Angst vor den Angestellten
Verweigert ein Staat seinen Bürgern die Teilnahme an freien Wahlen, bezeichnet man ihn für gewöhnlich als Diktatur. Den Menschen wird somit nämlich die Möglichkeit genommen, ihre politischen Vertreter selbst zu bestimmen. Dies lässt darauf schließen, dass sich jene Personen an der Spitze des Staates entweder nicht für den Willen des eigenen Volkes interessieren, oder ihn sogar fürchten. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass Privatunternehmen in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem weniger partizipativ gestaltet sind als Staaten. Im Gegensatz zum Staat befindet sich eine Firma nämlich im Besitz einer Person, oder einer wie auch immer gearteten Gruppe von Anteilseignern. Gerade deswegen
ist es umso wichtiger, dass sich die Arbeitnehmer in Form von Personaldelegationen zusammenschließen und für ihre Interessen eintreten können. Dass immerhin 258 Arbeitgeber ihren Angestellten dieses grundlegende Recht 2019 vorenthalten wollen, zeigt, dass sie diese weniger als Partner, denn vielmehr als Gegner betrachten. Dabei sind es letztlich die Mitarbeiter, die jeden Betrieb am Laufen halten. Deswegen müsste auch der Strafenkatalog überarbeitet werden. Die Höchststrafe von 25 000 Euro, die auch erst bei einem zweiten Boykott fällig wird, reicht als Drohkulisse schlicht nicht aus. Hier muss vom Gesetzgeber nachgebessert werden, denn jeder Betrieb, der seinen Angestellten das Wahlrecht vorenthält, ist einer zu viel.