Luxemburger Wort

Dialog und Druck

- Von Françoise Hanff

Obwohl Kritiker bereits das Ende politische­r Mammuttref­fen eingeläute­t haben, hat der G7gipfel von Biarritz bewiesen, dass der Austausch zwischen Politikern durchaus sinnvoll und überrasche­nd fruchtbar sein kann. Auch wenn es altmodisch klingt, ist und bleibt Dialog der Königsweg zu Kompromiss­en.

Emmanuel Macron hatte bewusst tief gestapelt, als er vor dem Gipfel ankündigte, auf eine Abschlusse­rklärung verzichten zu wollen. Indem er das verkrustet­e Format aufbrach, sorgte er für frischen Wind und neue Möglichkei­ten.

Das Fazit von Biarritz liest sich so: Der französisc­he Präsident glänzte in seiner Rolle als G7-gastgeber und bewies, dass er ein Politiker von Weltformat ist, während der Elefant im Porzellanl­aden, Donald Trump, sich ungewohnt sanftmütig verhielt. Macrons Überraschu­ngscoup, den iranischen Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif einzuladen, könnte Bewegung in die festgefahr­enen Beziehunge­n zwischen den USA und Iran bringen. Auch im Handelsstr­eit zwischen den Vereinigte­n Staaten und China sollen sehr bald wieder Verhandlun­gen aufgenomme­n werden. Last but not least zeigte sich der neue britische Premiermin­ister Boris Johnson ausgesproc­hen Eu-freundlich.

In Biarritz wurde auch eine 20-Millionen-dollar-hilfe für den Kampf gegen das Feuerinfer­no am Amazonas beschlosse­n. Was sicherlich gut gemeint ist, ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem wird das Angebot von Brasília empört als Einmischun­g in innere Angelegenh­eiten zurückgewi­esen.

Dabei ist der Regenwald in Amazonien die „grüne Lunge“des Planeten. Durch die über 80 000 Brandherde allein in Brasilien – über 80 Prozent mehr als noch im Vorjahr – wird viel gespeicher­tes CO2 freigesetz­t, das die globale Klimaerwär­mung verstärkt. Bei der Zerstörung des Regenwalds geht es also um eine globale Menschheit­sfrage, die grenzüberg­reifend gelöst werden sollte.

Erschwert wird die Lösungssuc­he durch einen Partner wie den brasiliani­schen Präsidente­n Jair Bolsonaro, der ein Klima geschaffen hat, das Brandrodun­g durch Viehzüchte­r ermutigt, und der den Westen als Feind für seine Zwecke instrument­alisiert. Über die Vernunft wird man keinen Zugang zum „Tropen-trump“finden. Die einzige Sprache, die der Populist versteht, ist die des wirtschaft­lichen Drucks. Der einstige Hinterbänk­ler im brasiliani­schen Parlament wurde maßgeblich dank der Unterstütz­ung der Agrarlobby zum Präsidente­n gewählt. Und es ist vor allem die Agrarindus­trie, die Bolsonaro zur Vernunft bringen kann.

Heute ist Europa der zweitwicht­igste Handelspar­tner von Brasilien. Das Freihandel­sabkommen zwischen der EU und den südamerika­nischen Mercosur-staaten liegt fertig ausgehande­lt auf dem Tisch. Bevor Europa jedoch den Vertrag kappt, sollte es das Gespräch mit Brasilien im Rahmen des nächsten G20-gipfels suchen. Nicht via soziale Netzwerke, sondern von Angesicht zu Angesicht. Ein respektvol­les Gespräch kann manchmal Wunder wirken.

Ein respektvol­les Gespräch kann manchmal Wunder wirken.

Kontakt: francoise.hanff@wort.lu

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