Gespielte Harmonie vor Strandkulisse
Donald Trump bleibt im Atomstreit mit dem Iran unnachgiebig – Nur nach außen hin gibt sich der Us-präsident zahm
Wer auf dem G7-gipfel in Biarritz einen Familienstreit erwartet hatte, wurde erst einmal enttäuscht. Denn derjenige, der gerne den Rüpel spielt, setzte beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen auf Harmonie. Zumindest nach außen hin. „Wir haben sehr gute Treffen, die Anführer kommen sehr gut miteinander aus und unserem Land geht es wirtschaftlich großartig“, twitterte Donald Trump gestern Morgen. Das hielt den schwierigen Gast allerdings nicht davon ab, beim heiklen Thema Iran mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron aneinander zu geraten. Dabei hatte Trump noch vorgestern die besondere Beziehung der beiden betont.
Trump machte klar, dass Macron kein Mandat habe, mit der Regierung in Teheran zu verhandeln.
Trump machte klar, dass Macron kein Mandat habe, mit der Regierung in Teheran zu verhandeln. Der Gastgeber hatte zuvor erklärt, dass die G7 eine gemeinsame Botschaft an Teheran übermitteln wollten. „Darüber habe ich nicht gesprochen“, reagierte Trump. Macron musste daraufhin zurückrudern und versichern, dass die G7 als informeller Club überhaupt keine Mandate zu verteilen hätten.
Dem Gastgeber gelang mit der überraschenden Ankunft des iranischen Außenministers Mohamed Dschawad Sarif dann aber doch noch ein Coup. Sarif traf am Rande des G7-gipfels mit dem französischen Außenminister Jean-yves Le Drian und Diplomaten aus Deutschland und Großbritannien zusammen. Auch Emmanuel Macron kam am Ende des dreistündigen Gesprächs dazu. Die Verhandlungen sollten fortgesetzt werden, teilte der Elysée hinterher mit.
„Ich finde es absolut richtig, jede Möglichkeit auszuloten“, reagierte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Alle seien sich einig, dass Iran am Besitz von Atomwaffen gehindert werden müsse und dass dies im Rahmen einer Verhandlungslösung erzielt werden müsse. „Die Lunge unserer ganzen Erde ist
betroffen“Einigkeit herrschte unter den G7-staaten (USA, Frankreich, Kanada, Großbritannien, Italien, Deutschland und Japan) auch, als es um die von Waldbränden verwüstete Amazonasregion ging. Die G7-teilnehmer vereinbarten, der Region schnell finanzielle und technische Hilfe zukommen zu lassen.
Welche Maßnahmen konkret geplant sind, blieb allerdings unklar. Macron hatte das Großfeuer vergangene Woche auf die Agenda gesetzt und sich damit den Zorn des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zugezogen. Der ultarechte Politiker warf Macron „eine im 21. Jahrhundert überholte Kolonialmentalität“vor, weil die G7 das Thema in Abwesenheit Brasiliens bespreche. Seine Drohung, dass Frankreich das Euhandelsabkommen mit den Staaten Südamerikas blockieren werde, wiederholte er nicht.
„Die Lunge unserer ganzen Erde ist betroffen und da müssen wir gemeinsame Lösungen finden“, verteidigte Bundeskanzlerin Angela Merkel Macrons Initiative. Nicht-regierungsorganisationen wie Oxfam gingen die Ankündigungen des Präsidenten zum Thema Brasilien nicht weit genug. „Die G7-staaten haben eine Wirtschaft unterstützt, die auf maximale Profite aus war und nun leidet Brasilien unter den Konsequenzen“, erklärte die Vorsitzende von Oxfam Frankreich, Cécile Duflot.
Beherrschendes Thema der ersten Arbeitssitzung gestern war der Handelsstreit zwischen China und den USA. Hier hatte Trump vor seiner Abreise noch einmal den Ton verschärft: Nachdem die chinesische Regierung weitere Sonderzölle auf Us-güter im Wert von 75 Milliarden Dollar verkündet hatte, zog der Us-präsident nach und hob seinerseits die Zollsätze für chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar an. Negative Marktreaktionen erwarte er nicht, sagte er. Damit unterscheidet er sich von den anderen G7staaten, die Konsequenzen für die Weltwirtschaft befürchten. Gastgeber Macron warnte vor „Handelsspannungen“, die schlecht für alle seien.
Wenn Trump gehofft hatte, dass er in der Frage Unterstützung von Gipfelneuling Boris Johnson bekommen würde, wurde er enttäuscht. „Wir sind insgesamt für Handelsfrieden“sagte der britische Premierminister, der auch bei anderen Themen eher auf europäischer Linie war. Trump stellt Johnson „sehr großes“Handelsabkommen in Aussicht Das Arbeitsfrühstück zwischen Johnson und Trump verlief trotzdem in guter Atmosphäre. „Er ist der richtige Mann für den Job“, sagte der Us-präsident und stellte Großbritannien im Falle eines harten Brexits ein „sehr großes“Handelsabkommen in Aussicht. Globalisierungskritiker hatten am Rande des G7-gipfels zu Demonstrationen aufgerufen. Die einzige angemeldete Kundgebung vorgestern im benachbarten Hendaye war riedlich verlaufen. In Bayonne wurden allerdings 68 Demonstranten festgenommen, die Absperrungen überwinden wollten und Steine auf Polizisten warfen. Insgesamt sind 13 200 Polizisten in Biarritz im Einsatz.