„Die Gastronomie fasziniert mich“
Lange nichts mehr gehört von ... David Fiegen, dem ehemaligen Vize-europameister über 800 Meter
David Fiegen hat nichts von seiner Schnelligkeit eingebüßt. Früher rannte er die 800 m in hohem Tempo, heute sorgt der Sportler des Jahres 2002 als Restaurantbesitzer dafür, dass seine Gäste schnell mit Getränken und Essen versorgt werden. Der 34-Jährige spricht über seine Erfolge und über die Parallelen zwischen dem Leistungssport und der Gastronomie. David Fiegen, wie sind Sie in der Gastronomie gelandet?
Die Gastronomie hat es mir schon länger angetan und deshalb war für mich schnell klar, dass ich nach meiner Leichtathletikkarriere einen Job in dieser Branche ausüben würde.
Warum?
Die Gastronomie fasziniert mich. Man muss vielseitig und kreativ sein. Die Herausforderung besteht darin, den Gast zufriedenzustellen. Das gelingt einem jedoch leider nicht immer. Die Gastronomie hat viele Parallelen zum Leistungssport. Je mehr man investiert, um so zufriedenstellender werden die Resultate. Wie sahen Ihre ersten Schritte in dieser Branche aus?
Meine ersten Stehversuche machte ich im Hotel Albert Premier in der Hauptstadt. Anschließend war ich Besitzer des Café Pascucci in Esch/alzette sowie Leiter zwei weiterer Lokale, ehe ich als Geschäftsführer der Koeppchen in Wormeldingen eingestellt wurde. Seit drei Monaten bin ich Mitgesellschafter des Betriebs.
Stellt Sie der Job zufrieden?
Ja, absolut. Ich freue mich morgens stets, um zur Arbeit zu gehen und kann mir im Moment nicht vorstellen, beruflich etwas anderes zu machen. Bleibt Ihnen auch noch Zeit für Hobbys?
Nicht viel. (lacht) Wenn ich etwas Freizeit habe, versuche ich, mich zu erholen. Zudem treibe ich noch Sport, um fit zu bleiben. Ich war während längerer Zeit sportlich inaktiv, weil mein Kopf und mein Körper kurz nach meinem Laufbahnende ausgelaugt waren. Vor allem meine Knie bereiteten mir Probleme. Wie halten Sie sich denn körperlich fit?
Ich laufe seit vier bis fünf Monaten wieder regelmäßig. Das macht mir Spaß. Beim Treiben anderer Sportarten erlange ich keine Zufriedenheit. Beim Laufen trage ich allerdings keine Uhr und ich weiß am Ende nicht einmal, wie weit und wie schnell ich gelaufen bin. Es geht lediglich darum, abzuschalten. Sie haben mit neun Jahren mit der Leichtathletik begonnen. Wie kam es dazu?
Zunächst spielte ich Fußball beim Club in Beles. Dann zogen wir um und da meine Eltern (Romain und Martine Carrario) ehemalige David Fiegens Herausforderung besteht mittlerweile darin, die Gäste der Koeppchen zufriedenzustellen. Leichtathleten waren, nahm ich irgendwann am Leichtathletiktraining der Fola teil und schloss schnell Freundschaften. Die Leichtathletik bereitete mir eine Menge Spaß und ich meine, dass ich nicht für einen Teamsport geeignet gewesen wäre. Meine Eltern haben mich übrigens nie dazu gedrängt, in der Leichtathletik aktiv zu werden. Im Alter von neun Jahren mussten Sie in der Leichtathletik auch noch an anderen Disziplinen als den verschiedenen Läufen teilnehmen. War für Sie als Kind sofort klar, dass Ihre Zukunft im Laufen liegen würde?
