Beste Freunde, bis zum bitteren Ende
Bei „Good Omens“müssen ein Engel und ein Dämon das Ende der Welt verhindern – und das geht nur gemeinsam
Aus, Schluss, vorbei: Gottes Schöpfung ist dem Untergang geweiht, denn Satan höchstpersönlich hat seinen Sohn auf die Erde geschickt, um mit Hilfe der vier – Zeitgeist oblige – Biker der Apokalypse die gesamte, in sechs Tagen vollbrachte Arbeit zu zerstören. gekleidete Engel – und wie könnte es anders sein – Buchhändler Aziraphale (ein wunderbarer Michael Sheen mit ausgeprägter Vorliebe für leibliches Wohlergehen) und der obercoole Dämon Crowley (David Tennant, dessen laszives Spiel wie eine Hommage an Kollege und Landsmann Bill Nighy anmutet), der als Schlange Eva verführte und sich heutzutage mit Bentley fahren, Queen hören und Stauchaos auf der M1 schaffen die Zeit vertreibt.
Und dann wäre da noch die junge Anathema Device (Adria Arjona), die als Nachfahrin der als Hexe verbrannten Agnes Nutter, die alles vorausgesehen hat, das alles verhindern soll ...
Blasphemie und andere Freuden
Mit der Adaptierung der 1990 erschienenen literarischen Zusammenarbeit „Good Omens: The Nice and Accurate Prophecies of Agnes Nutter, Witch“erfüllt der britische Schriftsteller Neil Gaiman, der ebenfalls für die Vorlagen von „American Gods“und „Lucifer“verantwortlich zeichnet und dessen Kult-comic „Sandman“nun von Warner für Netflix produziert werden soll, den letzten Wunsch seines damaligen Ko-autors, des 2015 verstorbenen Terry Pratchett. Zuvor hatte die Fantasy-ikone nämlich selbst zehn Jahre lang vergeblich versucht, den Roman auf die große Leinwand zu bringen. Nun ist er dann also auf der kleinen gelandet, büßt aber dabei nichts an seinem gaiman-pratchetteskschrägem Charme ein, denn das Serienformat bietet eindeutig besser Platz, die von liebenswert-skurrilen Figuren bevölkerte Geschichte zu erzählen, als ein Spielfilm es je könnte. An Unterhaltungswert fehlt es nämlich weder dem abwechslungsreich dosierten Spannungsbogen der einfallsreichen Story, noch den schrägen Charakteren. Letztere erweisen sich als perfekte Identifikationsfläche für den Zuschauer und bringen mit Herzblut agierend – allen voran das wundervoll aufeinander abgestimmte Duo Sheen/tennant – die moralische Botschaft, dass wahre Freundschaft alle Grenzen überwinden kann, mitfühlend jedoch nie rührselig rüber.
Zwei weitere Schauspieler von Weltformat dürfen sich dann zwar nicht auf der Leinwand zeigen, haben aber als die Stimme Gottes und die des Satans durchaus tragende Rollen: Frances Mcdormand als Allmächtige (!) und Benedict Cumberbatch als ihr Gegenspieler.
Es wundert wenig, dass eine Online-petition der „Return to Order“-vereinigung, dieses blasphemistische Werk zurückzuziehen, weil beispielsweise die Engel-dämon-freundschaft ihnen nicht passte, in den USA bis gestern Abend 18 Uhr 21 394 Unterschriften sammelte. Dass sie an Netflix verschickt wurde, sorgte nicht nur bei Gaiman für Amüsement, sondern animierte auch Netflix dazu, offiziell zu antworten, man würde selbstverständlich die Serie sofort einstellen.
So leichtfüßig, humorvoll und unterhaltsam kann also das bittere Ende sein, wenn man nur die richtige Gesellschaft an seiner Seite hat – und die ist eben nicht immer die, die man vermutet. Sechs mal sechzig Minuten pure Serienfreude – wie heißt es so schön: Der Teufel steckt im Detail ... Die sechs, jeweils 60-minütigen Folgen sind auf Amazone Prime Video abrufbar.