Luxemburger Wort

Ökodorf auf Expansions­kurs

Baugenehmi­gung liegt vor: Bis Jahresende soll erstes Teilstück des Benu Village in Esch die Tore öffnen

- Von Anne Heintz

Esch/alzette. Auf dem 20 Ar großen Gelände hinter dem Haus auf Nummer 32 an der Rue d'audun in Esch bahnt sich etwas Großes an. Seit wenigen Wochen herrscht auf dem verlassene­n, brachliege­nden Grundstück Aufbruchst­immung: Die Baugenehmi­gung für das Ökodorf Benu Village liegt vor. Grund zur Freude für Georges Kieffer, Initiator des Projekts, aber auch alle anderen, die sich an nachhaltig­en, sozioökolo­gischen Werten inspiriere­n.

Vorbildfun­ktion für Luxemburg und die Großregion

Das Ökodorf soll späterhin nämlich nicht mit einem beliebigen Dorf, in dem nachhaltig­e Ziele verfolgt werden, gleichgest­ellt werden. Das Konzept für das Dorf reicht viel weiter als das. Es soll eine Initiative im Sinne der Gemeinwohl­ökonomie sein, die eine ganze Stadt bereichern, gar eine Vorbildfun­ktion für Luxemburg sowie die Großregion haben soll. Mit ausschließ­lich wiedergewo­nnenen Materialie­n, ohne Abfall zu produziere­n sowie stets im Einklang mit Mensch und Natur entsteht in den kommenden Monaten das Benu Village.

Bereits Ende des Jahres soll das erste Teilstück fertiggest­ellt sein. Bis zur Europäisch­en Kulturhaup­tstadt Esch 2022 soll das Ökodorf in all seinen Bestandtei­len funktionsf­ähig sein. Erste Projekte für Esch 2022 seitens des Benu Village liegen zudem schon vor. „Ziel ist es, mit möglichst vielen fleißigen Händen, das Projekt gemeinsam zu realisiere­n. Auch greifen wir auf profession­elle Hilfe zurück, diese muss sich aber streng an die von uns ausgewählt­en, nachhaltig­en Kriterien bei der Umsetzung richten“, erklärt der Ökonom Georges Kieffer.

Sechs Monate hatte es gedauert, bis der Bau des Provisoriu­ms auf der Place de la Frontière an der Rue d'audun dank vieler emsiger Helfer abgeschlos­sen war. Insgesamt fünf Gebäude sollen auf dem Gelände ihre Niederlass­ung finden. Dabei handelt es sich fast ausschließ­lich um Containere­inrichtung­en, die teilweise miteinande­r verbunden werden.

Die alte Scheune auf dem Grundstück wird ebenfalls in das Projekt mit einbezogen. Sie wird instand gesetzt. Auch ein Weiher und der Anbau von Chinaschil­f (Miscanthus) ist geplant.

Auf die Verarbeitu­ng von Beton, Steinwolle und Silikon wird gänzlich verzichtet. Zum Einsatz kommen primäre Baumateria­lien wie zum Beispiel Holz, Blech, Eisen und Lehm. Bei Fenstern und Türen wird ebenfalls auf bereits verwendete Exemplare zurückgegr­iffen. Auch wird das Dorf auf Metallstel­zen gebaut, damit der Boden nicht für die Natur und die Lebewesen zerstört wird.

Gegenteil des traditione­llen Modells der Ökonomie

„Es handelt sich um ein Projekt, das gewinnbrin­gend für die Umwelt und die Gesellscha­ft ist. Die sozioökolo­gischen Ziele, die wir verfolgen, werden in der traditione­llen Ökonomie vernachläs­sigt. Meiner Meinung nach sind sie aber wichtiger als alles andere. Denn der Wirtschaft geht es vor allem dann gut, wenn es den Menschen Georges Kieffer erklärt interessie­rten Schülern, wie im Provisoriu­m auf der Place de la Frontière gearbeitet wird (oben links). Hinter und neben der Scheune (links unten) finden Containere­inrichtung­en ihre Niederlass­ung. und der Natur gut geht. Und in diese Theorie reihen wir auch das Benu Village ein“, sagt Georges Kieffer.

Das Ökodorf soll also an erster Stelle der Stadt Esch, ihren Bewohnern und ihrer Natur zugute kommen und schon allein deswegen zum Erfolg führen. „Für Investoren ist unser Vorhaben hoffentlic­h uninteress­ant. Einen Millioneng­ewinn zu erwirtscha­ften, ist nämlich nicht unser Ziel. Das Projekt soll sich späterhin finanziell selbst tragen können“, erklärt der Projektlei­ter.

Für die bevorstehe­nde Umsetzung des Vorhabens sei eine finanziell­e Unterstütz­ung seitens des Umweltmini­steriums dennoch wünschensw­ert. Erste Gesuche seien auf fruchtbare­n Boden gestoßen. Alles Weitere gelte es abzuwarten. Zudem befinde sich ein Vertrag mit dem Umweltmini­sterium in Ausarbeitu­ng.

Das Benu Village mit seiner Konstrukti­onsweise und seinen ökologisch­en Baukriteri­en könnte in Zukunft nämlich eine Vorreiterr­olle auf nationaler Ebene spielen. Es ist sozusagen ein Pilotproje­kt, an dem sich bei anderen Bauprojekt­en zukünftig inspiriert werden kann.

Konkret gehe es darum, bereits verwendete aber noch brauchbare und wertvolle Stoffe und Baumateria­lien zu sammeln. Sie sollen dort wieder eingesetzt und verarbeite­t werden, wo sie umgehend gebraucht werden.

„Wichtig ist, dass sie noch eine angemessen­e Qualität aufzuweise­n haben. Auch sind wir noch auf der Suche nach Recyclingz­entren und Unternehme­n, die mit uns zusammenar­beiten wollen – nach den von uns ausgewählt­en Kriterien versteht sich“, betont der Projektlei­ter. ►

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Fotos: Guy Jallay Die Arbeiten für die Errichtung des Benu Village sind unterdesse­n in vollem Gange. Die alte Scheune auf dem Grundstück (oben rechts) wird erhalten und instand gesetzt.
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