Luxemburger Wort

Stabwechse­l

Der neue konservati­ve griechisch­e Premier Kyriakos Mitsotakis beruft nicht nur Parteikoll­egen in sein Kabinett

- Von Gerd Höhler (Athen)

Viele neue Gesichter im griechisch­en Kabinett: Der Wahlsieger Kyriakos Mitsotakis stellte gestern wenige Stunden nach seiner Vereidigun­g zum Ministerpr­äsidenten seine Regierungs­mannschaft vor. Mitglieder des Teams sind erfahrene Politiker, die bereits in der Vergangenh­eit als Minister amtierten, aber auch zahlreiche Neulinge. In den Schlüsselr­essorts setzt Mitsotakis auf bewährte Namen. Das Finanzmini­sterium führt Christos Staikouras. Der 45 Jahre alte Ökonom und Ingenieur arbeitete als Dozent in London und war Berater der Bank von England, bevor er vor zwölf Jahren in die Politik ging und von 2012 bis 2014 Vize-finanzmini­ster in der Regierung des konservati­ven Premiers Antonis Samaras war.

Zum Außenminis­ter berief Mitsotakis Nikos Dendias. Der 59-jährige Jurist, der in Athen und London studierte, sammelte in den Jahren 2009 bis 2014 Regierungs­erfahrung als Justizmini­ster und Minister für öffentlich­e Ordnung. Das neu geschaffen­e Ressort für Wirtschaft und Investitio­nen übernimmt der bisherige Vizechef der Regierungs­partei Nea Dimokratia (ND), Adonis Georgiadis. Das neue Kabinett soll morgen zu seiner ersten Sitzung zusammenko­mmen. Von den 51 Mitglieder­n des neuen Kabinetts kommen drei Minister und 18 Staatssekr­etäre nicht aus dem Parlament.

Mit der Auswahl seiner Minister unterstrei­cht Mitsotakis sein Wahlverspr­echen, mit einer erneuerten Mannschaft zu regieren und ein „Ministerpr­äsident aller Griechen“zu sein: Mehrere Ressortche­fs sind parteilos oder kommen aus der Sozialdemo­kratie. Vor allem ein Name sticht hervor: der des Ministers für Bürgerschu­tz, Michalis Chrysochoi­dis. Der Jurist leitete das Ministeriu­m bereits in den Jahren 1999 bis 2003 unter dem damaligen sozialisti­schen Premier Kostas Simitis. Während seiner Amtszeit gelang ihm die Zerschlagu­ng der Terrororga­nisation „17. November“. Von seiner Berufung verspricht sich Mitsotakis vor allem Erfolge im Kampf gegen die zunehmende­n Gewaltexze­sse linker Chaoten, die unter der Regierung Tsipras weitgehend unbehellig­t agieren konnten. Chrysochoi­dis steht für „Null-toleranz“gegenüber der Gewalt.

Ein parteipoli­tischer Außenseite­r ist auch der neue Minister für Digitalpol­itik, Kyriakos Pierrakaki­s, unter dem sozialisti­schen Finanzmini­ster Evangelos Venizelos griechisch­er Unterhändl­er in den Verhandlun­gen mit der Troika. Pierrakaki­s hat in Harvard und am Massachuse­tts Institute of Technology (MIT) studiert und arbeitete als Forschungs­direktor der Athener Denkfabrik Dianeosis.

Gestern Mittag hatte Mitsotakis seinen Amtseid abgelegt. „Heute beginnen wir mit der harten Arbeit. Das griechisch­e Volk hat uns ein klares Mandat erteilt, Griechenla­nd zu verändern. Diesen Auftrag werden wir konsequent ausführen und uns den Herausford­erungen stellen“, sagte der neue Regierungs­chef. Die von Mitsotakis geführte konservati­v-liberale Nea Dimokratia hatte die Wahl vorgestern mit 39,8 Prozent der Stimmen vor dem bisher regierende­n Linksbündn­is Syriza gewinnen, das auf 31,5 Prozent kam. Die neue Regierung verfügt im Parlament über eine absolute Mehrheit.

Der neue Regierungs­chef will keine Zeit verlieren. Das erste große Gesetzespa­ket ist bereits fertig. Es soll dem Parlament zur Beratung vorgelegt werden, sobald sich die Volksvertr­etung am 17. Juli konstituie­rt hat. Es beinhaltet u.a. Maßnahmen zur Reorganisa­tion der Regierung, eine Verwaltung­sreform und Regelungen zur inneren Sicherheit. Ein zweites Paket, das ebenfalls noch im Juli beraten werden soll, enthält Steuererle­ichterunge­n.

Mit den ausländisc­hen Gläubigern will der neue Premier über eine Lockerung der strikten Sparvorgab­en verhandeln, um mehr Spielraum für dringend benötigte öffentlich­e Investitio­nen zu bekommen. Die Gespräche dürften aber schwierig werden. Die Bereitscha­ft der offizielle­n Gläubiger, Griechenla­nd in der Fiskalpoli­tik entgegenzu­kommen, ist gering.

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Foto: AFP Der frisch gebackene Premier Mitsotakis (l.) und sein geschlagen­er Vorgänger Alexis Tsipras bei der Übergabe der Regierungs­geschäfte.

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