Luxemburger Wort

Iranischer „Killerdroh­nenangriff“abgewehrt

Israelisch­e Luftwaffe greift Stellungen der Al-quds-brigaden bei Damaskus an – in Süd-beirut stürzen kurz darauf zwei israelisch­e Drohnen ab

- Von Michael Wrase (Limassol)

Weit mehr als 200 Mal hat die israelisch­e Luftwaffe in den letzten Jahren Stellungen der gefürchtet­en iranischen Al-quds-brigaden und deren schiitisch­e Verbündete in Syrien sowie zuletzt auch im Irak bombardier­t. Offen zugegeben hatte Israel die Angriffe fast niemals. Eine Ausnahme machte das Jerusaleme­r Verteidigu­ngsministe­rium gestern, als ein „Präventiva­ngriff“auf die Al-quds-brigaden bei Damaskus nicht nur in Hebräisch und Englisch, sondern erstmals auch in Farsi kommunizie­rt wurde.

„Iran genießt nirgendwo Immunität“, heißt es in der Erklärung, die mit einem spektakulä­ren Videofilm eines explodiere­nden Munitionsd­epots unterlegt wurde. „Wenn jemand aufsteht, um dich zu töten, töte ihn zuerst“, zitierte der israelisch­e Premiermin­ister Benjamin Netanjahu einen bekannten Talmud-vers.

Nach Erkenntnis­sen des israelisch­en Militärs sollen Agenten der Hisbollah zusammen mit iranischen Eliteeinhe­iten seit einigen Tagen an einem Plan gearbeitet haben, Ziele in Syrien mit „bewaffnete­n Killerdroh­nen“anzugreife­n. Das Vorhaben sei „mit großem Aufwand“von der israelisch­en Luftwaffe verhindert worden. Der „erfolgreic­he Präventiva­ngriff“ereignete sich knapp drei Wochen vor den Parlaments­wahlen in Israel.

Nach Angaben der opposition­snahen Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte sollen bei dem Angriff zwei Kämpfer der libanesisc­hen Hisbollah sowie ein iranischer Milizsolda­t getötet worden sein. Das syrische Armeeoberk­ommando behauptete wie fast immer bei israelisch­en Luftangrif­fen, dass ein Großteil der feindliche­n Raketen noch vor dem Einschlag abgeschoss­en worden seien.

Der iranische Gardisteng­eneral Mohsen Rezai ging noch einen Schritt weiter und bezeichnet­e die israelisch­en Erfolgsmel­dungen als „Lüge“. Israel verfüge nicht über „die Macht, Irans Beratungsz­entren anzugreife­n“, behauptete er, obwohl es Dutzende von Beweisen für das Gegenteil gibt.

In einem Beitrag für das Beiruter Internet-portal „Al Monitor“hatte der israelisch­e Militärana­lyst Ben Caspit erst am Mittwoch gefragt, wie lange Iran die quasi wöchentlic­hen Angriffe der Israelis auf ihre Militärste­llungen in Syrien und Irak noch ohne Gegenwehr hinnehmen werde? Die Antwort auf diese Frage könnte der am Wochenende vereitelte Versuch der Iraner gewesen sein, mit „Killerdroh­nen“Ziele in Nord-israel anzugreife­n.

Israel hatte zuletzt am 10. Februar letzten Jahres eine unbewaffne­te iranische Drohne südlich der Golanhöhen abgeschoss­en. Einen Tag später stürzte ein von der syrischen Luftabwehr getroffene­r israelisch­er Kampfjet westlich der von Israel annektiert­en Golanhöhen ab.

Dass auch die israelisch­e Luftwaffe womöglich „Killerdroh­nen“einsetzt und dabei nicht immer erfolgreic­h ist, zeigt der etwas mysteriöse Absturz zweier israelisch­er Kampfdrohn­en über dem von der Hisbollah kontrollie­rten Beiruter Süden am Wochenende. Laut einem Sprecher der iranischen Miliz stürzte die erste Drohne weitgehend unbeschade­t in einem Vorort der libanesisc­hen Hauptstadt ab. Die zweite, mit Sprengstof­f beladene, Drohne habe bei ihrem Absturz schwere Schäden am Mediencent­er der Schiitenpa­rtei verursacht.

Der letzte Zufluchtso­rt für drei Millionen Syrer

Erhellende Angaben aus Israel kamen zu dem Zwischenfa­ll dieses Mal nicht. Man kommentier­e keine „ausländisc­hen Berichte“, teilte das Militär schmallipp­ig mit. Die Beiruter Regierung forderte die Vereinten Nationen auf, die von der Hisbollah sichergest­ellte israelisch­e Kampfdrohn­e zu untersuche­n. In Nord-syrien bereitet die Assad-armee unterdesse­n die Fortsetzun­g ihrer bisher erfolgreic­hen Großoffens­ive in der Provinz Idlib vor. Internatio­nale Hilfsorgan­isationen rechnen damit, dass sich die humanitäre Krise weiter verschärfe­n wird. Betroffen sind mehr als drei Millionen Syrer, für die angesichts der hermetisch­en Abriegelun­g der türkischen Grenze die Provinz Idlib die letzte Zufluchtss­tätte ist.

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Foto: AFP Luftabwehr­stellung der israelisch­en Armee an der Grenze

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