Im Würgegriff des Handelsstreits
Unsicherheit an der Wall Street wächst: Investoren setzen auf Zinsschritt
Die Wall Street hält sich besser als erwartet. Trotz des Rückschlags am Freitag ist der Aktienmarkt noch deutlich von einer Korrektur entfernt. Angesichts des erneuten Säbelrasselns aus Washington gegen China und Fragezeichen über dem Zinsausblick stellt sich allerdings die Frage: Wie lange kann das so bleiben?
Am Freitag drehte sich zunächst alles um die Rede des Usnotenbankchefs Jerome Powell in Jackson Hole, Wyoming. Zwar signalisierte Powell keine größere Zinssenkung, er hielt jedoch an seiner früheren Botschaft fest, die Federal Reserve werde dafür sorgen, dass die Wirtschaft wächst. Das wurde dahin gehend ausgelegt, dass mit einer weiteren Leitzinssenkung gerechnet werden könne, wahrscheinlich im September.
Alles sah danach aus, als würde die Handelswoche gut über die Runden kommen. Stattdessen beschlossen Us-präsident Donald Trump und Chinas Staatspräsident Xi Jinping, die Party zu beenden. Zuerst kündigte China neue Zölle auf Us-einfuhren im Umfang von 75 Milliarden Dollar und eine Wiederaufnahme der Strafen für Us-autos an. Danach kündigte Trump eine weitere Zollerhöhung um fünf Prozentpunkte auf chinesische Waren an. Prompt kippten an der Wall Street die Börsenkurse.
Eskalation zieht Markt nach unten
„Der Markt fragt sich, ob die Verhandlungen aus den Fugen geraten“, sagt Chefbörsenstratege bei Prudential Financial, Quincy Krosby, dem Wochenblatt Barron’s. Der Dow-jones-index für 30 Spitzenwerte brach am Freitag deutlich ein und zog den gesamten Markt mit nach unten. Auf Wochensicht verlor der Dow ein Prozent auf 25 628 Punkte, während der marktbreite Standard & Poor’s-500-index um 1,4 Prozent einknickte und der Technologieindex Nasdaq um 1,8 Prozent zurückgestuft wurde. Dennoch kann von einer Korrektur noch nicht die Rede sein. Der S&P notiert mit 2 847 Punkten immer noch über seinem am 14. August erreichten Tief von 2 840 und hat seit Anfang des Jahres 13,6 Prozent gewonnen. Von einer Korrektur spricht man, wenn die Kurse um mehr als zehn Prozent vom vorangegangenen Hoch gefallen sind.
„Angesichts der Gewinne, die bereits bis Juli verbucht wurden, hätte ich einen größeren Ausverkauf erwartet“, sagt Donald Donabedian, Chefanlagestratege bei der Vermögensverwaltung CIBC. „Der Markt ist sehr widerstandsfähig“.
Die neue Handelswoche steht weiter im Zeichen der Eskalation des Us-chinesischen Handelsstreits. Nach Chinas Zollankündigung fordert Trump Us-unternehmen auf, nach Alternativen zu dem Land zu suchen. Auch neue Konjunkturdaten dürften die Anleger beschäftigen. Am heutigen Montag stehen die Bestellungen langlebiger Wirtschaftsgüter im Juli auf der Agenda. Am Dienstag folgen die Umfrageergebnisse zum Verbrauchervertrauen im August und am Donnerstag die zweite Schätzung des Us-wachstums im zweiten Quartal. Daneben lassen sich etliche Firmen in die Bilanzen schauen.