Anspannung statt Euphorie
Bei F91 Düdelingen herrscht trotz der Chance auf die Gruppenphase der Europa League gedrückte Stimmung
Luxemburg. F91 kann morgen erneut Geschichte schreiben. Ein Jahr nachdem die Düdelinger als erste luxemburgische Mannschaft die Gruppenphase der Europa League erreichten, soll diese Sensation wiederholt werden. Trotz der 1:2-Hinspielniederlage gegen den FC Ararat-armenia hat die Mannschaft von Trainer Emilio Ferrera im Stade Josy Barthel (Anpfiff um 20 Uhr) die Chance, sich noch durchzusetzen.
Eigentlich sollte die Stimmung im Düdelinger Lager somit gut sein, ist sie aber nicht. In der BGL Ligue musste F91 am Montagabend im Spitzenspiel gegen den FC Progrès eine 0:2-Niederlage hinnehmen. Ferrera schonte im Hinblick auf die morgige Partie zahlreiche Leistungsträger. Eine Entscheidung, die nicht bei allen Düdelingern auf Verständnis stieß, schließlich beträgt der Rückstand auf Niederkorn nun bereits sieben Zähler. F91 hat ein Spiel weniger absolviert.
Trainer in der Kritik
Präsident Romain Schumacher kann Ferreras Entscheidung nachvollziehen, allerdings übt er auch Kritik am Verhalten des Trainers: „Das Problem ist die Diskrepanz zwischen seiner Einstellung und unserer. Er ist ein Profi und wir sind alle Touristen, die versuchen, das neben unseren Jobs über die Bühne zu bekommen. Jeder gibt sich Mühe, trotzdem kriegen wir eins auf den Deckel. Deshalb ist es schwer, meine Leute bei der Stange zu halten. Gut, dass sie alle eine starke Moral haben, doch bei allem, was sie sich anhören müssen, könnte ich gut nachvollziehen, wenn sie irgendwann zu Hause bleiben.“Taktisch, so erzählen es viele F91-spieler, sei Ferrera ein hervorragender Trainer, doch zwischenmenschlich gab es bereits große Probleme. „Die Leistung des Trainerteams ist hervorragend, aber der Respekt gegenüber Amateurfunktionären könnte größer sein“, meint Schumacher.
Diese Anspannung ist spürbar. Während im vergangenen Jahr in der Mannschaft große Euphorie herrschte, als F91 kurz vor dem Einzug in die Gruppenphase der Europa League stand, ist davon bislang nur wenig zu erkennen. Das Interesse außerhalb des Clubs ist bislang ebenfalls kleiner als in der Vorsaison. Präsident Schumacher sieht dafür mehrere Gründe: „Im vergangenen Jahr haben wir gegen außergewöhnliche Teams gespielt. In dieser Saison spielten wir gegen Mannschaften, die als machbar eingestuft wurden. Die Latte wurde höher gehängt. Doch ich spüre, dass das Interesse jetzt größer wird. Auch wenn es nicht das erste Mal ist, bleibt es außergewöhnlich. Wenn wir die Gruppenphase erneut erreichen würden, wäre das wie Science Fiction.“
Beim Heimspiel in der dritten Qualifikationsrunde gegen Legia Warschau (PL) waren im vergangenen Jahr 3 000 Zuschauer im Stade Josy Barthel. In den Play-offs gegen Cluj (ROM) mehr als 2 500. In dieser Saison musste F91 aufgrund von Arbeiten im Stade Jos Nosbaum alle Partien auf der europäischen Bühne in der Hauptstadt absolvieren. Gegen Valletta (MLT) waren 1 152 zahlende Zuschauer im Stadion, gegen den nordmazedonischen Meister Shkendija 1 022 und gegen Kalju (EST) 1 279. Für die morgige Partie F91-trainer Emilio Ferrera (2.v.l.) steht in der Kritik. Investor Flavio Becca und F91-präsident Romain Schumacher (r.) sind mit dem Saisonstart in der BGL Ligue unzufrieden.
Jeder gibt sich Mühe, trotzdem kriegen wir eins auf den Deckel. F91-präsident Romain Schumacher
wurden immerhin bereits 1 900 Tickets verkauft.
Konkurrenz im Ausland
Viel Lob erhielt F91 für eine Spendenaktion. Die Düdelinger trafen die Entscheidung, nach dem Tornado die Hälfte der Einnahmen des morgigen Spiels an Titus Petingen und Käerjéng zu spenden. Trotzdem weiß Präsident Schumacher, wie schwer es ist, noch mehr Zuschauer ins Stadion zu locken: „In Luxemburg ist das Angebot aus dem nahen Ausland so groß, dass die Leute sehr hohe Ansprüche haben. Deshalb kommen sie angerannt, wenn Mannschaften wie der AC Mailand oder Betis Sevilla hier spielen. Das verstehe ich. Es ist sehr schwer, die Leute über solche Spiele hinweg an sich zu binden. Es besteht einfach kein Interesse.“
Sollte sich F91 allerdings morgen gegen Ararat-armenia durchsetzen, könnte es in der Gruppenphase zu Duellen mit internationalen Hochkarätern wie Manchester United, Arsenal oder dem FC Sevilla kommen. Dann wäre die Stimmung im Düdelinger Lager wohl auch wieder besser.