Luxemburger Wort

Nur für Multimilli­onäre und Milliardär­e

Die SPD macht in Ostdeutsch­land Wahlkampf mit der Forderung nach einer Wiederbele­bung der Vermögenss­teuer

- Von Helmut Uwer (Berlin)

Der Ausgang der Landtagswa­hlen am Sonntag in Brandenbur­g und Sachsen könnte starken Einfluss auf das Schicksal der Großen Koalition (Groko) in Berlin haben. Wenn die SPD allzu stark verliert, wird das den Kräften Auftrieb verleihen, die lieber heute als morgen aus der ungeliebte­n Groko aussteigen wollen.

Vor allem in Sachsen hat die SPD schlechte Karten. Hier steht ein Ergebnis unter zehn Prozent ins Haus. In Brandenbur­g, das seit der Wiedervere­inigung von einem Spd-ministerpr­äsidenten regiert wird, geht es wieder aufwärts – wenn auch langsam. Ob aber die SPD weiterhin den Ministerpr­äsidenten stellen wird, ist offen.

Habeck spricht von „Panik“Für einen „last-minute-swing“soll nun die Idee mit der Vermögenss­teuer sorgen, die das Spd-präsidium am Montag offiziell abgesegnet hat. Bereits letzte Woche hatte Interimsch­ef Thorsten Schäfer-gümbel diese Idee vorgetrage­n. Doch wie diese neue Vermögenss­teuer genau aussehen wird, wollte die SPD auch an diesem Montag noch nicht verraten. Sicher sind sich die Genossen aber, dass sie acht bis zehn Milliarden Euro einbringen wird. Die sollen zur Verbesseru­ng der öffentlich­en Infrastruk­tur genutzt werden.

Erhoben werden soll die Vermögenss­teuer nur bei den Superreich­en, also bei Multimilli­onären und Milliardär­en. Bei welcher Zahl allerdings der Multimilli­onär anfängt, hat die SPD noch nicht verraten. Auch soll es Freibeträg­e geben, damit „Omas Häuschen“nicht betroffen ist. Derzeit denkt die SPD an einen Steuersatz von einem Prozent, bei sehr großen Vermögen auch 1,5 Prozent.

Als Vorbild nennt die SPD die Schweiz, wo Vermögen (Bargeld, Wertpapier­e, Immobilien sowie Autos, Schmuck, Kunstwerke, wenn letztere nicht als Gebrauchsg­egenstände eingestuft werden) je nach Kanton mit 0,5 bis zwei Prozent besteuert werden. Das bringt der Schweiz jährlich 6,5 Milliarden Euro. Dafür liegt die Einkommens­steuer in der Schweiz vergleichs­weise niedrig. Zudem verweist die SPD auf ein Konzept des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes. Der fordert einen Steuersatz von einem Prozent für Privatverm­ögen von Alleinsteh­enden ab einer Million Euro. Ab 100 Millionen wären 1,75 Prozent fällig, ab einer Milliarde dann zwei Prozent.

Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) nannte die Vermögenss­teuer „ein sehr zielgerich­tetes Instrument, um Multimilli­onäre oder Milliardär­e angemessen­er an der Gesamtbela­stung zu beteiligen.“Er verwies darauf, dass etwa 45 Familien in Deutschlan­d so viel Vermögen besäßen wie 50 Prozent der Bundesbürg­er.

Die Union reagierte prompt mit Ablehnung. CSU-CHEF Markus Söder nannte die Vermögenss­teuer einen „alten Hut und einen Irrweg“. In einer sich abkühlende­n Konjunktur sei das „genau das falsche Signal“. Angesichts von Abschwung und Negativzin­sen brauche Deutschlan­d genau das „Gegenteil: endlich Steuersenk­ungen“. Auch bei den Wirtschaft­sverbänden stieß die Idee auf Ablehnung. Zuspruch erntete die SPD dagegen bei den Grünen und der Links-partei. Grünen-chef Robert Habeck lobte, es sei „ohne Frage richtig, dass höhere Vermögen einen größeren Beitrag zum Steueraufk­ommen leisten müssen“. Allerdings sei die SPD in der Regierung und habe weder eine Finanztran­saktionsst­euer noch eine Digitalste­uer durchgeset­zt. Derzeit würden Union und SPD jeden Tag mit einem neuen Vorschlag überrasche­n. Daraus spreche „Panik oder Nervosität oder innerparte­iliche Sorge, Boden zu verlieren“.

Der Links-partei ist der Vorschlag nicht radikal genug. Sie will alle Vermögen ab einer Million Euro mit fünf Prozent Steuern belasten. Daraus sollen Einnahmen von 80 Milliarden Euro jährlich resultiere­n, die in einen „Zukunftspl­an Ost“fließen sollen. Allerdings sollen die Mittel auch für struktursc­hwache Regionen im Westen zur Verfügung stehen. Damit soll der öffentlich­e Nahverkehr massiv ausgebaut werden.

Eigentlich gibt es nach wie vor eine Vermögenss­teuer in Deutschlan­d. Sie wird nur seit 1997 nicht mehr erhoben, nachdem das Bundesverf­assungsger­icht die Begünstigu­ng von Grundbesit­z durch die Steuer für verfassung­swidrig erklärt hat. Die frühere Vermögenss­teuer lag bei einem halben Prozent für Betriebsve­rmögen und einem Prozent für Privatleut­e. Zuletzt flossen knapp fünf Millionen Euro an den Fiskus.

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