Erfolgreiche Selbstinszenierung
G7: Macrons Vermittlerrolle im Atomstreit mit dem Iran trägt erste Früchte
Gipfeltreffen sind für Staatschefs immer eine Gelegenheit, sich in Szene zu setzen. Vor den ausländischen Gästen, aber auch vor dem einheimischen Publikum. Deshalb hatte Emmanuel Macron am Samstag zu Beginn des G7-gipfels in Biarritz überraschend eine Ansprache an die Nation gehalten, in der er den Franzosen das „Bestmögliche“versprach.
Nach dreitägigen Verhandlungen mit den sechs anderen Staatsund Regierungschefs ist seine Bilanz eher positiv. Zwar ist der Schlusstext nur eine Seite lang, weil Donald Trump als bekannt launischer Gast das offizielle Abschlussdokument im vergangenen Jahr in der Luft zerrissen hatte. Aber der Gastgeber kann Fortschritte in einer Reihe schwieriger Themen vorweisen, die noch am Freitag beinahe aussichtslos schienen.
Der dickste Brocken, den Macron bewegte, ist sicher der Atomstreit mit dem Iran. Hier landete der 41-Jährige einen Überraschungscoup, als er den iranischen Außenminister Mohamed Dschawad Sarif nach Biarritz holte. Er habe die Einladung allein ausgesprochen, Trump aber vor dem Treffen informiert, sagte der Präsident bei der gemeinsamen Abschluss-pressekonferenz mit seinem Us-kollegen. Die USA waren 2018 aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Dass Trump sich nun dem dreistündigen Gespräch von europäischen Diplomaten mit Sarif nicht widersetzte, ist ein Erfolg. „Das geschieht in Koordination mit den USA und das ist schon eine Menge“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Trump. Der Uspräsident nahm dabei eine Einladung nach Berlin mit der Begründung an: „Ich habe deutsches Blut“.
Zum Iran hofft Macron auf ein Treffen zwischen dem Us-präsidenten und seinem iranischen Kollegen Hassan Ruhani schon in den nächsten Wochen. „Wenn die Umstände stimmen, werde ich mich einverstanden erklären“, reagierte Trump.
Indirekt kann sich Macron auch Fortschritte im Handelsstreit zwischen China und den USA auf die Fahne schreiben. Denn während des Gipfels machte die chinesische Seite Vorschläge, die den Weg für neue Handelsgespräche ebneten. Es habe „sehr, sehr gute“Anrufe aus China gegeben, sagte Trump, der China noch vergangene Woche mit neuen Strafzöllen belegt hatte. Eine Spitze ließ der Us-präsident gegen die EU los, die in den Handelsgesprächen genauso schwierig sei wie China. Merkel sprach sich für eine Intensivierung des Handels zwischen der EU und den USA aus, was im beiderseitigen Interesse sei.
Auch in der heiklen Frage der Digitalsteuer, mit der Frankreich die Internetriesen wie Google, Amazon, Facebook und Apple belegt hatte, kamen sich die G7-teilnehmer näher. Sie einigten sich darauf, im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bis Ende 2020 eine Lösung zu finden. Frankreich würde dann auf seine eigene Digitalsteuer verzichten. Damit dürften auch die Drohungen mit Strafzöllen für französischen Wein vom Tisch sein, die Trump vor seiner Abreise erneut ausgestoßen hatte.
Ein besonderes Anliegen war Macron beim Gipfel der G7 (USA, Kanada, Japan, Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien) die Rettung der von Großfeuern bedrohten Regenwälder im Amazonas. Hier beschlossen die Teilnehmer technische und finanzielle Unterstützung und gaben Soforthilfen von 20 Millionen Dollar (rund 17,9 Millionen Euro) frei. Die ganzen drei Tage des Gipfels über lieferte sich der französischen Präsident allerdings ein Fernduell mit seinem brasilianischen Kollegen Jair Bolsonaro. Der ultrarechte Politiker hatte Macron eine „kolonialistische Denkweise“vorgeworfen, weil er die Feuer auf die Agenda gesetzt hatte, obwohl Brasilien nicht Mitglied der G7 ist. Macron verwies in seiner Fernsehansprache darauf, dass das französische Überseegebiet Guyana ebenfalls in der Amazonasregion liege.
Der Us-präsident nahm eine Einladung nach Berlin mit der Begründung an: „Ich habe deutsches Blut“.
Niveaulose Angriffe
Der brasilianische Bildungsminister Abraham Weintraub reagierte dennoch mit groben Beleidigungen im Kurznachrichtendienst Twitter. „Macron ist nicht auf der Höhe dieser Debatte. Das ist nur ein opportunistischer Dummkopf, der die Unterstützung der französischen Agrarlobby sucht.“Ein Vertrauter Bolsonaros twitterte ein Foto von Macron und seiner Frau, die 25 älter ist, und des brasilianischen Präsidentenpaares. „Versteht man nun, warum Macron Bolsonaro angreift?“, lautet der Text dazu. Bolsonaros Frau ist 27 Jahre jünger. „Das ist vor allem traurig für die Brasilianer“, reagierte Macron. „Ich hoffe, dass sie eines Tages einen Präsidenten haben, der sich auf der Höhe zeigt.“