Das wurde mir zwar nicht im Alter von neun Jahren bewusst, doch ich merkte schnell, dass Sprünge und Würfe mich nicht so sehr begeisterten. Ich war aufgrund meiner Größe nicht der Beste in diesen Disziplinen. Als Minime, Cadet beschloss ich dann, mich auf das Laufen zu konzentrieren. Eigentlich wollte ich stets 3 000 m Hindernis laufen, weil mich das faszinierte. Die längeren Distanzen lagen mir jedoch nicht und deshalb konzentrierte ich mich von den Cadets an auf die 800 m und 1 500 m. Meine Leistungen über 800 m waren jedoch schnell besser als jene über 1 500 m. 3 000-m-rennen kamen meinem Körperbau nicht entgegen, deshalb beendete ich auch nur eines von drei. (lacht) Ich bin ein ungeduldiger Mensch und da war schnell klar, dass das Taktieren über längere Strecken nichts für mich sei. Bei den meisten Sportlern stellt die Olympiateilnahme den Karrierehöhepunkt dar, bei Ihnen ist das wohl nicht der Fall.
Emotional schon, da man nicht oft Teil der Olympischen Spiele ist. Ich würde diese Erfahrung nicht gerne missen. Sportlich war Olympia sicherlich nicht mein absoluter Höhepunkt, da ich mich 2004 noch nicht auf meinem Topniveau befand. 2006, 2007, 2008 Haben Sie das Geschehen in der Leichtathletik stets weiter verfolgt?
Nach der Bekanntgabe meines Karriereendes benötigte ich zunächst etwas Abstand. Es ist nicht leicht, nach zwölf Jahren Leistungssport den Schritt ins Berufsleben zu schaffen. Ich musste zunächst lernen, wie ich ohne die Leichtathletik klarkommen würde. Jetzt verfolge ich die nationale Leichtathletik wieder in den Medien und denke, dass sie sich auf einem interessanten Weg befindet. Mit Bob Bertemes, Charel Grethen und Charline Mathias sind gleich drei Aushängeschilder vorhanden. Das kann der Sportart nur helfen. Zudem ist sie in der Breite besser aufgestellt als vor einigen Jahren. 2011 hatten Sie Ihre Laufbahn ein erstes Mal beendet, ehe Sie zurückkehrten und dann 2015 einen definitiven Schlussstrich zogen.
Ich wusste 2011, dass ich meinen Zenit erreicht hatte, kehrte jedoch zurück, da ich nach wie vor Spaß an der Leichtathletik hatte. Ich merkte irgendwann, dass ich mich nicht damit abfinden könnte, langsamer zu sein als zu der Zeit, als ich mich in Topform befand. Das Weitermachen hätte keinen Sinn mehr ergeben. Trotzdem schafften Sie 2014 nach Ihrer Rückkehr noch mal die Qualifikation für die EM in Zürich. War das auch ein Höhepunkt?
Ja, auf jeden Fall. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich noch mal an solch einem Wettbewerb teilnehmen könnte. Die Zeit bei der EM habe ich in vollen Zügen genossen, da ich wusste, dass es mein letzter großer internationaler Wettbewerb sein würde. Tut es Ihnen manchmal leid, dass Sie die Olympischen Spiele 2008 aufgrund einer Virusinfektion verpassten?
Was in der Saison 2008 passiert ist, ärgert mich sehr. Nicht nur, weil ich Olympia verpasst habe. Ich behaupte, dass ich mich in dem Jahr in der Form meines Lebens befand. Ich absolvierte Trainingseinheiten, die besser waren als alles, was ich bis dahin abgeliefert hatte. Ich erlebte Emotionen, die einmalig waren. Im Trainingslager an Ostern meinte der Franzose Jimmy Loba: „Mach' dir keine Gedanken, ob du eine Zeit von 1'43'' läufst. Die Frage ist nur, wann und wo.“Vielleicht habe ich meinem Körper damals jedoch zu viel zugetraut, ihn geschwächt und mir dadurch die Virusinfektion zugezogen. Das musste ich erst mal verarbeiten. Was muss in der Leichtathletik unbedingt verbessert werden?
Erstens, muss jeder Wettkampf zu einem Event gemacht werden. Die Leute müssen Spektakel rund um das Sportliche geboten bekommen. Es muss Freude machen, zu einem Meeting zu gehen. Zweitens, müssen die Leichtathletikmeetings bei einem frei empfangbaren Tv-sender zu sehen sein. Derzeit muss man bezahlen, um die Leichtathletik zu verfolgen.