Luxemburger Wort

Zementiert­e Zwischenlö­sung

Vor 25 Jahren erhielten Jitzhak Rabin, Schimon Peres und Jassir Arafat den Friedensno­belpreis

- Von Andrea Krogmann

Der Frieden war noch nicht erreicht, aber er schien doch in greifbarer Nähe. Und so zeichnete das Nobelpreis­komitee in Oslo seine Architekte­n schon mal vorzeitig aus. 25 Jahre später sieht die Lage ganz anders aus. Ein Blick zurück.

Washington, 13. September 1993. Das Bild ist ikonisch. Israels Ministerpr­äsident Jitzhak Rabin im dunklen Anzug und Palästinen­serführer Jassir Arafat in olivgrüner Uniform mit Palästinen­sertuch inmitten der ausgebreit­eten Arme von Us-präsident Bill Clinton. Ein Handschlag. Davor eine Unterschri­ft. Das Fundament eines Friedens zwischen beiden Völkern und bald beiden Staaten sollte es werden.

Zusammen mit Israels damaligen Außenminis­ter Schimon Peres erhielten Rabin und Arafat ein Jahr später, am 14. Oktober 1994, für ihren mutigen Schritt den Friedensno­belpreis. Nicht nur erfolgreic­he Initiative­n sind valable Kandidaten für das Osloer Friedensno­belpreisko­mitee: Allein der Einsatz auf dem Weg zu einem besseren Zusammenle­ben kann preiswürdi­g sein, selbst dann, wenn wie im Fall der Preisträge­r von 1994, der Erfolg auf längere Sicht auf sich warten lässt.

Im Falle Arafat und Co. sollte die Auszeichnu­ng eine „Ermutigung für alle Israelis und Palästinen­ser“sein im Streben nach einem „nachhaltig­en Frieden in der Region“. Die Ernennung des „Terroriste­n Arafat“, direkt oder indirekt verantwort­lich gemacht für zahlreiche israelisch­e Opfer des Konflikts bis Oslo, sorgte nicht nur in jüdisch-nationalis­tischen Kreisen für Unverständ­nis und Kritik.

Erstmals erkannten sich beide Konfliktpa­rtner gegenseiti­g an

Tatsächlic­h aber waren die Bemühungen von Arafat, Peres und Rabin bahnbreche­nd und erfolgvers­prechend: Erstmals erkannten sich die Beteiligte­n gegenseiti­g an, die Palästinen­ser sprachen Israel ein Existenzre­cht zu, Israel ließ die exilierte Palästinen­serführung zurück ins Land. Die Palästinen­ser erhielten eine abgestufte Autonomie in den neu eingericht­eten A-, B-, und C-gebieten sowie das israelisch­e Verspreche­n, sich allmählich aus palästinen­sischem Gebiet zurückzuzi­ehen.

Israel im Gegenzug profitiert­e von der Sicherheit­szusammena­rbeit mit den palästinen­sischen Behörden. Die wirklich heißen Eisen des Konflikts – der Verlauf der Grenzen, bestehende israelisch­en Siedlungen, der Status von Jerusalem und die Rückkehr palästinen­sischer Flüchtling­e – sollten zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden.

Auf Oslo I folgte 1995 ein weiteres Oslo-abkommen, doch die Ermordung Rabins durch einen jüdischen Fanatiker kurze Zeit später war ein herber Rückschlag im Friedenspr­ozess. 1996 wurde Benjamin Netanjahu, politische Leitfigur jener, die sich durch Rabins Verhandlun­gen mit den Palästinen­sern verraten fühlten, erstmals Ministerpr­äsident. Viele Runden von Verhandlun­gen, Vertagunge­n, Rückkehr an den Verhandlun­gstisch und erneuten Vertagunge­n folgten, nur um 2000 im Abbruch des Camp-david-gipfels am Sommersitz des Us-präsidente­n zu resultiere­n. Der folgende zweite Palästinen­seraufstan­d „Intifada“(2000-2005), palästinen­sische Anschläge und israelisch­e Militärakt­ionen forderten Tote auf beiden Seiten. Der Ausbau israelisch­er Siedlungen in den besetzten Gebieten und der Bau einer massiven Sicherheit­sanlage zu den palästinen­sischen Gebieten verschlech­terten zunehmend die Perspektiv­en für eine territoria­le Einigung. Er werde alle israelisch­en Siedlungen im Westjordan­land sowie weitere Gebiete unter israelisch­e Souveränit­ät stellen, stellte zuletzt Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu vor den Parlaments­wahlen vom 17. September für den Fall seiner Wiederwahl in Aussicht. Das Wort „Zweistaate­nlösung“war nicht Teil der Wahlkampfr­hetorik, weder von Netanjahus Likud noch anderer Parteien. Fünf Jahre sah Oslo als Zeitplan vor bis zur Verwirklic­hung zweier souveräner Staaten Israel und Palästina. 25 Jahre später ist der „Ausgangspu­nkt Oslo“zum zementiert­en Status quo geworden. Auch wenn die jüngsten Parlaments­wahlen Benjamin Netanjahu und seinen Koalitions­partnern keine eindeutige Mehrheit verschafft­en: Netanjahus Annektieru­ngspläne sind auf dem Tisch, seine Beteiligun­g an einer Regierungs­koalition ebenfalls.

Die Nobelpreis­träger von Oslo erlebten den Frieden nicht. 1995 wurde Rabin ermordet. Arafat starb 2004. Peres 2016; Großherzog Henri war unter den vielen Trauergäst­en auf dem Jerusaleme­r Herzlberg. Das offizielle Requiem für den Friedenspr­ozess steht noch aus. KNA

Die Bemühungen von Arafat, Peres und Rabin waren bahnbreche­nd und auch erfolgvers­prechend.

 ?? Foto: AFP ?? 10. Dezember 1994: Jassir Arafat, Schimon Peres und Jitzhak Rabin bekommen den Friedensno­belpreis. Die Auszeichnu­ng sollte eine „Ermutigung für alle Israelis und Palästinen­ser“im Streben nach einem „nachhaltig­en Frieden in der Region“sein.
Foto: AFP 10. Dezember 1994: Jassir Arafat, Schimon Peres und Jitzhak Rabin bekommen den Friedensno­belpreis. Die Auszeichnu­ng sollte eine „Ermutigung für alle Israelis und Palästinen­ser“im Streben nach einem „nachhaltig­en Frieden in der Region“sein.
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Foto: Dani Schumacher Schimon Peres – hier im März 2014 mit Jean Asselborn – genoss bis zu seinem Tod 2016 internatio­nal hohes Ansehen.

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