watzke den „Ruhr Nachrichte­n“: „Wir freuen uns jetzt schon auf die neue Saison.“

Die Meistersch­aft hatte der BVB schon kurz nach dem Saisonfina­le als Ziel ausgegeben. Das war die Erkenntnis aus der zu langen öffentlich­en Zurückhalt­ung in der Vorsaison, als der BVB demütig und bescheiden neun Punkte Vorsprung auf den FC Bayern verspielte. Neu ist die Formulieru­ng „ohne Wenn und Aber“. Doch sie ist eine klare Folge der 125-Millionen-offensive auf dem Transferma­rkt.

Zuletzt hatte Watzke erklärt, man wolle „versuchen, um die Meistersch­aft mitzuspiel­en“. Weil Hummels seiner zweiten Bayernzeit eine zweite Bvb-phase folgen lässt, wähnt sich Dortmund aber noch ein Stück näher an der Augenhöhe mit dem Meister der vergangene­n sieben Jahre. „Vor einigen Monaten hätten wir niemals an die Möglichkei­t geglaubt, Mats zurückzuho­len“, bekannte Manager Michael Zorc.

Kritiker von Kovac

Ottmar Hitzfeld, Ex-coach beider Clubs, beglückwün­schte den BVB. Hummels sei „genau dieser Typ, der ihnen in der vergangene­n Saison noch gefehlt hat“, sagte Hitzfeld. „Er könnte ihr Schlüssels­pieler im Kampf um die Meistersch­aft werden.“

In München geht derweil nach James Rodriguez und Rafinha der nächste interne Kritiker von Trainer Niko Kovac. Dass die Bayern den laut „kicker“besten Innenverte­idiger der Bundesliga-rückrunde zu einem direkten Konkurrent­en ziehen lassen, spricht für Selbstbewu­sstsein, das auch Watzke „Respekt abnötigt“.

Es zeigt aber ebenso, dass die Münchner bereit sind zum Umbruch, in dessen Zuge auch die verdienten Franck Ribéry und Arjen Robben verabschie­det wurden. Dass Jérôme Boateng, dem Bayern-präsident Uli Hoeneß einen Vereinswec­hsel öffentlich und unmissvers­tändlich nahegelegt hatte, nach dem Hummels-abgang bleiben wird, ist ebenfalls fraglich.

Doch die Bayern-fans fragen sich: Wer kommt denn noch? „Wenn sie wüssten, was wir alles schon sicher haben für die neue Saison“, hatte Hoeneß Ende Februar getönt. Seitdem folgte nach den Transfers von Benjamin Pavard (für 35 Millionen Euro vom VFB Stuttgart) und Jann-fiete Arp (Hamburger SV/3 Millionen Euro) nur noch im März der von Lucas Hernandez. Auch wenn der französisc­he Weltmeiste­r von Atletico Madrid mit 80 Millionen Euro Rekordtran­sfer der Bundesliga ist, dürfte beim FC Bayern noch was kommen. Leroy Sané (Manchester City), Timo Werner (RB Leipzig), Kai Havertz (Bayer Leverkusen), Yannick Carrasco (DL Yifang in China), Callum Hudson-odoi (FC Chelsea) – Gerüchte gibt es viele. Vollzug wurde seit März keiner vermeldet.

Finanziell­es Risiko

In Dortmund haben sie dagegen längst Nägel mit Köpfen gemacht. Vor Hummels hatten die Westfalen schon die deutschen Nationalsp­ieler Nico Schulz (Hoffenheim) und Julian Brandt (Leverkusen) sowie den belgischen Internatio­nalen Thorgan Hazard (Mönchengla­dbach/alle je rund 25 Millionen) verpflicht­et. Auch die 21 Millionen für die fixe Verpflicht­ung des bisher vom FC Barcelona ausgeliehe­nen Paco Alcacer fließen in die Transferbi­lanz dieses Sommers.

Deshalb wundert auf den ersten Blick das finanziell­e Risiko mit Hummels schon etwas, auch wenn sie in Dortmunder Kreisen auf eine wesentlich geringere Ablösesumm­e als die aus München kolportier­ten bis zu 38 Millionen verweisen. „Wir wissen, dass es viel Geld ist, das wir in die Hand nehmen“, sagte Zorc: „Aber wir sind überzeugt, dass wir sehr von Mats profitiere­n werden.“

Auch die Gehaltsein­bußen für den Weltmeiste­r von 2014 sollen sich im Rahmen halten. Statt zwölf Millionen wie in München verdient der Ex-nationalsp­ieler laut „Bild“in Dortmund rund zehn Millionen. In dieser Preisklass­e soll auch Marco Reus liegen. Wie dieser mit Hummels' Präsenz umgeht, wird spannend. Den Nationalsp­ieler hatte der BVB gerade erst zur unumstritt­enen Führungspe­rsönlichke­it aufgebaut.

Verkäufe sind vonnöten

So oder so muss Zorc jetzt erst einmal verkaufen. Denn eingenomme­n haben die Dortmunder bisher erst etwas mehr als 70 Millionen für die Wechsel von Christian Pulisic vom FC Chelsea (64) und Alexander Isak zu Real Sociedad (6,5). Abgänge von Ömer Toprak oder dem von Paris SG umworbenen Julian Weigl werden durch den Hummels-transfer wahrschein­licher. Auch André Schürrle, Shinji Kagawa, Maximilian Philipp, Jeremy Toljan oder Sebastian Rode stehen noch auf der Verkaufsli­ste. Ein wirkliches Äquivalent für das bayerische „Mia san mia“gibt das Westfälisc­he übrigens nicht her. Aber vielleicht fällt der Marketinga­bteilung des BVB dazu bald auch noch was ein. dpa

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Fotos: dpa Wieder vereint in Dortmund: Mats Hummels, Mario Götze und Marco Reus (v.l.n.r.).
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Bvb-geschäftsf­ührer Hans-joachim Watzke: „Wir wollen ohne Wenn und Aber um die deutsche Meistersch­aft spielen.“

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