Luxemburger Wort

Haftstrafe­n für Polizisten gefordert

Strafantra­g gegen sechs von acht Angeklagte­n wegen Schlägerei nach Diskotheke­nbesuch in Hollerich

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Eigentlich war es nur eine Schlägerei wie viele andere auch. Doch der Umstand, dass sich bei der gewaltsame­n Auseinande­rsetzung am Valentinst­ag 2016 drei Polizisten, die nicht im Dienst waren, und eine größere Gruppe jüngerer Männer gegenübers­tanden, von denen die überwiegen­de Mehrheit Armeevolon­täre waren, macht sie dann doch besonders.

Gestern forderte die Staatsanwa­ltschaft zum Abschluss des daraus hervorgega­ngenen Gerichtsve­rfahrens nun Haftstrafe­n für sechs von acht Angeklagte­n.

Während ein Augenzeuge­nvideo im Prozess kaum Zweifel am Verhalten der einzelnen Kontrahent­en ab einem gewissen Zeitpunkt offenlässt, könnten die Darstellun­gen der beiden Gruppen zum Ursprung und zu einem ersten, nicht dokumentie­rten Teil der Auseinande­rsetzung gegensätzl­icher nicht sein.

Darstellun­gen im Widerspruc­h

Die Polizisten, deren Verhalten allem, aber nicht ihres Berufsstan­ds zu entspreche­n schien, gaben unisono an, zu zweit von einer Gruppe als Polizisten identifizi­ert und anschließe­nd angegriffe­n worden zu sein. Unter den Angreifern hätten sich bekannte Gangmitgli­eder befunden. Der dritte Polizist sei später rein zufällig dazugekomm­en und habe seinen Kollegen aus ihrer misslichen Lage geholfen. Sie hätten sich nur selbst verteidigt.

Der Darstellun­g der Gegenseite zufolge war die Haltung der Beamten allerdings weit weniger passiv. Eine Einschätzu­ng, die auch die Anklägerin gestern bei ihrem Strafantra­g teilte. Sie unterstric­h dabei die Glaubwürdi­gkeit einer Schlüsselz­eugin – offenbar die einzige Beteiligte, die nicht alkoholisi­ert war.

Die junge Frau stehe zwar der Gruppe der Kontrahent­en der Polizisten näher, ihre Aussagen seien aber sowohl kohärent als auch konstant, und sie habe ebenso unvorteilh­aftes Verhalten ihrer eigenen Begleiter offengeleg­t als das der Polizisten.

In ihrer Anklagered­e fasste die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft vor allem die Erkenntnis­se aus dem Prozessver­lauf zusammen. Diese hätten ein wesentlich kompletter­es Bild abgegeben als die einzelnen Aussagen der Beteiligte­n während der Ermittlung­en.

Aufgrund der Elemente im Dossier sei keineswegs davon auszugehen, dass die Polizisten sich in einer Notwehrsit­uation befunden hätten, die ihr Handeln gerechtfer­tigt hätte. Wenn der Vorfall so abgelaufen wäre, wie von den Beamten dargestell­t, dann wären diese wohl kaum nach einem ersten Schlagabta­usch mit einem Axtstiel bewaffnet zu ihren Angreifern – einer mutmaßlich­en gefährlich­en und kriminelle­n Gang – zurückgeke­hrt, um einen am Boden liegenden Dienstausw­eis zu holen. Sie hätten Polizeikol­legen zur Verstärkun­g geholt.

Zudem ging die Anklägerin auch auf das Verhalten der Polizisten im Video ein. Den Aussagen der Gegenseite entspreche­nd trete der Polizist Arno P. äußerst aggressiv und angriffslu­stig auf. Während die angebliche­n Angreifer im Video zu deeskalier­en versuchen würden („Komm mir ginn elo heem“, „Maach elo net den Af“, „Et geet duer“), hätten seine Kollegen Dany M. nur halbherzig und Jeff W. überhaupt nicht zur Beruhigung beigetrage­n.

Für den Polizeibea­mten Arno P., der nicht nur außerorden­tlich kraftvoll zugeschlag­en, sondern auch einem Gegner beide Daumen in die Augen gedrückt habe, forderte sie eine Haftstrafe von 18 Monaten. Für seinen Kollegen Jeff W., dem der allererste Faustschla­g zugeschrie­ben wird, und Dany M. beantragte sie neun beziehungs­weise sechs Monate Gefängnis. Haftstrafe­n forderte die Anklägerin aber auch für die Kontrahent­en: neun Monate für Dylan G. wegen Drohungen und zwei Fußtritten gegen den Polizisten W., sechs Monate für Esaú F. wegen eines Faustschla­gs gegen den Polizisten M. und drei Monate gegen Alain G. wegen disproport­ionierter Gewaltanwe­ndung in einem Notwehrexz­ess. Einer Teilbewähr­ung widersetze sie sich bei keinem der Angeklagte­n.

Für die Angeklagte­n Boby F. und Jonathan D. beantragte sie den Freispruch. Beide waren im Video zu sehen, als sie Arno P. angriffen, während dieser brutal mit der Faust auf einen am Boden liegenden Gegner einschlug. Ihnen hielt die Anklägerin Notwehr zugute. Das Urteil ergeht am 15. Juli.

 ?? Foto: Steve Remesch ?? Bei der Schlägerei im Februar 2016 in der Rue de Bouillon wusste scheinbar kaum jemand aus den beiden Gruppen, mit wem man es zu tun hatte: Polizisten einerseits und Soldaten anderersei­ts.
Foto: Steve Remesch Bei der Schlägerei im Februar 2016 in der Rue de Bouillon wusste scheinbar kaum jemand aus den beiden Gruppen, mit wem man es zu tun hatte: Polizisten einerseits und Soldaten anderersei­ts.

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