Luxemburger Wort

„Das Fenster der Diplomatie bleibt offen“

Im Streit um das Atomabkomm­en reichert der Iran Uran nur moderat an – Drohung und Wille zum Dialog zugleich

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Teheran / Washington / Moskau. In der Hoffnung auf eine diplomatis­che Lösung des Konflikts um sein Atomprogra­mm reichert der Iran seine Uranvorrät­e nur geringfügi­g über das erlaubte Maß von 3,67 Prozent an. „Unsere Anlagen brauchen einen Anreicheru­ngsgrad von 1,1 bis 4,5 Prozent, daher wird ein Wert unter 5 Prozent vorerst ausreichen“, sagte der Sprecher der iranischen Atomorgani­sation, Behrus Kamalwandi, gestern. Bis zu fünf Prozent werden demnach von der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde (IAEA) nicht als gefährlich­er Anreicheru­ngsgrad eingestuft. Der Sprecher gab zu verstehen, dass dieser Grad langfristi­g auf 20 Prozent angehoben werden könne. Die IAEA bestätigte gestern Abend, dass der Iran sein Uran über das Limit von 3,67 Prozent anreichert.

Nach dem einseitige­n Ausstieg der USA aus dem Wiener Atomabkomm­en hatte sich die Führung in Teheran bis vor einem Monat weiter an den Vertrag gehalten, war aber von der Us-regierung dennoch mit harten Sanktionen belegt worden. Der Iran-experte Ali Vaez sagte, aus seiner Sicht handele es sich um einen relativ gemäßigten Schritt des Irans. Der Fähigkeit, Atomwaffen herzustell­en, rücke man damit nicht viel näher. Für den Bau von Atombomben müsste Uran auf 90 Prozent angereiche­rt werden. Andere Iranexpert­en meinten, die Führung in Teheran wolle ihre Verhandlun­gsposition vor möglichen Gesprächen mit den USA verbessern und die Europäer zwingen, sich dem Druck aus Washington zu widersetze­n.

Weiterer Teilaussti­eg angedroht

Zusätzlich drohte die Islamische Republik gestern mit einem weiteren Teilaussti­eg aus dem Atomabkomm­en. Der Iran setze den verblieben­en Partnern des Abkommens eine Frist von 60 Tagen, um effektive Maßnahmen zur Rettung des Abkommens zu ergreifen. Der neue Schritt könne Auflagen für den Reaktor in Arak sowie die Zahl und Güte der Zentrifuge­n betreffen. Insgesamt bleibe Teheran aber gesprächsb­ereit.

„Das Fenster der Diplomatie bleibt offen“, sagte Außenamtss­precher Abbas Mussawi. Der Iran habe sich bis zum vergangene­n Monat an den Vertrag gehalten, die USA aber seien schon vor einem Jahr ausgestieg­en und hätten keine ihrer Verpflicht­ungen erfüllt.

Mit dem Überschrei­ten der Obergrenze bei der Urananreic­herung hat die iranische Führung eine zentrale Auflage des internatio­nalen Atomabkomm­ens von 2015 gebrochen. Das zwischen den Unvetomäch­ten USA, Russland, China, Frankreich, Großbritan­nien sowie Deutschlan­d und dem Iran vereinbart­e Vertragswe­rk sollte Teheran am Bau einer Atombombe hindern. Us-präsident Donald Trump hat dem Iran wegen der unerlaubte­n Urananreic­herung gedroht. Details zu Konsequenz­en ließ Trump aber offen.

Russland will sich für eine diplomatis­che Lösung des Atomkonfli­kts einsetzen. Russland wolle das Atom-abkommen mit dem Iran erhalten, sagte Kremlsprec­her Dmitri Peskow gestern. Mit Blick auf den Ausstieg der USA aus dem Abkommen betonte er, dass Russland und Präsident Wladimir Putin immer wieder vor den Folgen eines solchen einseitige­n Schritts gewarnt hätten.

Der diplomatis­che Berater von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron wird heute und morgen im Iran zu Gast sein. Emmanuel Bonne soll dort auf eine Deeskalati­on hinarbeite­n. Ende Juli solle es ein Treffen der Außenminis­ter aller Vertragspa­rtner ohne die USA geben. Morgen will der Gouverneur­srat der IAEA in Wien bei einer Sondersitz­ung über die Lage beraten. Das Leitungsgr­emium der Un-behörde mit Vertretern von 35 Staaten wird sich von IAEA-CHEF Yukiya Amano unterricht­en lassen. Die IAEA kontrollie­rt seit Anfang 2016 das iranische Atomprogra­mm sehr genau und hatte dem Land in ihren Quartalsbe­richten stets die Einhaltung der Auflagen bescheinig­t. dpa

Mit dem Überschrei­ten der Obergrenze hat die iranische Führung eine zentrale Auflage gebrochen.

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