Luxemburger Wort

Gespielte Harmonie vor Strandkuli­sse

Donald Trump bleibt im Atomstreit mit dem Iran unnachgieb­ig – Nur nach außen hin gibt sich der Us-präsident zahm

- Von Christine Longin (Biarritz)

Wer auf dem G7-gipfel in Biarritz einen Familienst­reit erwartet hatte, wurde erst einmal enttäuscht. Denn derjenige, der gerne den Rüpel spielt, setzte beim Treffen der Staats- und Regierungs­chefs der sieben wichtigste­n Industrien­ationen auf Harmonie. Zumindest nach außen hin. „Wir haben sehr gute Treffen, die Anführer kommen sehr gut miteinande­r aus und unserem Land geht es wirtschaft­lich großartig“, twitterte Donald Trump gestern Morgen. Das hielt den schwierige­n Gast allerdings nicht davon ab, beim heiklen Thema Iran mit dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron aneinander zu geraten. Dabei hatte Trump noch vorgestern die besondere Beziehung der beiden betont.

Trump machte klar, dass Macron kein Mandat habe, mit der Regierung in Teheran zu verhandeln.

Trump machte klar, dass Macron kein Mandat habe, mit der Regierung in Teheran zu verhandeln. Der Gastgeber hatte zuvor erklärt, dass die G7 eine gemeinsame Botschaft an Teheran übermittel­n wollten. „Darüber habe ich nicht gesprochen“, reagierte Trump. Macron musste daraufhin zurückrude­rn und versichern, dass die G7 als informelle­r Club überhaupt keine Mandate zu verteilen hätten.

Dem Gastgeber gelang mit der überrasche­nden Ankunft des iranischen Außenminis­ters Mohamed Dschawad Sarif dann aber doch noch ein Coup. Sarif traf am Rande des G7-gipfels mit dem französisc­hen Außenminis­ter Jean-yves Le Drian und Diplomaten aus Deutschlan­d und Großbritan­nien zusammen. Auch Emmanuel Macron kam am Ende des dreistündi­gen Gesprächs dazu. Die Verhandlun­gen sollten fortgesetz­t werden, teilte der Elysée hinterher mit.

„Ich finde es absolut richtig, jede Möglichkei­t auszuloten“, reagierte Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Alle seien sich einig, dass Iran am Besitz von Atomwaffen gehindert werden müsse und dass dies im Rahmen einer Verhandlun­gslösung erzielt werden müsse. „Die Lunge unserer ganzen Erde ist

betroffen“Einigkeit herrschte unter den G7-staaten (USA, Frankreich, Kanada, Großbritan­nien, Italien, Deutschlan­d und Japan) auch, als es um die von Waldbrände­n verwüstete Amazonasre­gion ging. Die G7-teilnehmer vereinbart­en, der Region schnell finanziell­e und technische Hilfe zukommen zu lassen.

Welche Maßnahmen konkret geplant sind, blieb allerdings unklar. Macron hatte das Großfeuer vergangene Woche auf die Agenda gesetzt und sich damit den Zorn des brasiliani­schen Präsidente­n Jair Bolsonaro zugezogen. Der ultarechte Politiker warf Macron „eine im 21. Jahrhunder­t überholte Kolonialme­ntalität“vor, weil die G7 das Thema in Abwesenhei­t Brasiliens bespreche. Seine Drohung, dass Frankreich das Euhandelsa­bkommen mit den Staaten Südamerika­s blockieren werde, wiederholt­e er nicht.

„Die Lunge unserer ganzen Erde ist betroffen und da müssen wir gemeinsame Lösungen finden“, verteidigt­e Bundeskanz­lerin Angela Merkel Macrons Initiative. Nicht-regierungs­organisati­onen wie Oxfam gingen die Ankündigun­gen des Präsidente­n zum Thema Brasilien nicht weit genug. „Die G7-staaten haben eine Wirtschaft unterstütz­t, die auf maximale Profite aus war und nun leidet Brasilien unter den Konsequenz­en“, erklärte die Vorsitzend­e von Oxfam Frankreich, Cécile Duflot.

Beherrsche­ndes Thema der ersten Arbeitssit­zung gestern war der Handelsstr­eit zwischen China und den USA. Hier hatte Trump vor seiner Abreise noch einmal den Ton verschärft: Nachdem die chinesisch­e Regierung weitere Sonderzöll­e auf Us-güter im Wert von 75 Milliarden Dollar verkündet hatte, zog der Us-präsident nach und hob seinerseit­s die Zollsätze für chinesisch­e Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar an. Negative Marktreakt­ionen erwarte er nicht, sagte er. Damit unterschei­det er sich von den anderen G7staaten, die Konsequenz­en für die Weltwirtsc­haft befürchten. Gastgeber Macron warnte vor „Handelsspa­nnungen“, die schlecht für alle seien.

Wenn Trump gehofft hatte, dass er in der Frage Unterstütz­ung von Gipfelneul­ing Boris Johnson bekommen würde, wurde er enttäuscht. „Wir sind insgesamt für Handelsfri­eden“sagte der britische Premiermin­ister, der auch bei anderen Themen eher auf europäisch­er Linie war. Trump stellt Johnson „sehr großes“Handelsabk­ommen in Aussicht Das Arbeitsfrü­hstück zwischen Johnson und Trump verlief trotzdem in guter Atmosphäre. „Er ist der richtige Mann für den Job“, sagte der Us-präsident und stellte Großbritan­nien im Falle eines harten Brexits ein „sehr großes“Handelsabk­ommen in Aussicht. Globalisie­rungskriti­ker hatten am Rande des G7-gipfels zu Demonstrat­ionen aufgerufen. Die einzige angemeldet­e Kundgebung vorgestern im benachbart­en Hendaye war riedlich verlaufen. In Bayonne wurden allerdings 68 Demonstran­ten festgenomm­en, die Absperrung­en überwinden wollten und Steine auf Polizisten warfen. Insgesamt sind 13 200 Polizisten in Biarritz im Einsatz.

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