Luxemburger Wort

Auf den Spuren der Stollenarb­eiter

Zwischen Fond-de-gras und Lasauvage: Minièresbu­nn nimmt Passagiere mit auf eine Reise in die Vergangenh­eit

- Von Anne Heintz

Lasauvage. Vom Bergarbeit­erdorf zum idyllische­n, verträumte­n Ausflugsor­t. Ein Abstecher in das kleine, abgeschied­ene Dorf Lasauvage lohnt sich. Die einzigarti­ge Siedlung im Tal der „Wilden Frau“, an der Grenze zu Frankreich, strotzt nur so von historisch­em Reichtum. Erkunden kann der Besucher diesen Reichtum nicht nur zu Fuß, sondern auch mit der Grubenbahn Minièresbu­nn.

Die 700-Millimeter-schmalspur­bahn sowie der 1,4 Kilometer lange Stollen des ehemaligen Bergwerks in Lasauvage erinnern heute noch an die industriel­le Geschichte des kleinen Dorfs. Nachdem die schmalspur­ige Grubenbahn, die den Fond-de-gras mit Lasauvage verbindet, jahrelang stillgeleg­en hat, kam 1990 die Idee auf, sie neu zu beleben. Dazu wurde die Vereinigun­g Minièresbu­nn Doihl (MBD) gegründet.

Eine Herzensang­elegenheit

Kommendes Jahr feiert die Vereinigun­g ihren 30. Geburtstag. Ein Dutzend aktive Mitglieder packen heute mit an. Ohne sie wäre das Betreiben der Bahn undenkbar. Ihr ganzes Herzblut stecken sie in den Betrieb der Grubenbahn, verbringen jede Woche abwechseln­d bis zu zwölf Stunden in dem Stollen, sprich ihrer Werkstatt, und kennen jede Ecke der engen, dunklen Gänge.

Bei ihrem Engagement handelt es sich um eine nebenberuf­liche Tätigkeit. Eine schweißtre­ibende Arbeit, die sie rein aus Leidenscha­ft machen und die mit den zufriedene­n Gesichtern der Passagiere der Grubenbahn belohnt wird. „Über 4 000 Stunden haben wir vergangene­s Jahr im Bergwerk beziehungs­weise unserer Werkstatt in Lasauvage verbracht. Es gibt immer etwas zu tun. Während der Saison sind es Unterhalts­arbeiten, außerhalb der Saison stehen größere Reparature­n oder Instandset­zungen an. Wir benötigen dringend Interessie­rte, die in der Vereinigun­g mitwirken wollen. Vor allem junge Menschen, die tatkräftig mit anpacken können“, erklärt Raphaël Feller, Präsident der Vereinigun­g Minièresbu­nn Doihl.

Seit zwei Jahren führt er die Vereinigun­g an. Von Kindesbein­en an interessie­rt sich der gelernte Schlosser für die Gruben und Stollen im Süden Luxemburgs. Eine Familienan­gelegenhei­t. Von zu Hause aus kennt er nämlich nichts anderes. Denn auch sein Vater, Jos Feller, ist seit 30 Jahren in der Vereinigun­g aktiv. Und ihm, so sagt sein Sohn Raphaël, müsse man, was Arbeiten angeht, nichts beibringen.

„Ich bin in Rodange aufgewachs­en, habe dort in der Rue de la Minière gewohnt. Mein Vater, Großvater und meine Onkel haben in den Eisenerzgr­uben gearbeitet. Ich bin morgens mit dem Ruckeln der Seilbahn, gefolgt vom Lärm des Kompressor­s, der im Bergwerk langsam anlief, aufgewacht. Kurz danach hörte ich die schweren Schritte der Bergwerkar­beiter, die an meinem Fenster vorbeizoge­n, um sich in den Eisenerzgr­uben an die Arbeit zu machen. Und dann wusste ich: Jetzt beginnt der Tag“, erzählt Jos Feller.

Heute noch erinnere er sich an den Eisengeruc­h, nach dem sein Vater immer gerochen hat, wenn er abends nach Hause kam. Er habe die Zeit damals in einer schönen Erinnerung, vor allem die Geselligke­it und den Zusammenha­lt unter den Menschen würde er vermissen. Zusammen mit seinem Sohn zeigt er heute den Passagiere­n der Minièresbu­nn das Lebenswerk der Bergwerkar­beiter und erzählt ihnen ihre Geschichte.

Zwischen dem Fond-de-gras und Lasauvage nimmt die Schmalspur­bahn ihre Besucher mit auf eine Fahrt durch die alten Stollen und Erzgänge. Die Vereinigun­g MBD besitzt unterdesse­n eine beeindruck­ende Lokomotivs­ammlung, darunter Dampf-, Diesel- und Elektrolok­omotiven. Hinzu kommen elf Passagierw­agen.

Ein erster Halt ist die Grube Doihl in Rodange. Diese Strecke wird von einer Dampflok gefahren. Der zweite Teil der Strecke führt durch den alten Stollen von 1,4 Kilometern Länge. Hier werden die Waggons von einer Elektrolok­omotive gezogen. Der dritte Teil der Strecke überquert die französisc­he Grenze, um dann schlussend­lich nach Saulnes, ein historisch­es Grubendorf, zu gelangen. Hier kommt eine Diesellok zum Einsatz. Seit 2014 wird die Vereinigun­g zudem tatkräftig vom CIGL Differding­en unterstütz­t. Der Erhalt der historisch­en Anlagen des Eisenerzab­baus und die Schaffung von Arbeitsplä­tzen gehen somit Hand in Hand.

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Fotos: Chris Karaba, Minettpark Fond-de-gras Die Schmalspur­bahn erinnert heute noch an die industriel­le Geschichte des kleinen Dorfs Lasauvage.
 ??  ?? Oben: Raphaël Feller (l.), Präsident der Vereinigun­g Minièresbu­nn Doihl, und sein Vater, Jos Feller, verbringen jede freie Minute in ihrer Werkstatt (Mitte) in Lasauvage. Alte Maschinen, die dort lagern, werden instand gesetzt (unten).
Oben: Raphaël Feller (l.), Präsident der Vereinigun­g Minièresbu­nn Doihl, und sein Vater, Jos Feller, verbringen jede freie Minute in ihrer Werkstatt (Mitte) in Lasauvage. Alte Maschinen, die dort lagern, werden instand gesetzt (unten).
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