„Ankommen war das Ziel“
„Pothole Rodeo“-rallyeteam aus Luxemburg spendet 4 500 Euro für den guten Zweck
Luxemburg. Es war ihre erste Rallye und es wird sicher nicht die letzte sein, darüber sind sich Gilles Vasseur und Pier Schmitz einig. Sie waren 16 Tage mit ihrem VW Scirocco in Südosteuropa unterwegs und haben viel gelernt – auch darüber, wie gut es ihnen im Großherzogtum geht. Die Ziele, die sich die beiden Luxemburger Abenteurer mit nobler Absicht gesetzt haben, waren vielseitig.
Zum einen galt es, die „Schlagloch-rallye“auf überwiegend unbefestigten Straßen überhaupt zu überstehen. Mit einem 1983er VW Scirocco einige Tausend Kilometer quer durch den Balkan zu brettern ist per se schon eine Herausforderung, vor allem, wenn man nicht zufällig ein talentierter Hobby-mechaniker ist, der auch ohne Autowerkstatt in der Nähe gleich weiß, was zu tun ist. Die beiden Freunde haben sich aber auch noch persönliche Ziele gesetzt: Zum einen sollte mit der Hilfe von Sponsoren und Fans Geld gesammelt werden, um die gemeinnützige Organisation „Ons Heemecht“zu unterstützen und somit einen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen im Land zu leisten. Zum anderen wollten sie auf ihrer Reiseroute durch möglichst viele Länder fahren und die Europäische Union in all ihren Facetten kennenlernen.
Große Freude über Kleinigkeiten
„Es ist toll, ein Land mit dem Auto zu bereisen, da man authentischer unterwegs ist und auch den Menschen vor Ort ganz anders begegnen kann. Die Bodenständigkeit und Gastfreundschaft haben uns überall beeindruckt“, so Gilles Vasseur. „Der schönste und bewegendste Moment für uns war der Besuch in einer Kindertagesstätte in Moldawien. Glückliche Kinderaugen so strahlen zu sehen, das hat uns schon sehr berührt“, resümiert Pier Schmitz.
Der 29-Jährige ist von Beruf Erzieher und konnte somit einen direkten Vergleich zu seinem Heimatland ziehen. „Der Unterschied zu Luxemburg ist schon enorm. In Zberoaia kann im Winter nicht einmal jeder Raum geheizt werden und die Kinder haben von allem einfach viel weniger als hierzulande. Die Freude über unsere Geschenke – wie Fußbälle, Stifte und Süßigkeiten – war so groß, weil solche Dinge für sie alles andere als selbstverständlich sind.“Ihren Erste-hilfe-koffer überließen sie den Betreuern auch gleich, denn an solchen „Basics“mangelt es. Einen Stopp in diesem Kinderhort einzulegen war die Entscheidung von Gilles und Pier sowie von drei anderen Teams und bedeutete einen Umweg. Die Route sah regulär einen Hort in Albanien vor. Somit profitierten zwei Tagesstätten von den Besuchern auf der Durchreise.
Teamwork ist alles
Der Wohltätigkeitsaspekt der „Pothole Rodeo“-rallye ist zentral und war einer der Gründe, warum Gilles und Pier ebendiese ausgesucht hatten. Die Kombination aus Fun und Verantwortung, Teamwork und Völkerverständigung, darin läge schon die größte Besonderheit der populären Rallye, so die jungen Männer.
Spannend wurde es während der Reise an der Grenze zu Bosnien, die sie von Montenegro aus passieren wollten. Der Scirocco wollte nicht mehr und auch die beiden Luxemburger wussten zunächst nicht mehr weiter. Sie hatten dank der Garage Losch & Cie in Junglinster alle erdenklichen Ersatzteile dabei, die sie selbst auswechseln konnten. Aber hier diagnostizierte ein kroatisches Team nach 40 Sekunden Inspektion, dass nur eine Werkstatt weiterhelfen könne. Das Gelenk, das die Antriebswelle mit dem rechten Vorderrad verbindet, war kaputt, der alte VW war nicht mehr fahrtüchtig.
Das Abenteuer „Abschleppen“begann. Am späten Samstagabend hätte man im Großherzogtum wohl keine Werkstatt gefunden, in der ein Team nochmals aktiv werden würde, anders hingegen in Bosnien. „Wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, wird im Nu auch am Wochenende Hand angelegt und für sage und schreibe 40 Euro das Problem gelöst. Auch wenn die Bosnier zunächst etwas unterkühlt wirkten und die Kommunikation in Englisch beschwerlich war, so sprach die großzügige Hilfsbereitschaft aber Bände“, sagt Gilles Vasseur.
Weitermachen statt Ausruhen
Der ursprüngliche Plan der beiden Freunde war es, ihr Rallyefahrzeug im Anschluss kurzfristig zu versteigern und den Erlös ebenfalls zu spenden. Die Strategie ist nun langfristiger ausgerichtet: Gilles und Pier behalten den jungen Oldtimer, sammeln weiter, für mehr Solidarität und weniger Schlaglöcher auf dem Weg von Menschen, die es nicht so gut haben wie sie selbst. Weitere Informationen zum Team „Lët’s Fetz“unter bit.ly/letzfetzrallye. Derzeit ist das luxemburgisch-deutsche „Team Nachbrenner“auf derselben Reiseroute unterwegs. Mehr dazu unter facebook.com/teamnachbrenner.