Iranischer „Killerdrohnenangriff“abgewehrt
Israelische Luftwaffe greift Stellungen der Al-quds-brigaden bei Damaskus an – in Süd-beirut stürzen kurz darauf zwei israelische Drohnen ab
Weit mehr als 200 Mal hat die israelische Luftwaffe in den letzten Jahren Stellungen der gefürchteten iranischen Al-quds-brigaden und deren schiitische Verbündete in Syrien sowie zuletzt auch im Irak bombardiert. Offen zugegeben hatte Israel die Angriffe fast niemals. Eine Ausnahme machte das Jerusalemer Verteidigungsministerium gestern, als ein „Präventivangriff“auf die Al-quds-brigaden bei Damaskus nicht nur in Hebräisch und Englisch, sondern erstmals auch in Farsi kommuniziert wurde.
„Iran genießt nirgendwo Immunität“, heißt es in der Erklärung, die mit einem spektakulären Videofilm eines explodierenden Munitionsdepots unterlegt wurde. „Wenn jemand aufsteht, um dich zu töten, töte ihn zuerst“, zitierte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu einen bekannten Talmud-vers.
Nach Erkenntnissen des israelischen Militärs sollen Agenten der Hisbollah zusammen mit iranischen Eliteeinheiten seit einigen Tagen an einem Plan gearbeitet haben, Ziele in Syrien mit „bewaffneten Killerdrohnen“anzugreifen. Das Vorhaben sei „mit großem Aufwand“von der israelischen Luftwaffe verhindert worden. Der „erfolgreiche Präventivangriff“ereignete sich knapp drei Wochen vor den Parlamentswahlen in Israel.
Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollen bei dem Angriff zwei Kämpfer der libanesischen Hisbollah sowie ein iranischer Milizsoldat getötet worden sein. Das syrische Armeeoberkommando behauptete wie fast immer bei israelischen Luftangriffen, dass ein Großteil der feindlichen Raketen noch vor dem Einschlag abgeschossen worden seien.
Der iranische Gardistengeneral Mohsen Rezai ging noch einen Schritt weiter und bezeichnete die israelischen Erfolgsmeldungen als „Lüge“. Israel verfüge nicht über „die Macht, Irans Beratungszentren anzugreifen“, behauptete er, obwohl es Dutzende von Beweisen für das Gegenteil gibt.
In einem Beitrag für das Beiruter Internet-portal „Al Monitor“hatte der israelische Militäranalyst Ben Caspit erst am Mittwoch gefragt, wie lange Iran die quasi wöchentlichen Angriffe der Israelis auf ihre Militärstellungen in Syrien und Irak noch ohne Gegenwehr hinnehmen werde? Die Antwort auf diese Frage könnte der am Wochenende vereitelte Versuch der Iraner gewesen sein, mit „Killerdrohnen“Ziele in Nord-israel anzugreifen.
Israel hatte zuletzt am 10. Februar letzten Jahres eine unbewaffnete iranische Drohne südlich der Golanhöhen abgeschossen. Einen Tag später stürzte ein von der syrischen Luftabwehr getroffener israelischer Kampfjet westlich der von Israel annektierten Golanhöhen ab.
Dass auch die israelische Luftwaffe womöglich „Killerdrohnen“einsetzt und dabei nicht immer erfolgreich ist, zeigt der etwas mysteriöse Absturz zweier israelischer Kampfdrohnen über dem von der Hisbollah kontrollierten Beiruter Süden am Wochenende. Laut einem Sprecher der iranischen Miliz stürzte die erste Drohne weitgehend unbeschadet in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt ab. Die zweite, mit Sprengstoff beladene, Drohne habe bei ihrem Absturz schwere Schäden am Mediencenter der Schiitenpartei verursacht.
Der letzte Zufluchtsort für drei Millionen Syrer
Erhellende Angaben aus Israel kamen zu dem Zwischenfall dieses Mal nicht. Man kommentiere keine „ausländischen Berichte“, teilte das Militär schmallippig mit. Die Beiruter Regierung forderte die Vereinten Nationen auf, die von der Hisbollah sichergestellte israelische Kampfdrohne zu untersuchen. In Nord-syrien bereitet die Assad-armee unterdessen die Fortsetzung ihrer bisher erfolgreichen Großoffensive in der Provinz Idlib vor. Internationale Hilfsorganisationen rechnen damit, dass sich die humanitäre Krise weiter verschärfen wird. Betroffen sind mehr als drei Millionen Syrer, für die angesichts der hermetischen Abriegelung der türkischen Grenze die Provinz Idlib die letzte Zufluchtsstätte ist.