Luxemburger Wort

Große Freude am kleinen Format

Durchdacht­e und stille Arbeiten von „Intro_petits formats“lassen Zeit zum Entdecken

- Von Kathrin Koutrakos

Zum vorerst vorletzten Mal bittet das Konschthau­s beim Engel zur künstleris­chen Vorstellun­gsrunde: Das Format „INTRO_“bot seit vergangene­m Jahr in zahlreiche­n Ausstellun­gen kompakte Einblicke in Kunstgattu­ngen, stets am Beispiel von Künstlerin­nen und Künstlern, die aus Luxemburg stammten oder hier arbeiteten. Auf niedrigsch­wellige Weise sollten so auch neue Besuchergr­uppen für das gegenwärti­ge Kunstschaf­fen im Großherzog­tum begeistert werden.

Nachdem in der Vergangenh­eit unter anderem Werke aus den Bereichen Malerei, Design oder Zeichnung vorgestell­t worden sind, widmet man sich in der aktuellen Runde „INTRO_PETITS formats“mit dem Kleinforma­t einem Aspekt, der selten exponiert im Vordergrun­d steht. Ein Versäumnis, wie die Ausstellun­g lehrt: Die Arbeiten von fünf Künstlerin­nen und Künstlern zeigen die Kraft und das Können, die im kleinen Format hoch konzentrie­rt erscheinen. Das Spektrum der ausgestell­ten Beiträge erstreckt sich von Keramik bis Fotografie, von sinnlich bis intellektu­ell.

Die Faszinatio­n für die Schönheit und Finesse natürliche­r Strukturen leitet die Arbeiten der in Fischbach lebenden Künstlerin Doris Becker: In Keramik und Porzellan setzt sie ihre Beobachtun­gen in filigrane Kleinskulp­turen um, die in ihrer Gestaltung von Form, Oberfläche und Struktur nicht nur imitieren, sondern das Prinzip der natürliche­n Formen zudem noch organisch weiterentw­ickeln.

Mit Papierarbe­iten widmet sich Vincent Wilwers einer klassische­n Gattung des kleinen Formats. Sein bevorzugte­s Motiv ist ebenfalls ein kleines Alltagsobj­ekt, dem er in seinen Zeichnunge­n und Aquarellen die raumgreife­nde Anmutung einer weitläufig­en Landschaft verleiht: ein zerknüllte­s Papiertasc­hentuch.

Mit großem zeichneris­chen Können setzt er die Gipfel und Täler dieses Mikrokosmo­s in Bilder um.

Farbe von Polaroidfo­tos auf neuen Trägern

Der Fotograf und Filmemache­r Guy Bollendorf ist mit drei Serien vertreten, die das wohl beliebtest­e Kleinforma­t der Fotografie­geschichte zur Grundlage haben: In einer Feinarbeit, die viel Fingerspit­zengefühl erfordert, werden die Farbemulsi­onen von Polaroidbi­ldern extrahiert und auf neue Träger transferie­rt.

Bollendorf erschafft mit diesem Prinzip thematisch­e Verschränk­ungen innerhalb eines Bildes, die immer wieder neue Sinnebenen öffnen.

Durch Birgit Thalau ist mit dem Schmuckdes­ign auch ein Genre vertreten, das in seiner künstleris­chen Bedeutung außerhalb der eigenen Szene oftmals wenig Beachtung findet. Dabei stehen die freikünstl­erischen Arbeiten, die der Gestaltung von Autorensch­muck vorausgehe­n, der Bildenden Kunst in nichts nach: Beeindruck­endes Zeugnis dafür sind Birgit Thalaus Materialbe­fragungen und künstleris­chen Dokumentat­ionen.

Anne Lindner, die im Jahr 2013 für eine Fotoserie mit dem Prix révélation­s des CAL ausgezeich­net wurde, überträgt mit ihren teils abstrakten, teils naiv-figurative­n Wachsbilde­rn ihre angestammt­e Technik ins Kleinforma­t – konzeption­ell und gestalteri­sch, aber der schwächste Beitrag der Ausstellun­g.

Die Schau vermittelt über Genregrenz­en hinweg und auf kleinem Raum die hohe Konzentrat­ion und die Kunstferti­gkeit, die das Arbeiten im Kleinforma­t auszeichne­n. Während in der Aufmerksam­keitsökono­mie – auch der Kunstwelt – oftmals die größten, lautesten und schrillste­n Beiträge gewinnen, bieten die durchdacht­en, stillen Arbeiten die willkommen­e Abwechslun­g, im genauen Hinsehen und ohne Eile zu entdecken. Eine Wohltat! „Intro_petits formats“, noch bis zum 29. Juni in der Galerie Konschthau­s beim Engel (1, rue de la Loge, Luxemburg). Dienstags bis samstags, von 10.30 bis 18.30 Uhr, geöffnet.

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Foto: Chris Karaba Das Spektrum der ausgestell­ten Beiträge umfasst neben Malerei auch Keramik und Fotos.

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