Nimmersatt
Am nächsten Dienstag feiert Eric Carle seinen 90. Geburtstag. Wer das ist? Immerhin hat er von einem seiner zahlreichen Bücher allein 50 Millionen Exemplare weltweit verkauft: „Die kleine Raupe Nimmersatt“. Auch mich hat das Bucherlebnis um die sich zum schönen Schmetterling entwickelnde Puppe – verstärkt durch die Farben, die Haptik der Löcher und der Seiten, durch die sich die Raupe „hindurchfrisst“– bis heute nicht losgelassen. Und es ist wunderbar zu wissen, dass die Faszination für diese Buchwelt, die er geschaffen hat, auch bei Tausenden anderen Fans nicht nachgelassen hat – und Kinder in der zweiten oder gar dritten Generation von dem 1969 erstmals veröffentlichten Werks für die Wunder der Natur begeistert werden. Dass Carle selbst keine sonderlich schöne Kindheit erlebt hat, wissen allerdings die wenigsten. Der spätere Illustrator und Autor wanderte als Sechsjähriger mit seinen Eltern von den USA nach Nazi-deutschland aus. Es lockten die Versprechen der dort lebenden Großmutter, dass Hitler für ein besseres Leben sorgen würde. Für den Jungen aber wurde der Wechsel in den Faschismus zur Qual – und das später der Grund, so farbenfroh, „nimmersatt“am eigenen inneren Kindsein zu arbeiten. „Dieser Schulbeginn ist mir unvergesslich – ein kleines Klassenzimmer mit schmalen Fenstern, ein harter Bleistift, ein kleines Blatt Papier und die strenge Ermahnung, keine Fehler zu machen“, zitiert die Deutsche Presseagentur aus einem Text Carles über dessen Schulzeit in Stuttgart. Er, der schon als Kind das Malen liebte, vergesse die Schläge seines Lehrers mit dünnem, hartem Bambusstock sein Leben lang nicht. Doch mit der Arbeit an Kinderbüchern kurz nach seinen Kriegserlebnissen und der späteren Emigration 1952 sei er wieder aufgeblüht: „Mein inneres Kind – das so plötzlich und einschneidend entwurzelt und unterdrückt worden war – wurde langsam wieder lebendig.“Alles Gute, Eric!