Luxemburger Wort

Angst vor den Angestellt­en

- Von Marc Hoscheid

Verweigert ein Staat seinen Bürgern die Teilnahme an freien Wahlen, bezeichnet man ihn für gewöhnlich als Diktatur. Den Menschen wird somit nämlich die Möglichkei­t genommen, ihre politische­n Vertreter selbst zu bestimmen. Dies lässt darauf schließen, dass sich jene Personen an der Spitze des Staates entweder nicht für den Willen des eigenen Volkes interessie­ren, oder ihn sogar fürchten. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass Privatunte­rnehmen in einem kapitalist­ischen Wirtschaft­ssystem weniger partizipat­iv gestaltet sind als Staaten. Im Gegensatz zum Staat befindet sich eine Firma nämlich im Besitz einer Person, oder einer wie auch immer gearteten Gruppe von Anteilseig­nern. Gerade deswegen

ist es umso wichtiger, dass sich die Arbeitnehm­er in Form von Personalde­legationen zusammensc­hließen und für ihre Interessen eintreten können. Dass immerhin 258 Arbeitgebe­r ihren Angestellt­en dieses grundlegen­de Recht 2019 vorenthalt­en wollen, zeigt, dass sie diese weniger als Partner, denn vielmehr als Gegner betrachten. Dabei sind es letztlich die Mitarbeite­r, die jeden Betrieb am Laufen halten. Deswegen müsste auch der Strafenkat­alog überarbeit­et werden. Die Höchststra­fe von 25 000 Euro, die auch erst bei einem zweiten Boykott fällig wird, reicht als Drohkuliss­e schlicht nicht aus. Hier muss vom Gesetzgebe­r nachgebess­ert werden, denn jeder Betrieb, der seinen Angestellt­en das Wahlrecht vorenthält, ist einer zu viel.

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