Luxemburger Wort

„Die Eitelkeit leidet ein wenig“

Christoph M. Ohrt über seine Rolle als abgehalfte­rter Star, sein Hörgerät und den Jugendwahn

- Interview: Cornelia Wystrichow­ski

Die lustige Anwaltsser­ie „Edel & Starck“machte ihn 2002 zum Publikumsl­iebling: Christoph M. Ohrt, der in seinem neuen Film „Camping mit Herz“– zu sehen heute um 20.15 Uhr in der ARD – ein echtes One-hit-wonder spielt. Schlagersä­nger Kalle landete vor Jahren mit einem Campingson­g seinen einzigen Hit – als Pr-aktion muss der gealterte Star auf den Zeltplatz von Désirée (Diana Amft) ziehen, der das Wasser ebenfalls bis zum Hals steht. Christoph M. Ohrt, in „Camping mit Herz“erkennt man Sie auf den ersten Blick kaum …

Ich war wirklich sehr glücklich, dass Regisseur Josh Broecker mich gebeten hat, mir den Bart und die Haare länger wachsen zu lassen. Es passiert mir eigentlich selten, dass ich für eine Rolle mein Äußeres verändern darf, dabei ist das doch gerade der große Spaß beim Schauspiel­en. Sie spielen einen abgehalfte­rten Schlagerst­ar. Hört man Ihre Stimme in den Gesangssze­nen?

Ehrlich gesagt ist das Singen nicht so meine Stärke. Wenn ich unter der Dusche oder beim Autofahren singe, würde ich am liebsten selber Reißaus nehmen, und deshalb lassen wir das in diesen Szenen bewusst etwas offen. (lacht) Aus Pr-gründen muss Schlagerst­ar Kalle zwei Wochen auf einem Zeltplatz campen, obwohl er das hasst. Sind Sie eher Typ Zeltplatz oder Typ Luxushotel?

Mir ist ein schönes Hotel lieber. Ich war zwar schon campen, ich habe sogar schon mit meinem Sohn in Kalifornie­n in der Wüste gezeltet und fand Camping immer klasse. Aber nach drei, vier Tagen war ich jedes Mal froh, wenn es wieder ein Ende hatte. Ich verstehe es, wenn Leute das mögen, aber die Umstände, unter denen man auf einem Campingpla­tz lebt, das ist nicht so meine Richtung. Ich habe einfach gerne mein eigenes Bad. Sie tragen in der Rolle ein Hörgerät. War es Ihre Idee, das ins Drehbuch zu schreiben?

Nein, auch das war eine Idee von Josh Broecker, dem Regisseur. Er hat erst gesagt, jetzt schreiben wir dir zwei Songs, dann lerne bitte Gitarre, lass dir den Bart und die Haare wachsen – und was hältst du davon, wenn wir das Hörgerät einbauen? Als er das vorgeschla­gen hat, habe ich sofort ja gesagt, denn ich fand, dass das der Figur noch mal einen anderen Kick gibt, es macht sie noch glaubwürdi­ger. Sie tragen seit Jahren auch privat ein Hörgerät. Ist das kein Problem in Ihrer eitlen Branche?

Es gibt keinen Grund, das zu verheimlic­hen. Die Eitelkeit leidet schon ein wenig, aber dafür hat man wieder mehr Spaß am Leben. Ich versuche, Menschen darzustell­en und Geschichte­n zu erzählen, und dabei hilft es mir, gut zu hören. Und wenn ich merke, Schlagerso­ngs statt Countryklä­nge: Camping-kalle (Christoph M. Orth) gelang mit einem eher seichten Titel der Durchbruch. Sein Herz schlägt jedoch für ein anderes Genre. dass mir etwas hilft, zum Beispiel eine Brille oder ein Hörgerät, dann wäre es doch töricht, darauf zu verzichten. Ich habe auch gemerkt, wie vielen Leuten ich schon geholfen habe, weil die das bei mir gesehen haben. Die sind dann zum Hörakustik­er gegangen, kamen mit Hörgeräten wieder und waren glücklich. Zumal man die Dinger kaum mehr sieht. Wenn ich eine große fleischfar­bene Box mit mir rumtragen müsste, würde ich das vielleicht auch anders sehen. (lacht) Schlagerst­ar Kalle hatte in seiner Karriere einen einzigen großen Hit. Was war der größte Hit Ihrer Schauspiel­erkarriere?

Den meisten Zuschauern ist die Serie „Edel & Starck“im Kopf hängen geblieben, aber auch auf die Filme „Echte Kerle“und „Ballermann“ werde ich oft angesproch­en. Komischerw­eise nicht auf die Serie „Helicops“, obwohl das damals ja auch schwer angesagt war. Aber gerade bei „Edel & Starck“stimmte wirklich alles, und darauf kann ich auch stolz zurückblic­ken. Ist es Ihnen gar nicht lästig, darauf angesproch­en zu werden?

Nein, denn das waren vier tolle Jahre. Ich habe viel anderes gedreht, aber wenn die Serie das ist, was bei den Leuten hängen geblieben ist, geniere ich mich nicht – im Gegenteil, denn es war ja gute Unterhaltu­ng. Ist es schlimm, als Schauspiel­er in einer Schublade zu landen?

Solche Schubladen sind ein zweischnei­diges Schwert. William Shatner hat sich wahrschein­lich auch nicht träumen lassen, dass Captain Kirk die Rolle seines Lebens sein würde, oder Leonard Nimoy als Spock. Beide haben schon vorher als Schauspiel­er existiert, dann wurden sie in die Schublade gezwängt und kamen nicht wieder raus. Aber sie konnten von ihren Rollen leben. Und genau dieser Zwiespalt steht auch im Vordergrun­d unseres Films, der Wunsch nach künstleris­cher Verwirklic­hung und der Zwang, seine Brötchen zu verdienen. Wie haben Sie es geschafft, sich so lange oben zu halten?

Ich glaube, ich hatte einfach das nötige Quäntchen Glück. Natürlich versucht man immer, seinen Job so gut wie möglich zu machen, aber letztlich kann man das selbst nur schwer beeinfluss­en. Und ganz ehrlich: Wenn man auf der Bühne steht oder einen Film macht, denkt man jedes Mal, das war es jetzt, das war der letzte Job – diese Ängste kennen die meisten Schauspiel­er. Es heißt ja immer, dass Schauspiel­erinnen über 50 weniger Jobs bekommen. Ist das bei Männern wirklich besser?

Ein bisschen auf jeden Fall. Bei Frauen ist es ja wirklich eine Katastroph­e, eine bestimmte Altersgrup­pe von Frauen existiert im Film kaum. Entweder sollen sie alle unter 40 oder über 60 sein. Dabei sind doch gerade Frauen um die 50, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen und ihr Leben meistern, fasziniere­nd.

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