Luxemburger Wort

Aus der Bratpfanne ins Feuer

Den Simbabwern geht es unter dem „Krokodil“Emmerson Mnangagwa noch schlechter als unter Mugabe

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Unter seiner Führung, versprach Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa bei seiner Amtseinfüh­rung vor einem Jahr, werde sich der südafrikan­ische Staat von dem desolaten Zustand erholen, in den ihn der greise Machthaber Robert Mugabe gebracht hatte. Inzwischen ist jedoch eingetrete­n, was kaum einer für möglich gehalten hätte: Heute befindet sich Simbabwe in einem noch katastroph­aleren Zustand. Nach einer Studie der Vereinten Nationen sind mehr als fünf Millionen Simbabwer auf Nahrungsmi­ttelhilfe angewiesen – während „das Krokodil“Mnangagwa geplante Proteste gegen den erbärmlich­en wirtschaft­lichen Zustand des Landes mit Gewalt unterdrück­en lässt. „Wir sind von der Bratpfanne ins Feuer geraten“, klagt Vize-opposition­schef Tendai Biti: Das „faschistis­che Regime“treibe das Volk in immer tiefere Armut und setze fortgesetz­t die Verfassung außer Kraft.

Die zurücklieg­enden zwölf Monate brachten den Simbabwern eine dreistelli­ge Inflations­rate, Autoschlan­gen vor Tankstelle­n und den Hunger zurück: Hinzu kommen regelmäßig­e Stromausfä­lle von bis zu 18 Stunden pro Tag, Brotmangel und eine Arbeitslos­enquote, die sich über 80 Prozent bewegt. Lehrer müssen sich mit einem Monatsgeha­lt von 50 Us-dollar zufrieden geben, und die Krokodils-regierung kürzt ihre Ausgaben, um die Bedingunge­n des Weltwährun­gsfonds für Kredite zu erfüllen. Das Welternähr­ungsprogra­mm WFP sieht das Land in der „schlimmste­n Hungerkris­e seiner Geschichte“: Außer Korruption und staatliche­r Misswirtsc­haft machte Simbabwe zuerst eine Dürre und danach der Zyklon Idai zu schaffen. Die Maisernte fiel in diesem Jahr um die Hälfte geringer als im Vorjahr aus: Der Staat müsste eigentlich eine Million Tonnen Maismehl importiere­n – doch das Geld dazu ist nicht vorhanden.

Als die opposition­elle „Bewegung für demokratis­chen Wandel“(MDC) vor zehn Tagen zu Massenprot­esten aufrief, griff Mnangagwa zu Maßnahmen, die er von seinem ehemaligen Mentor Mugabe kannte: Er ließ die Demonstrat­ionen verbieten und sandte seine Häscher zur Einschücht­erung der Kritiker aus. Mindestens zehn Opposition­smitgliede­r wurden – vermutlich von Mitglieder­n des Geheimdien­stes CIO – entführt und gefoltert: Darunter die Kabarettis­tin Samantha Kureya, die in ihrer Show „Busstop TV“das Krokodil auf die Schippe zu nehmen pflegte. Kureya wurde halb totgeschla­gen und tauchte inzwischen unter.

Nach den blutigen Übergriffe­n sagte die MDC ihre in den drei größten Städten des Landes geplanten Proteste ab. In der Hauptstadt Harare und der Opposition­shochburg Bulawayo wagten sich trotzdem einige Hundert Demonstran­ten auf die Straße: Sie wurden von der Polizei daraufhin mit Tränengas traktiert, zusammenge­schlagen, fast hundert Regimegegn­er wurden festgenomm­en. Auch Mdc-organisato­r Amos Chibaya landete hinter Gittern: Ihm wirft die Polizei vor, die verbotenen Proteste nicht unterbunde­n zu haben.

Nachdem sich abgezeichn­et hatte, dass sein ehemaliger Mentor ihn nicht zu seinem Nachfolger ernennen wollte, hatte Mnangagwa im November 2017 einen Militärput­sch gegen Mugabe in die Wege geleitet und den inzwischen 95-jährigen Gründungsp­räsidenten in den Ruhestand geschickt. Mugabe soll sich seit fünf Monaten zur Behandlung in einem Hospital in Singapur aufhalten. Der 76jährige Mnangagwa kündigte zunächst weitreiche­nde wirtschaft­liche Reformen und eine Demokratis­ierungswel­le an. Militärs haben weiterhin das Sagen In seiner Regierung haben jedoch weiterhin die Militärs das Sagen – wiederholt ging der mit umstritten­en Wahlen im Amt bestätigte Präsident mit Waffengewa­lt gegen friedliche Demonstran­ten vor. Sowohl bei Protesten nach den Wahlen im August des vergangene­n Jahres sowie im Januar dieses Jahres erschossen Sicherheit­skräfte Dutzende von Demonstran­ten. Nach Auffassung des Direktors der Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch für das Südliche Afrika, Dewa Mavhinga, wurden die Sicherheit­sgesetze unter Mnangagwas Herrschaft sogar noch verschärft. Das Land gleite „rasant in die Anarchie ab“, meint der Menschenre­chtler.

Mit einer seltenen gemeinsame­n Stellungna­hme kritisiert­en die Botschafte­r der EU, der USA sowie Kanadas und Australien­s in der vergangene­n Woche die „Einschücht­erung, Drangsalie­rung und gewalttäti­gen Angriffe gegen Menschenre­chtler, Gewerkscha­fter und Opposition­spolitiker“: Sie böten „Anlass zu großer Sorge“, hieß es. Dies wurde von Mnangagwa als Einmischun­g in die inneren Angelegenh­eiten des Landes zurück gewiesen. Simbabwes Regierung macht für die wirtschaft­lichen Nöte des Landes die von den USA und der EU vor mehr als zehn Jahren verhängten Sanktionen verantwort­lich: Diese richten sich allerdings vor allem gegen einzelne Personen des Sicherheit­sapparats und der Regierung, denen Misswirtsc­haft und Korruption vorgeworfe­n wird. jod

Mehr als fünf Millionen Simbabwer sind auf Nahrungsmi­ttelhilfe angewiesen.

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