Luxemburger Wort

Aus für Jakarta

Verkehrsch­aos und Angst vor dem steigenden Meeresspie­gel: Indonesien will seine neue Hauptstadt im Dschungel von Borneo

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Jakarta. Indonesien will im Dschungel der Insel Borneo eine völlig neue Hauptstadt aus dem Boden stampfen. 2024 sollen Regierung und Parlament des 265Million­en-einwohner-landes aus Jakarta in die Nähe der Stadt Balikpapan im Osten von Borneo umziehen. Bislang besteht das dortige Gelände aus dichtem Wald und einigen gerodeten Flächen. Einen Namen hat die neue Hauptstadt noch nicht. Wichtigste Gründe für den Umzug sind das ewige Verkehrsch­aos in Jakarta und die Sorge, dass die Stadt irgendwann im Meer versinkt.

Umzug soll 2024 beginnen

Über einen solchen Umzug wird seit längerer Zeit spekuliert. Seit Präsident Joko Widodo im größten Inselstaat der Welt wiedergewä­hlt wurde, drückt er nun mächtig aufs Tempo. Dass es von der Insel Java nach Borneo geht, stand schon fest – bislang hatte aber auch zur Debatte gestanden, eine bestehende Stadt auszubauen. Die Wahl des neuen Ortes begründete der Präsident am Montag mit der „strategisc­h guten Lage“. „Das ist im Herzen Indonesien­s“, sagte Joko. „Das Risiko von Überflutun­gen, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausb­rüchen ist minimal.“

Das entspreche­nde Gesetz soll bereits heute eingebrach­t werden. Borneo ist die viertgrößt­e Insel der Welt. Wenn mit dem Umzug tatsächlic­h 2024 begonnen würde, wäre dies im letzten Jahr von Jokos zweiter Amtszeit. Vorbilder sind Länder wie Brasilien, Pakistan oder Myanmar, die ihre Hauptstädt­e in den letzten Jahrzehnte­n ebenfalls verlegt haben – und in gewissem Maße auch die Bundesrepu­blik Deutschlan­d mit dem Umzug von Bonn nach Berlin. Aktuell plant auch Ägypten einen Umzug: weg von Kairo, 50 Kilometer weiter in die Wüste.

Für das 1527 gegründete Jakarta (ursprüngli­che Bedeutung: „Großer Sieg“) geht damit ein halbes Jahrtausen­d Hauptstadt­geschichte in verschiede­nen Reichen zu Ende. Zwischenze­itlich hatten die niederländ­ischen Kolonialhe­rren die Stadt in Batavia umbenannt. Seit 1942 hat sie wieder den alten Namen. Die Mega-city mit ihren mehr als zehn Millionen Einwohnern leidet unter chronische­m Verkehrsch­aos. Tag für Tag gibt es dort extrem lange Staus. Im Großraum Jakarta leben sogar 30 Millionen Menschen.

Außerdem droht die Stadt zu versinken: 40 Prozent ihrer Fläche befindet sich inzwischen unter dem Meeresspie­gel. Nach einer Studie des Bandung Institute of Technology könnte 2050 tatsächlic­h ein Drittel der Stadt im Wasser stehen. Zudem ist Jakarta immer wieder von schweren Erdbeben betroffen.

Größter Inselstaat der Welt

Die Kosten einer neuen Hauptstadt werden auf umgerechne­t bis zu 30 Milliarden Euro geschätzt. Zum Plan gehört, dass Jakarta Finanzmetr­opole bleibt. Die Regierung hofft auf größere Einnahmen aus dem Verkauf von Immobilien.

Mit mehr als 17 000 Inseln und einer Fläche von 1,9 Millionen Quadratkil­ometern ist Indonesien der größte Inselstaat der Welt. Von den geschätzt 265 Millionen Einwohnern ist die große Mehrheit islamische­n Glaubens. Damit ist Indonesien auch das bevölkerun­gsreichste muslimisch­e Land. Als Alternativ­e zu der Gegend um Balikpapan hatte bislang die 250 000-Einwohner-stadt Palangkara­ya gegolten, die ebenfalls auf Borneo liegt. dpa

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Foto: AFP Das Gebiet um Samboja in der Kutai-kartanegar­a-region ist einer der beiden Standorte, die die Regierung für die neue indonesisc­he Hauptstadt vorgeschla­gen hat.

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