Das Wort zum Sommer
Ob dieses Wochenende mit seinem Temperatursprung wohl das letzte Aufbäumen des Sommers war? Oder vielleicht doch der wohlwollende Wink aus höheren Himmelssphären, mit dem tatkräftig die Eröffnung der 679. Schueberfouer unterstützt werden soll, die bekanntlich 1340 als achttägige Marktwoche im Zeichen des Bartholomäustags begann? Letzterer wird nämlich am 24. August gefeiert und erinnert an besagten Apostel, dem ein Mitglied des armenischen Herrscherhauses im 1. Jahrhundert n. Chr. erst bei lebendigem Leibe die Haut abziehen ließ, um ihn dann auch noch kopfunter zu kreuzigen: kein schönes Ende ... Eine klare Antwort auf meine Anfangsfragen gibt es leider ebenso wenig, wie eine auf die, ob sich das mit dem armen Bartholomäus damals tatsächlich so zugetragen hat. Eines jedoch ist sicher: Wenn der Sommer von dannen zieht, muss ich leider – saisonbedingt! – eine meiner empirischen Langzeitstudien wieder einmal bis zum nächsten Sommer buchstäblich auf Eis legen. Ich bin da nämlich einer ziemlich spannenden Sache auf der Spur, die so berauschend ist, wie das Studienobjekt selbst: Alkohol. Dass sein Konsum Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Koordination, Reaktion und Benehmen empfindlich stört, ist allgemein
bekannt und wird – zum Glück! – meist auch berücksichtigt. Dass im Sommer aber scheinbar andere physiologische und physikalische Gesetze gelten, ließ mich erstmals ein vor drei Jahren im Restaurant zufällig mitgehörtes Gespräch erahnen. „Ich mag keinen Wein bei dieser Hitze, ein Rosé ist mir lieber!“, meinte eine Dame im schicken Blumenkleid am Nachbartisch. Bis dahin war Rosé meines Wissens nach nämlich auch Wein. Doch seitdem ich insgeheim Freunde, Kollegen oder unbekannte Tischnachbarn beobachte, muss ich feststellen: Ich habe mich geirrt! Der leichte und erfrischende Rosé hat im Sommer ein alkoholfreies Image! Glaubt man der alten Bauernweisheit, „Wie sich das Wetter am Bartheltag stellt ein, so soll’s den ganzen September sein“, kann man getrost ein paar Flaschen kaltstellen und in Maßen genießen. Im Voraus schon mal Danke für den Indian Summer, lieber Bartholomäus, auf dein Wohl! Geschichten, Gedanken, Gefühle – an dieser Stelle sinnieren die Kulturredakteure über die angeblich beste Zeit des Jahres.