Satire macht stark
Allen Unkenrufen zum Trotz: Luxemburg, von den eigenen Einwohnern selbst gerne mal als provinziell und rückständig verspottet, zeigte sich toleranter und offener als viele Nationen von Welt. Und das bereits vor vier Jahrzehnten, als „Monty Python's Life of Brian“nach skandalumwitterten internationalen Premieren hierzulande im Kino anlief. Im Großherzogtum gab es weder Aufruhr wegen, noch Demonstration gegen den Film. Die überspitzte Satire wurde wohl so verstanden, wie sie von den britischen Komikern gemünzt war: als Kritik an blindem Gehorsam und aller Art Fanatismus.
Heute noch mahnt dieser Film uns, Satire als unbequeme da bewusst provokative, jedoch notwendige Reibungsfläche des kollektiven Miteinanders zu bewahren. An ihrer Freiheit misst sich nämlich zum einen die Standhaftigkeit unserer Gesellschaft und der Werte, für die sie einsteht, zum anderen auch unsere eigene Fähigkeit, jeglicher Kritik rational zu begegnen und Konfrontationen bedacht auszutragen.
In Zeiten, in denen geradezu karikaturesk anmutende Figuren wie Donald Trump, Boris Johnson oder Matteo Salvini es bis in richtungweisende Ämter schaffen – trotz regelmäßiger Fehltritte ihre Position halten und ihre Popularität auch noch ausbauen können – ist Satire umso wichtiger, um diese Grenze zwischen bitterer Realität und bissigem Witz aufzuzeigen. Weder populistische Rhetorik, noch eindimensionale Zügellosigkeit dürfen nämlich als unterhaltsame Realsatire abgetan werden. Denn erst sie lassen solche Charaktere als bewundernswert starke Leitfiguren erscheinen. Nicht von ungefähr sind Trump und Co. unsere Quittung für jahrelange politische Korrektheit, die eine weichgespülte Welt erschaffen hat, in der lieber zum Schein über die Form debattiert, statt über die Inhalte argumentiert wird. Wer aber Konflikten stets aus dem Weg geht, überlässt Extremen das Feld.
Dass manch einer aus religiösen oder ideologischen Gründen Anstoß an Künstlern und ihren satirischen Werken findet und beide zu Zielscheiben von Kritik, Protest, gar physischer Gewalt macht, ist eine Konstante der Menschheitsgeschichte. Es ist auch der zuweilen schmerzhafte, doch natürliche Teil des Entwicklungsprozesses einer Gemeinschaft. Wo jedoch früher ein Film wie „Monty Python's Life of Brian“dank bissiger Ironie verzerrte Gesellschaftszustände aufzeigen und aufrütteln konnte, macht heute falsche Rücksichtnahme auf mögliche Befindlichkeiten Satire zum regelrechten Spießrutenlauf der Selbstzensur.
Unter dem Vorwand des gegenseitigen Respekts haben wir aufgegeben, für unsere Meinung einzustehen, und verlernt, sie zu verteidigen. Wer läuternde Ironie und die daraus sich logisch ableitende, gesunde Streitkultur als inakzeptabel verfemt, räumt den Weg dafür frei, dass wo früher Streitgespräche mittels Beweisführungen ausgefochten wurden, heute mit Gefühlen gespielt und im Eigeninteresse manipuliert wird.
Deshalb bleibt die Freiheit der Kunst Pulsfühler unserer Zeit – und Satire unser Fieberthermometer. An ihnen lässt sich stets leicht ablesen, wie schlimm unser Befall von politischer und gesellschaftlicher Apathie in Wirklichkeit ist.
Die Freiheit der Kunst ist der Pulsfühler unserer Zeit
Kontakt: vesna.andonovic@wort.lu