Luxemburger Wort

Gute Nachbarn

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Ich sehe ihn jeden Tag von meinem Badezimmer­fenster aus. Im Winter trägt er eine rote Wollmütze, im Sommer eine ebenso rote Baseballmü­tze. Er dürfte Anfang 60 sein, ist nicht sonderlich groß und besonders freundlich erscheint er auch nicht. Seine ganze Aufmerksam­keit gilt seiner Hündin. Zumindest, wenn ich ihn sehe, denn nicht das Tier hat sein Revier vor meiner Wohnung, sondern er. Dort führt er seinen vierbeinig­en Schatz dreimal am Tag hin. Das hinterläss­t Spuren: übel riechende, kleine, braune Würste. Ich will jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, aber damit Sie auch verstehen, worauf meine Geschichte hinausläuf­t: Alle ebensolche, die nur auf den

Mein Blick war ein deutliches Warnzeiche­n.

25 Metern vor meiner Fassade liegen, haben die gleiche Farbe, die gleiche Form und die gleiche Größe. Sie stammen offensicht­lich vom selben Hund – seinem: klein, weißbraun, Glupschaug­en, lange hängende Ohren und lange Rute mit frisiertem Puschel. Es ist aber auch einer von der nervösen, laut kläffenden Art, wie sie meine englische Bulldogge nur zum Fressen gerne hat. Wenn ich denn auch mit meinem Hund unterwegs bin, und ich den ungeliebte­n Nachbarn aus der Ferne sehe, komme ich ihm deswegen auch nicht gerne zu nahe. Ohnehin müsste ich auf dem Weg zu ihm ständig darauf bedacht sein, dass weder ich noch mein Vierbeiner durch die Hinterlass­enschaften des Anderen latscht. Als ich letztens ein Paar Tage freihatte, nahm ich mir dennoch vor, den Übeltäter – nicht seine Hündin – zu konfrontie­ren. Sobald ich ihn sah, stürzte ich zum Fenster, riss dieses auf, zog seine Aufmerksam­keit mit einem lauten Pfiff auf mich und legte einen bösen Blick auf, während ich mit einem Hundekotbe­utel wedelte. Die Botschaft kam an. Nach dem fünften Mal in drei Tagen. Nicht, dass er sein Verhalten geändert hätte, es ist nur das Revier. Das liegt jetzt zwei Häuser weiter. Steve

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