Luxemburger Wort

Felix Luxemburg

- Von Pierre Leyers

Kein Staat ohne Nationalfe­iertag. Frankreich erinnert am 14. Juli an den Sturm auf die Bastille, Deutschlan­d am 3. Oktober an die Wiedervere­inigung. Am sympathisc­hsten sind die Iren, sie begehen gemeinsam mit vielen Nicht-iren ihren St. Patrick's Day am 17. März, und das ganz in Grün und auf der ganzen Welt.

Luxemburg feiert am 23. Juni, ein Tag ohne Revolution oder Schutzpatr­on, der eigentlich an Großherzog­in Charlotte erinnern soll, die jedoch unpraktisc­herweise am 23. Januar zur Welt kam. Da im kalten Winter niemandem nach feiern zumute ist, wurde das Datum kurzerhand auf den Sommer verschoben. Das nennt man Pragmatism­us, eine Eigenschaf­t, die ganz gut zu Luxemburg passt, und allein an sich schon Grund genug ist, um gefeiert zu werden.

Gründe zum Feiern gibt es am 23. Juni sicherlich so viele wie Einwohner im Land. Für die einen ist es die Monarchie, für andere die Unabhängig­keit, und warum nicht auch das Bier und die gute Laune.

Der wichtigste Grund wird oft übersehen, weil er zur Gewohnheit geworden ist: Es ist ein Glück, in Luxemburg zu leben. Dieses Glück lässt sich sogar messen. Studien belegen es. So ist Luxemburg-stadt laut der jährlich durchgefüh­rten Mercer-umfrage die sicherste Stadt der Welt, was persönlich­e Sicherheit betrifft, vor Helsinki und Zürich. Auch in Sachen Lebensqual­ität ist Luxemburg an der Spitze. Gemäß einer Studie des World Economic Forum (WEF), die 103 Länder nach ihren Leistungen in Sachen Wachstum, Gerechtigk­eit und nachhaltig­e Entwicklun­g einstuft, belegt Luxemburg Platz drei. Vor dem Großherzog­tum liegen nur noch Norwegen und Island.

Sicherheit, Meinungsfr­eiheit, Lebensqual­ität, das alles sind Eigenschaf­ten, die einem nicht in den Schoß fallen. Sie wollen gehegt und gepflegt werden. Der Wahlspruch „Mir wëlle bleiwe wat mir sinn“ist in einem Land, das sich rasend schnell verändert, keine große Hilfe mehr.

Wachstum ist die große Herausford­erung. Eine klare Antwort auf die Frage, wie ein kleines Land mit geringen Ressourcen und begrenzter Fläche mit dem scheinbar unausweich­lichen Wachstum seiner Wirtschaft umgehen soll, wird immer drängender.

Nicht mehr lange, und Luxemburg wird 700 000 Einwohner zählen – eine Zahl, die noch Anfang des Jahrhunder­ts bei Naturschüt­zern und Hausbesitz­ern ein Schreckges­penst war. Sogar die Tatsache, dass in ein paar Jahren die gebürtigen Luxemburge­r in der Minderheit sein werden, raubt heute niemandem den Schlaf. Überbevölk­erung, gar Angst vor Überfremdu­ng – war da was? Auch das ist ein Glück: In einem Land zu leben, wo es keine Fremdenfei­ndlichkeit gibt.

Wie allerdings ein Luxemburg aussehen wird, in dem über die Hälfte der Einwohner keinen Luxemburge­r Pass besitzen und folglich vom politische­n Entscheidu­ngsprozess ausgeschlo­ssen sind, steht auf einem anderen Blatt. Auf Dauer führt wohl kein Weg am Ausländerw­ahlrecht vorbei. Erst dann wird der „Groussherz­ogsgebuert­sdag“wirklich ein Fest für alle sein.

Gründe zum Feiern gibt es am 23. Juni so viele wie Einwohner im Land.

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