Handelseinigung erzeugt Renditedruck
Bei den Kapitalmarktteilnehmern hat die Aussicht auf eine Vereinbarung zur Abkehr von festverzinslichen Papieren geführt
In den Handels- und Zollstreit zwischen den USA und China kommt eine gewisse Entspannung. Die USA werden nun auf die für Dienstag angekündigte Anhebung von Strafzöllen auf chinesische Importe im Umfang von 250 Milliarden Us-dollar verzichten. Die beiden Länder haben sich auf ein Abkommen verständigt, das eine Zwischenlösung beinhaltet, aber bei den Kapitalmarktteilnehmern hat die Aussicht auf eine Vereinbarung unmittelbar zur deutlichen Abkehr von festverzinslichen Papieren geführt. So kam es schon am Donnerstag zu einem deutlichen Renditeanstieg bei der marktführenden zehnjährigen Treasurynote, die sich von der 1,55-Prozent-marke entfernte.
Die Verkaufswelle nahm direkt Fahrt auf, als sich die Spekulationen in Washington verdichteten. Am Freitag sprang die Effektivverzinsung um acht Basispunkte auf 1,74 Prozent an, als die beiden Handelsriesen mitteilten, man habe sich geeinigt.
„Die Investoren wenden sich schnell von Staatsanleihen ab, und kaufen lieber Aktien“so ein New Yorker Broker mit Blick auf die Einigung auf den Handelsdeal. In den beiden Ländern und in selektiven Volkswirtschaften war es monatelang zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums gekommen. Teilweise war der Trend auch ausschlaggebend für Konjunkturpessimismus und markant nachgebende Renditen.
Zuflucht in sichere Staatsanleihen
Das Augenmerk der Investoren war seit langer Zeit auf den Donnerstag gerichtet. War doch klar, würde der Abschluss nicht gelingen, müsse mit mehr drakonischen Zöllen und Gegenzöllen zu rechnen sein. Viele globale Anleger haben deshalb über einen langen Zeitraum in den sicheren Staatsanleihen Zuflucht gesucht. In den Kernmärkten Europas war die Rendite der wichtigen Benchmark bis auf -0,66 Prozent zurückgelaufen, in den USA hatte sie kurzzeitig die 1,44-Prozent-marke gestreift.
Da offensichtlich das Abkommen in der ersten Interpretation der Volkswirte der nordamerikanischen Konjunktur weniger Bremsklötze bereiten dürfte, sollte die Rendite der richtungsweisenden Zehnjährigen mittelfristig durchaus bis in die Region von 2,1/ 2,15 Prozent ansteigen können. Nach den Kursgewinnen des laufenden Jahres käme dies aber einer gesunden Entwicklung gleich, so Experten.
Fundamental wäre dennoch eine Zinssenkung der FED im laufenden Jahr möglich. Die letzten Indikatoren aus der amerikanischen Konjunktur waren durchwachsen.
Zinssenkungserwartungen bleiben bestehen
Die gewisse Stimmungseintrübung bei den Einkäufern hat ihre Spuren hinterlassen. Obwohl die Arbeitsmarktlage noch immer als solide zu bezeichnen ist, scheinen auch die Konsumenten irritiert. Kommt es im Oktober zu einem Rebound der Verbraucherstimmung? Wohl eher nicht. Immerhin konnte sich beispielsweise das von Bloomberg erhobene Verbrauchersentiment solide präsentieren. Wegen der stagnierenden Kursentwicklung der Us-aktienmärkte in den letzten drei Handelsmonaten kamen keine besonderen Effekte hinzu, die die Ausgabelaune der Us-verbraucher hätten deutlich anheizen können. Die konjunkturellen Sorgenfalten und die Zinssenkungserwartungen der Wall Street bleiben bestehen.
Ein Ausläufer der bundesdeutschen Debatte um Klimaschutz erreicht auch einen großen Staatskonzern. Die Deutsche Bahn (DB) strukturiert ihre Finanzierung neu und geht dieser Tage auf die Suche nach Investoren für ihre Hybrid-anleihe. In einer Roadshow stellt man internationalen Anlegern neue Kreditprodukte vor. So will die DB bis zu zwei Milliarden Euro aufnehmen. Über Laufzeitenstruktur und Kuponhöhe sei noch nichts bekannt. Tatsächlich dürfte sich das Angebot vornehmlich an institutionelle Investoren richten.
Mit einer Hybrid-anleihe, die eine eigenkapitalähnliche Struktur aufweist, erhält der Anleger eine deutliche Mehrverzinsung gegenüber der klassischen Schuldverschreibung, doch im Falle von Zahlungsschwierigkeiten oder gar Insolvenz der Schuldnerin wird er nach allen anderen Gläubigern bedient. Der Vorteil für die Bahn ist, dass die aufgenommenen Gelder in der Bilanzierung voll dem Eigenkapital zugerechnet werden.
Bis 2030, so sieht es das Klimapaket der deutschen Bundesregierung vor, will der deutsche Fiskus unter dem Stich-wort „Kapitalerhöhung DB“jährlich rund eine Milliarde Euro an Eigenkapital für die Bahn zur Verfügung stellen. Mittelfristig sind inklusive der eigenen Mittel der Bahn in diesem Rahmenpaket Investitionen in Höhe von 156 Milliarden Euro vorgesehen. A.M.
Obwohl die Arbeitsmarktlage noch immer als solide zu bezeichnen ist, scheinen die Konsumenten irritiert.