„Kurzsichtig und unklug“
Streit um Einreiseverbot für zwei Us-kongressabgeordnete in Israel
Der israelische Botschafter in den USA gilt nicht als Kind von Traurigkeit. Doch die Idee, Mitgliedern der Mehrheitspartei im Repräsentantenhaus aus tagespolitischen Erwägungen die Einreise zu verweigern, hielt Ron Dermer für gar zu abenteuerlich. „Aus Respekt vor dem Us-kongress und dem großartigen Bündnis zwischen Israel und Amerika“, erklärte Israels Chefdiplomat vergangenen Monat, „würden wir keinem Us-abgeordneten die Einreise nach Israel verwehren.“
Genau das tat jetzt Ministerpräsident Netanjahu, nachdem Donald Trump ihn via Twitter unter Druck gesetzt hatte, die muslimischen Kongressneulinge Ilhan Omar und Rashida Tlaib nicht ins Land zu lassen. Die beiden Demokratinnen hassten Israel und alle Juden, hatte Trump darin behauptet. Es sei ein Zeichen der Schwäche, sie einreisen zu lassen.
Das war eine klare Ansage des einen Rechtspopulisten in den USA an den anderen in Israel, der gerade im Wahlkampf steht und dringend die Unterstützung der israelischen Rechten braucht. Die beiden Demokratinnen seien bei ihrem geplanten Besuch der palästinensischen Siedlungsgebiete darauf aus gewesen, so Netanjahus Begründung für sein Einknicken, „Israel Schaden zuzufügen“. Am Freitagmorgen trat die Regierung dann einen Teilrückzug an. Sie erlaubte Tlaib ihre 90-jährige Großmutter aus humanitären Gründen über Nacht im Westjordanland zu besuchen. Tlaib twitterte aber gestern, doch nicht für einen Besuch ihrer Familie in das besetzte Westjordanland „unter diesen repressiven Bedingungen“zu reisen. Ursprünglich wollten Tlaib und Omar auf Einladung der Organisation „Miftah“u.a. Bethlehem, Hebron, Ramallah im besetzten Westjordanland sowie den Osten Jerusalems besuchen.
„Miftah“-gründerin Ashrawi fragt an die Adresse der Regierung gerichtet, „wovor sie eigentlich Angst hat?“Damit findet sich die Palästinenserführerin in seltener Übereinstimmung mit konservativen Israel-verteidigern in den USA, wie zum Beispiel Guy Benson von der Online-plattform „Townhall“. Der Einreisebann sei „kurzsichtig und unklug“, weil er dem Image Israels schade. Die mächtige Israel-lobby-gruppe in Washington AIPAC ist ebenfalls entsetzt, genau so wie der erfahrene Us-diplomat Michael Mcfaul. Trump und Netanjahu hätten den Beziehungen langfristig Schaden zugefügt, um kurzfristig zu punkten. „Trump wird nicht ewig Präsident bleiben.“Bis dahin aber scheint er entschlossen zu sein, die Macht des Präsidentenamts zu nutzen, gegen seine politische Gegner vorzugehen. Dass er im Fall der beiden Mitglieder des „The Squad“genannten Quartetts nicht-weißer Kritikerinnen dafür sogar eine fremde Regierung einspannt, wird in den USA als Grenzüberschreitung gesehen. Speakerin Nancy Pelosi wertete Trumps Vorgehen als „ein Zeichen der Ignoranz und der Respektlosigkeit und unter der Würde des Präsidentenamts“. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, forderte die israelische Regierung auf, die Entscheidung zu revidieren.