Luxemburger Wort

„Habe das Risiko genossen“

Früherer Formel-1-pilot Gerhard Berger wird heute 60 Jahre alt

- Von Martin Moravec

Wörgl. Gerhard Berger sitzt gerne am Schreibtis­ch in seinem Büro. Auf einem Sideboard zu seiner Linken stehen Fotos seiner Familie. Im Rücken des ehemaligen Formel-1-stars prangt ein Bild von ihm in seinem Ferrari aus dem Jahr 1987. An der Wand zu seiner Rechten hängen Schwarz-weiß-aufnahmen des österreich­ischen Rennfahrer­idols Jochen Rindt. Darunter sind all jene Rennwagen in Miniaturau­sgaben aufgereiht, die Berger in seiner Motorsport­karriere gefahren hat.

Im Büro in seiner Heimatstad­t Wörgl (A) stehen noch mehr Memorabili­en, ein wuchtiger Bmwmotor mit 1 400 PS aus dem Jahr 1986 zum Beispiel. Damals gewann Berger für Benetton in Mexiko sein erstes Formel-1-rennen. In der Zentrale seiner Spedition hat Berger, der auch noch Chef des Deutschen Tourenwage­n Masters ist, seine Vergangenh­eit immer vor Augen. Für Nostalgie hat der Tiroler aber eigentlich nicht viel übrig. Ihn interessie­rt viel mehr, was noch vor ihm liegt.

Schon als Kind am Steuer

„Mein größter Wunsch zum 60. Geburtstag wäre es, alle meine Kinder um mich zu haben. Das habe ich bisher noch nicht geschafft, das beschäftig­t mich aber am meisten“, sagte Berger der Deutschen Presse-agentur vor seinem runden Geburtstag am heutigen Dienstag. Mit seiner Lebensgefä­hrtin Helene hat er die beiden kleinen Kinder Ella und Johann. Aus früheren Beziehunge­n stammen die erwachsene­n Töchter Sara und Heidi, zu denen das Verhältnis nicht unbelastet ist, sowie Christina.

Sara und Heidi sind in der Glitzerwel­t Monaco groß geworden, ihr Vater nach eigener Erinnerung in Tirol „fast ein bisschen wie im Wilden Westen“. Schon im Kindesalte­r saß Berger am Steuer, sehr zur Sorge seiner Mutter Olga. „Meine Eltern haben mich alle zwei Tage entweder aus dem Krankenhau­s oder von der Polizei abgeholt“, erzählte er lachend. „Es ist für mich ein reines Wunder, wie ich meine Kindheit überlebt habe, dagegen war der Rennsport heilig.“

Kurz vor seinem Formel-1-einstieg brach sich Berger bei einem Verkehrsun­fall das Genick, eine Narbe an seinem Hals zeugt noch von der Operation im Alter von 24 Jahren. In seiner dritten Saison bei Ferrari überlebte er 1989 nur durch das schnelle Eingreifen der Streckenpo­sten einen fürchterli­chen Feuerunfal­l in Imola.

„Im ersten Teil meiner Karriere hatte ich eine grenzenlos­e Risikobere­itschaft. Ich habe das Risiko genossen und es auch gesucht“, erinnerte sich Berger, der in Söll direkt an der Skipiste lebt. „Nach meinem Unfall in Imola hat sich das schlagarti­g geändert und mir wurde klar: Das Spiel mit dem Tod bringt nichts. Ich habe dann versucht, das Risiko so zu dosieren, dass der Erfolg darunter nicht leidet.“

Viel Blödsinn

Zehn Formel-1-rennen hat Berger gewonnen, für einen Wm-titel reichte es trotz seines immensen Talents nicht. Der heutige Redbull-motorsport­direktor Helmut Marko war sein „engster Mitstreite­r, nur irgendwann ist er mir auf die Nerven gegangen, weil er mich immer auf meine Fehler hingewiese­n hat“, sagte Berger amüsiert. „Wenn du irgendwann bei Ferrari fährst, findest du auf einmal 100 Leute, die dir jeden Tag sagen, wie toll du bist, das ist irgendwie angenehmer.“Berger hatte Talent – vor allem auch im Blödsinn machen. „Gerhard ist der gefährlich­ste Mann in der Formel 1“, sagte die 1994 gestorbene Motorsport­legende Ayrton Senna (BRA) einmal über Berger, mit dem er befreundet war. „Du bist keine Sekunde vor ihm sicher.“Berger war berühmt-berüchtigt. „Wir haben viel Blödsinn gemacht. Ich rede aber nicht irrsinnig gerne darüber, weil wir zu der Zeit so harten und gefährlich­en Motorsport betrieben haben“, erzählte Berger. „Die Streiche waren ein Ventil, um etwas lockerer zu werden und zu lachen. Ich glaube schon, dass wir alle im Hinterkopf hatten, dass eine Karriere in der Formel 1 ein Ablaufdatu­m hat – nicht selten mit dem plötzliche­n Ende des Lebens.“dpa

Es ist für mich ein reines Wunder, wie ich meine Kindheit überlebt habe, dagegen war der Rennsport heilig.

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Foto: dpa Gerhard Berger zu seiner Zeit bei Ferrari: „Da findest du auf einmal 100 Leute, die dir jeden Tag sagen, wie toll du bist.“

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