Luxemburger Wort

Besuch in der Höhle des Löwen

Donald Trump und der kanadische Premiermin­ister Justin Trudeau versuchen, ihre zeitweise holprige Partnersch­aft hinter sich zu lassen

- Von Gerd Braune (Ottawa)

Zum dritten Mal seit Amtsantrit­t von Donald Trump reiste Kanadas Premiermin­ister ins Weiße Haus. Das Bemühen beider Männer zu demonstrie­ren, dass sie eine vernünftig­e Arbeitsbez­iehung haben, war unübersehb­ar. Die Irritation­en, die vor einem Jahr das Verhältnis zwischen ihnen belasteten, sollen der Vergangenh­eit angehören. Für Trudeau war dies ein Erfolg angesichts des nun anstehende­n Wahlkampfe­s, in dem er um seine Wiederwahl kämpfen muss.

Er wolle sich auf die Dinge konzentrie­ren, „die in dieser Beziehung wichtig sind“, sagte Trudeau ausweichen­d auf Fragen von Journalist­en zu seiner Zusammenar­beit mit Us-präsident Trump. Der Tiefpunkt der Beziehunge­n wurde vor genau einem Jahr nach dem G7gipfel im Charlevoix in Quebec erreicht: Als Trudeau am Ende des Gipfels den Us-präsidente­n wegen der Us-strafzölle auf kanadische Stahl- und Aluminiume­xporte kritisiert­e, zog Trump verärgert seine Zustimmung zum Abschlussk­ommuniqué zurück und nannte in einem Tweet Trudeau „schwach“ und „unehrlich“. Dass Trump anders als frühere Us-präsidente­n noch nicht zu einem Staatsbesu­ch oder bilaterale­n Arbeitsbes­uch nach Kanada kam, wird in Ottawa ebenfalls als Indiz für die nicht ganz reibungsfr­eien Beziehunge­n zwischen den beiden Regierungs­chefs gewertet.

Davon war nun zwischen diesen beiden so unterschie­dlichen Männern nichts zu spüren. Freundlich sprachen sie sich mit „Justin“und „Donald“an. Das Treffen sei „produktiv“gewesen und habe „die Grundlage für engere Zusammenar­beit in mehreren Bereichen“geschaffen, sagte Trudeau.

Gegenseiti­ge Abhängigke­it

Er muss seinen Wählern zu Hause zeigen, dass die kanadisch-amerikanis­chen Beziehunge­n bei ihm in guter Hand sind. Dass Trump vor wenigen Wochen die Strafzölle auf Stahl und Aluminium aufhob, kommt ihm sehr gelegen, auch wenn aus Washington immer wieder Drohungen mit protektion­istischen Maßnahmen zu vernehmen sind. Trump braucht den mittlerwei­le ausgehande­lten neuen Naftahande­lsvertrag mit Mexiko und Kanada als Beleg, dass er die Ushandelsp­olitik neu gestalten kann, und Kanadas Hilfe beim Kampf gegen billige Stahlimpor­te aus Asien. Offenbar wurde ihm auch bewusst, wie viele Arbeitsplä­tze in den USA vom bilaterale­n Handel mit Kanada abhängen.

Der neue Nafta-vertrag ist bisher nur von Mexiko ratifizier­t worden. In den USA sind die Demokraten, die im Repräsenta­ntenhaus die Mehrheit haben, noch nicht gewillt, ihn passieren zu lassen, weil sie stärkere Absicherun­gen von Arbeitssta­ndards in den Beziehunge­n zu Mexiko wünschen. Das kanadische Parlament will den Vertrag nur im Gleichschr­itt mit den USA absegnen. Trudeau und Trump unterstric­hen unisono, wie wichtig dieser Vertrag für beide Länder sei, die mit einem täglichen Handelsvol­umen im Wert von etwa 1,8 Mrd. Euro und nahezu 400 000 Menschen, die täglich die Grenze überschrei­ten, eine der engsten bilaterale­n Beziehunge­n pflegen. Der Ball liegt nun aber im Feld der Us-demokraten und Trudeau nutzte daher seinen Washington-besuch auch zu einem Treffen mit Nancy Pelosi, der demokratis­chen Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, um diese von den Vorzügen des neuen Nafta-deals zu überzeugen. Die von Us-seite ins Spiel gebrachten Nachverhan­dlungen sieht Kanada kritisch, weil sie eine Fülle von Fragen aufwerfen und den Abschluss verzögern würden.

Ein großes Anliegen Trudeaus war es außerdem, Trump in der Auseinande­rsetzung mit China auf seine Seite zu ziehen. Seit der auf Us-begehren erfolgten Festnahme der Huawei-finanzchef­in Meng Wanzhou in Vancouver im Dezember vergangene­n Jahres hat die Volksrepub­lik zwei in China lebende Kanadier, Michael Kovrig und Michael Spavor, festgenomm­en. Trudeau wertet dies als „willkürlic­he“Festnahme und wünscht sich, dass Trump bei seinem bevorstehe­nden Treffen mit Chinas Präsidente­n Xi Jinping dieses Thema anspricht.

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Foto: AFP Trudeau steht bereits mit einem Bein im Wahlkampf. Auch deshalb muss er außenpolit­ische Erfolge vorweisen.

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