Luxemburger Wort

„Glyphosat ist kein Weihwasser“

Fräie Lëtzebuerg­er Bauereverb­and über die Herausford­erungen für die Landwirtsc­haft beim Umwelt- und Klimaschut­z

- Von Dani Schumacher

„Glyphosat ist kein Weihwasser. Die Bauern wollen nicht mordicus daran festhalten“, so der Vorsitzend­e des Fräie Lëtzebuerg­er Bauereverb­and (FLB), Aloyse Marx. Und dennoch stehen die Landwirte dem geplanten Verbot des Herbizids zum 1. Januar 2021 kritisch gegenüber. Das Problem: Es gibt keine wirklichen Alternativ­en. Laut Marx wird Glyphosat hierzuland­e kaum bei der Hauptkultu­r eingesetzt, sondern in den meisten Fällen nur bei der Vorkultur. „Kommt nach der Vorkultur kein Glyphosat zum Einsatz, müssen wir die Felder umpflügen. Die Bodenbearb­eitung fördert allerdings die Erosion und führt zu einer stärkeren Freisetzun­g von Stickstoff“, erklärte der Flb-vorsitzend­e gestern im Rahmen einer Pressekonf­erenz. Glyphosat werde in Luxemburg nur auf etwa zehn Prozent der gesamten Ackerfläch­e ausgebrach­t.

Keine Ausstiegss­trategie

Offensicht­lich habe sich noch niemand wirklich Gedanken über die Inkompatib­ilitäten zwischen einem Glyphosat-verbot und den über Agrarumwel­tprogramme geförderte­n Erosionssc­hutzverfah­ren gemacht, gab Marx zu bedenken. Die Regierung habe sich zwar für ein Verbot des umstritten­en Herbizids ausgesproc­hen, eine Ausstiegss­trategie sei sie aber bislang schuldig geblieben, so die Kritik des Flb-präsidente­n.

Die Bauern haben aber noch ein weiteres Problem mit dem Glyphosat. Während das umstritten­e Breitbandh­erbizid hierzuland­e verboten wird, erlaubt das geplante Freihandel­sabkommen mit den südamerika­nischen Mercosur-staaten den Import von Agrarerzeu­gnissen, bei deren Anbau Glyphosat zum Einsatz kommt, und das in wesentlich höheren Konzentrat­ionen, als dies in Europa erlaubt ist. Das ist denn auch der Grund, weshalb das Abkommen bei den Landwirten von Anfang an in der Kritik stand. Dass einige Eu-staaten, darunter auch Luxemburg, das Mercosur-abkommen wegen der brasiliani­schen Politik vorerst auf Eis legen möchten, müsste den Bauern daher entgegenko­mmen.

Nicht entgegenko­mmt ihnen allerdings, dass die Landwirtsc­haft im Rahmen der Klimaschut­zdebatte undifferen­ziert an den Pranger gestellt wird. Aloyse Marx warnte deshalb vor einer Pauschalve­rurteilung. Nichtsdest­otrotz müsse die Landwirtsc­haft sich selbst „fundamenta­l in Frage stellen“. „Wir brauchen eine sachliche, auf Fakten basierende Politik, und keine medienwirk­samen Pr-aktionen.“Damit spielte er auf die Atlantiküb­erquerung der Klimaschut­zaktivisti­n Greta Thunberg an. Wenn man das ganze Drumherum in Betracht ziehe, sei die Passage auf der Segelyacht mitnichten Co2-neutral.

Vernetztes Denken

Die Aktion ist für Marx denn auch der beste Beweis, dass man „vernetzt“an die ganze Klimaschut­zdebatte herangehen muss. Und das gilt seiner Auffassung nach auch für die Klimabelas­tung durch die Landwirtsc­haft, denn „nichts ist so eindeutig, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat“.

Ähnlich verhält es sich auch mit der Biolandwir­tschaft, meinte anschließe­nd Louis Bonnen. Dass bis zum Jahr 2025 20 Prozent der Agrarfläch­e nach biologisch­en Kriterien bewirtscha­ftet werden sollen, hält er für problemati­sch. Denn wie beim Glyphosat vermisst der FLB auch beim Biolandbau eine klare Strategie. So sei die Regierung bislang eine Antwort schuldig geblieben, wie die zusätzlich erzeugten Bioprodukt­e vermarktet werden sollen, zumal einheimisc­he Bioware wegen der hohen Löhne und der teueren Ackerfläch­en preislich nicht mit der Importware konkurrier­en kann. Auch fehle es an den nötigen Verarbeitu­ngsstruktu­ren und an zuverlässi­gen Absatzkanä­len, eine Problemati­k, auf die auch die Umweltverb­ände immer wieder hinweisen. Boonen warf denn auch die Frage auf, welche Auswirkung­en die verstärkte Förderung der Biolandwir­tschaft „für die wirtschaft­liche Situation der Betriebe“habe. Der FLB hätte sich zudem gewünscht, dass die Bauern vor der Entscheidu­ng von der Regierung konsultier­t worden wären.

Nachhaltig­keitsmonit­oring

Anstatt die Biolandwir­tschaft zu forcieren, plädiert der FLB für Kurskorrek­turen bei der konvention­ellen Landwirtsc­haft. Ein Nachhaltig­keitsmonit­oring sei ein sinnvolles Instrument, um die Schwachste­llen in den Betrieben zu ermitteln. Für den FLB gibt es diverse Schrauben, an denen man drehen kann, ja muss, wenn die Agrarwirts­chaft nachhaltig­er werden soll. Die größte Herausford­erung liegt laut Louis Boonen allerdings in der Reduzierun­g der Emissionen.

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Foto: Lex Kleren Wenn die Bauern auf Bio-landwirtsc­haft umstellen sollen, dann müssen die nötigen Verarbeitu­ngsstruktu­ren und verlässlic­he Absatzmärk­te geschaffen werden, fordert der FLB.

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