Auf Mode-streifzug in Florenz
Die Männermode-messe „Pitti Uomo“lockt auch Besucher aus Luxemburg nach Italien
Die Schauen der Damen flimmern aus Paris, Mailand und New York auf allen medialen Kanälen über die Bildschirme, es wird gepostet und geliked – von echten Meinungsführern und solchen, die die Gesellschaft dazu gemacht hat. Die Zeitungen und Illustrierten sind voll mit glamourösen Roben, avantgardistischen Accessoires und Schuhen, in denen wohl die wenigsten den Alltag überstehen würden. Bei den Herren geht das Ganze für gewöhnlich etwas schlichter und unauffälliger zu. Mit Ausnahme im Juni, wenn in Florenz nicht nur das Who's-who der großen Modehäuser wie Givenchy, Salvatore Ferragamo und Armani die Trends für den vermeintlich modernen Mann über den Laufsteg schickt, sondern auch Traditionsmanufakturen ihre Erfolgsklassiker und Dauerbrenner präsentieren. Hier setzen Pascal Zimmer und Christine Niebojewski von der luxemburgischen Boutique Basics & Bespoke an und beginnen den ersten Messetag mit den Worten: „Es ist an der Zeit, Geld auszugeben.“
Kein Platz für Schnelllebiges
Die „Playboy“-chukka-boots von Steve Mcqueen der Marke Sanders & Sanders, Albert Thurston Hosenträger, die Michael Douglas in „Wall Street“auf die Leinwand brachte, und Gürtel der französischen Marke L’aiglon, die das Leben des ehemaligen Militärschneiders François Bayon Ende des 19. Jahrhunderts veränderten – Ikonen wie diese sind das typische Beutegut von Pascal Zimmer, das er später im Großherzogtum an den Mann bringen wird. „Bei uns kauft niemand ein, der die neuesten Trends sucht und für den Kleidung schnelllebige ,Mode‘ ist, die sich jede Saison ändert“, sagt Zimmer.
Im „wirklichen Leben“, wie er selbst sagt, ist der Luxemburger Bauunternehmer. Er restauriert und baut am liebsten historische Bausubstanz unter Verwendung alter Techniken und Materialien um oder aus. „Ich schätze bei allem, was ich tue, das Erbe lebender und bereits verschiedener Legenden. Ihre Garderobe und deren Macher, die sie bis heute herstellen oder ein Handwerk unter Respekt der originalen Produktionsweisen wieder aufleben lassen, sind zu einer Leidenschaft für mich geworden.“
Auf der Suche nach Kultartikeln
Wenn Christine Niebojewski und er in Florenz auf die Suche nach diesen „Originalen“sind, besuchen sie vor allem englische, französische und italienische Traditionshäuser. Es gehe darum, die Kultartikel innerhalb der Produktkategorien zu finden, darüber sind sich beide einig. Die meisten haben sie bereits im Angebot, aber sie bringen auch immer wieder etwas Neues für ihre Kunden mit nach Hause.
In diesem Jahr sind es zum Beispiel original Madras-hemden eines Familienbetriebs mit Sitz in New York und einer Manufaktur in Indien. Die indischen Baumwollshirts mit Karomuster sehen für die Meisten so aus wie die, die auch große Markenkonzerne im Sortiment haben, aber der Unterschied wird deutlich, wenn man Pascal Zimmer und Anbieter Prasan Shah im Gespräch über die Geschichte und die Produktion in Indien, wo unter fairen Bedingungen von Hand gewebt wird, aufmerksam folgt.
Ein weiteres Beispiel sind die blau-weiß-gestreiften Shirts im Marinière-stil, die regelmäßig
Die Bestellung am Ende des Treffens verläuft diskret und ist reine Formsache.
Klassisch gekleidet: Christine Niebojewski und Pascal Zimmer. auch fernab maritimer Regionen die Modemagazine füllen. Nur sehr wenige fertigen dabei traditionell „vertikal integriert“an, was die Fadendichte im Vergleich zu herkömmlich gewebter Baumwolle erhöht und die Kleidung wesentlich widerstandsfähiger und langlebiger macht. Das ist besonders bei Arbeitskleidung wichtig und deshalb statten bis heute Großunternehmen wie die SCNF, die Polizei und die Post ihre Mitarbeiter mit Shirts und Uniformen bei Amor Lux aus. Der bretonische Hersteller mit Sitz in Quimper hat auch Pascal Zimmer und Christine Niebojewski überzeugt und so bestellten sie für Luxemburg einige Klassiker aus dem Sortiment für Sie und Ihn.
Der persönliche Kontakt zählt
„Ich wollte eine ganz Zeit lang nicht zur Pitti gehen, weil mir jeder sagte, ich müsse es tun“, so Pascal Zimmer. „Jetzt liebe ich es. Nicht nur, weil es wichtig ist fürs Business, sondern weil die Community so besonders ist.“Die meisten Marken kennen die beiden Modeexperten bereits, aber ab und an entdecken sie auch neue Produkte der altbekannten Häuser und bringen sie mit in die Heimat.
Bei ihren Lieferanten wie Hardy & Parsons, einem Sattler-meisterbetrieb aus Chelsea, lassen sie Produkte auch gerne für ihre Kunden individualisieren. So wird bei der Bestellung von Gürteln sorgfältig entschieden, welche Schließe sie für die gewünschten Modelle möchten, sogar die Farbe des Fadens, mit dem das Lederaccessoire von Hand an einigen Stellen genäht wird, bestimmt Christine Niebojewski wohl überlegt.
Der Luxemburger aus Bettemburg und die Französin aus Paris treffen in Florenz britische Schneider wie Walker Slater, bei dem sie Tweed-jackets ordern, Vertreter der Schuhmanufaktur Foster and Son, die ihnen Oxfords zusenden werden und beim gemeinsamen Lunch Anekdoten erzählen, wie zum Beispiel über die Codes der Queen, die sie mit ihrer (in der Regel leeren) Handtasche dem Sicherheitspersonal sendet. Die Termine mit Repräsentanten von Marken auf diesem Niveau verlaufen persönlich, man nimmt sich Zeit, die Bestellung am Ende des Treffens verläuft diskret und ist reine Formsache. So muss es sich anfühlen, wenn der Job nicht nur Arbeit, sondern vor allem Passion ist.