Nur für Multimillionäre und Milliardäre
Die SPD macht in Ostdeutschland Wahlkampf mit der Forderung nach einer Wiederbelebung der Vermögenssteuer
Der Ausgang der Landtagswahlen am Sonntag in Brandenburg und Sachsen könnte starken Einfluss auf das Schicksal der Großen Koalition (Groko) in Berlin haben. Wenn die SPD allzu stark verliert, wird das den Kräften Auftrieb verleihen, die lieber heute als morgen aus der ungeliebten Groko aussteigen wollen.
Vor allem in Sachsen hat die SPD schlechte Karten. Hier steht ein Ergebnis unter zehn Prozent ins Haus. In Brandenburg, das seit der Wiedervereinigung von einem Spd-ministerpräsidenten regiert wird, geht es wieder aufwärts – wenn auch langsam. Ob aber die SPD weiterhin den Ministerpräsidenten stellen wird, ist offen.
Habeck spricht von „Panik“Für einen „last-minute-swing“soll nun die Idee mit der Vermögenssteuer sorgen, die das Spd-präsidium am Montag offiziell abgesegnet hat. Bereits letzte Woche hatte Interimschef Thorsten Schäfer-gümbel diese Idee vorgetragen. Doch wie diese neue Vermögenssteuer genau aussehen wird, wollte die SPD auch an diesem Montag noch nicht verraten. Sicher sind sich die Genossen aber, dass sie acht bis zehn Milliarden Euro einbringen wird. Die sollen zur Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur genutzt werden.
Erhoben werden soll die Vermögenssteuer nur bei den Superreichen, also bei Multimillionären und Milliardären. Bei welcher Zahl allerdings der Multimillionär anfängt, hat die SPD noch nicht verraten. Auch soll es Freibeträge geben, damit „Omas Häuschen“nicht betroffen ist. Derzeit denkt die SPD an einen Steuersatz von einem Prozent, bei sehr großen Vermögen auch 1,5 Prozent.
Als Vorbild nennt die SPD die Schweiz, wo Vermögen (Bargeld, Wertpapiere, Immobilien sowie Autos, Schmuck, Kunstwerke, wenn letztere nicht als Gebrauchsgegenstände eingestuft werden) je nach Kanton mit 0,5 bis zwei Prozent besteuert werden. Das bringt der Schweiz jährlich 6,5 Milliarden Euro. Dafür liegt die Einkommenssteuer in der Schweiz vergleichsweise niedrig. Zudem verweist die SPD auf ein Konzept des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der fordert einen Steuersatz von einem Prozent für Privatvermögen von Alleinstehenden ab einer Million Euro. Ab 100 Millionen wären 1,75 Prozent fällig, ab einer Milliarde dann zwei Prozent.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nannte die Vermögenssteuer „ein sehr zielgerichtetes Instrument, um Multimillionäre oder Milliardäre angemessener an der Gesamtbelastung zu beteiligen.“Er verwies darauf, dass etwa 45 Familien in Deutschland so viel Vermögen besäßen wie 50 Prozent der Bundesbürger.
Die Union reagierte prompt mit Ablehnung. CSU-CHEF Markus Söder nannte die Vermögenssteuer einen „alten Hut und einen Irrweg“. In einer sich abkühlenden Konjunktur sei das „genau das falsche Signal“. Angesichts von Abschwung und Negativzinsen brauche Deutschland genau das „Gegenteil: endlich Steuersenkungen“. Auch bei den Wirtschaftsverbänden stieß die Idee auf Ablehnung. Zuspruch erntete die SPD dagegen bei den Grünen und der Links-partei. Grünen-chef Robert Habeck lobte, es sei „ohne Frage richtig, dass höhere Vermögen einen größeren Beitrag zum Steueraufkommen leisten müssen“. Allerdings sei die SPD in der Regierung und habe weder eine Finanztransaktionssteuer noch eine Digitalsteuer durchgesetzt. Derzeit würden Union und SPD jeden Tag mit einem neuen Vorschlag überraschen. Daraus spreche „Panik oder Nervosität oder innerparteiliche Sorge, Boden zu verlieren“.
Der Links-partei ist der Vorschlag nicht radikal genug. Sie will alle Vermögen ab einer Million Euro mit fünf Prozent Steuern belasten. Daraus sollen Einnahmen von 80 Milliarden Euro jährlich resultieren, die in einen „Zukunftsplan Ost“fließen sollen. Allerdings sollen die Mittel auch für strukturschwache Regionen im Westen zur Verfügung stehen. Damit soll der öffentliche Nahverkehr massiv ausgebaut werden.
Eigentlich gibt es nach wie vor eine Vermögenssteuer in Deutschland. Sie wird nur seit 1997 nicht mehr erhoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Begünstigung von Grundbesitz durch die Steuer für verfassungswidrig erklärt hat. Die frühere Vermögenssteuer lag bei einem halben Prozent für Betriebsvermögen und einem Prozent für Privatleute. Zuletzt flossen knapp fünf Millionen Euro an den Fiskus.