Wasser, so weit das Auge reicht
Eine geistliche Betrachtung über das Meer – ein Ort der Reflexion und des Gebetes
Das Meer übt auf viele Menschen eine besondere Faszination aus. Egal, zu welcher Jahreszeit, egal, bei welchem Wetter – es ist immer spannend, gewaltig, schön und lebendig. Kein Wunder also, dass an der Nord- und Ostsee in allen Wochen des Jahres Urlauber anzutreffen sind, die gekommen sind, um das gute Klima ebenso zu genießen wie die faszinierende Landschaft der Küste. Denn die Strände laden bei fast jedem Wetter zu langen Spaziergängen ein, und das kühle Wasser ist eine herrliche Erfrischung. Der kräftige Wind kann den Kopf frei blasen und so Platz schaffen für das, was wirklich wichtig ist. Ebbe und Flut können Lehrmeister dafür sein, dass das Leben niemals statisch ist, sondern dass alles immer in Bewegung ist.
Lebensspendendes Meer
Und so ist das Meer nicht nur ein guter Ort, um zu entspannen und um sich zu erholen. Es kann gleichzeitig auch ein Ort der Reflexion und des Gebetes sein. Letztendlich kann das Meer sogar ein Sinnbild für Gott und den Glauben sein.
Denn das Meer spendet Leben. Aus ihm kam vor Millionen von Jahren das Leben ans Land, und noch heute gibt es Nahrung und dank moderner Technik Strom. Es schenkt Erholung und Erfrischung und lässt die Menschen aufatmen. So ist auch Gott, denn ohne ihn gäbe es kein lebensspendendes Meer; er ist der Ursprung allen Lebens. Und er schenkt auch heute jeden Tag und jede Sekunde Leben, indem er neues Leben entstehen lässt und uns Menschen erkennen lässt, was Leben bedeutet und wie wir Leben gestalten können. In Psalm 62 heißt es „Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe“und in Psalm 23 „Du führst mich ans Wasser des Lebens“. So wie das Meer Leben schenkt, nimmt es jedoch auch Leben. Jedes Jahr ertrinken Menschen im Meer, weil sie seine Kraft unterschätzen, weil sie an unsicheren Stellen und zur falschen Zeit baden gehen. Stürme und Unwetter führen zu Sturmfluten und überfluten ganze Landstriche: Und die Zahl der Flüchtlinge, die auf der Suche nach einem besseren Leben dasselbe im Mittelmeer verloren haben, ist unvorstellbar groß.
Endliches Leben
Und so ist auch Gott der Herr über den Tod. Zwar können Menschen alles dafür tun, damit das Leben länger dauert und gut ist, aber am Ende ist alles Leben auf der Erde endlich. Zwar hat Jesus Christus den Tod überwunden und damit auch für uns Menschen das ewige Leben erworben, jedoch bleibt das Sterben des Leibes niemandem erspart.
Gleichzeitig drängt sich das Meer nicht auf. Niemand wird gezwungen, ans Meer zu fahren. Und es gibt Menschen, die nur wenige Kilometer entfernt von der Küste leben, jedoch nur selten ans Wasser fahren. Wer sich jedoch dazu entschließt, mit dem Meer zu leben, wie beispielsweise die Bewohner der Inseln oder Halligen, der muss sich ganz auf diesen Lebensraum einlassen.
Genauso drängt sich auch Gott den Menschen nicht auf. Er liebt und wirbt um den Menschen, allerdings – wie die Erfahrung des Elia am Berg Horeb zeigt – im leisen Säuseln und nicht mit Pauken und Trompeten. Es braucht daher die Entscheidung eines jeden Einzelnen, sich Gott zuzuwenden. Jeder ist frei, sich dagegen zu entscheiden. Wer sich dann aber auf Gott einlässt, der kann das nicht halbherzig tun, sondern wird ganz von Gott gerufen und angesprochen. Und wie die Menschen an der Küste die Erfahrung machen, dass es sich am Meer gut leben lässt, so machen Menschen die Erfahrung, dass Gott zu einem Leben in Fülle ruft, wenn man seinem Ruf vertraut.
Wasser des Lebens
Dass das Meer gefährdet ist und an zu viel Plastikmüll zu ersticken droht, dass der Klimawandel dazu führt, dass die Wassertemperatur ansteigt und deswegen gefährliche Wetterphänomene entstehen und dass Überfischung und Tourismus dazu führen, dass das Leben im Meer gefährdet ist, ist unbestritten. Das Meer bietet dem Menschen nicht nur viel, es braucht den Menschen auch, damit er es schützt. Ebenso braucht der Glaube an Gott Menschen, die anderen vom Dreifaltigen Gott erzählen und die Frohe Botschaft in die Welt tragen.
Warum beim Meer nicht beides zusammenbringen? Menschen, die sich in aller Welt für den Schutz der Meere einsetzen. Und Menschen, die anderen aus christlicher Überzeugung die Augen für Gottes bewahrenswerte Schöpfung öffnen. Die päpstliche Umweltenzyklika „Laudato si'„ kann beide inspirieren und an die Wasser des Lebens führen. KNA