Ein Hund namens Bobby
Wer das Glück hat, einen Teil seines Lebens im Gefolge eines Tieres zugebracht zu haben, kann sich überaus beschenkt fühlen. Zahlreich sind die Geschichten über intelligente Hunde, Katzen, Vögel, Pferde oder gar Schildkröten, die weit über ihr artentypisches Verhalten hinaus reagieren. So war ich bei unserem Neufundländer Bobby auf die Beobachtung seines Verhaltens angewiesen, wenn ich wissen wollte, ob er mich verstand. Heute weiß ich, dass ich diesem wundervollen Wesen, das eine ganze Familie mit seinem Charme, seiner Klugheit, seinem Witz und seiner Liebe verzauberte, noch mehr Aufmerksamkeit hätte schenken sollen. Woher hat er zum Beispiel gewusst, dass ich auf dem Wege nach Hause war, als er sich zu den unterschiedlichsten Zeiten aus seiner bequemen Schlafposition entfernte und so lange am Hoftor auf mich wartete, bis er schließlich das vertraute Auto den Berg hinunterfahren sah? Auf welche Weise hat er meine Verärgerung registriert, als ich bemerkte, dass
Bobby war ein wunderbarer Tröster meiner traurigen Töchter, die über erstes Liebesleid weinten.
er nachts wieder einmal ausgebüxt war und gleich darauf reumütig durch das Hoftor spazierte? Was gab ihm die untrügliche Gewissheit, dass ein gemeinsamer Spaziergang bevorstand, ohne dass ich mich bereits aus meinem Sessel erhoben hatte? Bobby war ein wunderbarer Tröster meiner traurigen Töchter, die über Ungerechtigkeiten in der Schule weinten, über erstes Liebesleid oder den Streit der Eltern. Er teilte ihren Schmerz, nahm ihn aber auch nicht zu ernst. Mit einem Stups seiner feuchten Nase pflegte er ihnen jedes Mal zu sagen: Nimmt’s nicht zu schwer, das Leben geht weiter! Schließlich besaß er wie alle Haustiere die Gabe, stets im Hier und Jetzt zu leben und erfüllte damit die minimalste Anforderung abendländischer Philosophen: Carpe diem – genieße den Tag! Vergessen sind die Sorgen von gestern. Bobby passte sich auf geniale Weise stets dem Fluss der Zeit und den Veränderungen in einer lauten, unaufmerksamen und zu beträchtlicher Lautstärke neigenden Familie an. Im Laufe unseres Zusammenlebens bemerkten wir, dass der Neufundländer umso herzlicher und intelligenter reagierte, je mehr wir seine eigene Intelligenz respektierten, im normalen Gesprächston mit ihm kommunizierten und ihn in unser Leben einbezogen. Bobby war eben nicht nur ein Hund, er war ein Genie!