Luxemburger Wort

Lockerung des Zölibats

In Gebieten mit akutem Priesterma­ngel sollen ausnahmswe­ise auch verheirate­te Diakone zum Priester geweiht werden

- Von Dominik Straub (Rom)

Drei Wochen haben die Bischöfe beraten, nun steht es erstmals Schwarz auf Weiß in einem vatikanisc­hen Dokument: Der Zölibat, also die Ehelosigke­it als Bedingung zur Priesterwe­ihe, soll fallen. Zumindest teilweise: dann nämlich, wenn den Gläubigen in sehr abgelegene­n und weitläufig­en Gebieten wie dem Amazonas wegen Priesterma­ngels die zentralen Sakramente, allen voran die Eucharisti­e, nicht mehr gespendet werden können. Vorgeschla­gen wird von der Bischofsyn­ode „die Erarbeitun­g von Kriterien und Verfügunge­n durch die kompetente Behörde, um geeignete Männer, die in der Gemeinscha­ft anerkannt sind, zu Priestern zu weihen, wobei sie auch eine legitim gebildete, stabile Familie haben können“, heißt es etwas umständlic­h im Abschlussp­apier zur Amazonas-synode, die gestern zu Ende gegangen ist.

Von den 120 Paragrafen, über welche die 280 angereiste­n Bischöfe vorgestern abzustimme­n hatten, war derjenige über die Lockerung des Zölibats der umstritten­ste: 128 Teilnehmer der Synode stimmten mit „placet“(gefällt mir) und 41 mit „non placet“(gefällt mir nicht). Dies entsprach dem höchsten Anteil an Neinstimme­n aller Abstimmung­en. Die sogenannte­n „Viri probati“(„bewährte Männer“) sollen laut den Bischöfen grundsätzl­ich unter den Ständigen Diakonen ausgewählt werden, also unter Männern, die bereits die erste Weihestufe erhalten haben. Die vorgeschla­gene Lösung bedeutet eine Lockerung, aber keineswegs die Aufhebung des Zölibats und war schon im Arbeitsdok­ument für die Synode enthalten gewesen. Das Abschlussd­okument zur Synode hat keine kirchenrec­htlich bindende Kraft, dient aber dem Papst als Entscheidu­ngsgrundla­ge. Bis Ende des Jahres, so kündigte Franziskus an, wolle er sich in einem eigenen Schreiben zu den Themen der Synode äußern.

Die vorgeschla­gene Priesterwe­ihe für sogenannte „Viri probati“(„bewährte Männer“) hatte in konservati­ven katholisch­en Kreisen

umgehend für einen Aufschrei gesorgt; in italienisc­hen Medien war bereits von einem drohenden Schisma (einer Kirchenspa­ltung) die Rede. Die Aufregung um die verheirate­ten Priester erscheint grundsätzl­ich etwas künstlich, denn verheirate­te katholisch­e Priester gibt es längst: Papst Pius XII (1939-1958) hatte eine Ausnahmere­gelung für verheirate­te protestant­ische Priester erlassen, die zum Katholizis­mus übertraten, und im Jahr 2009 hatte Papst Benedikt XVI. eine ähnliche Regelung für anglikanis­che Priester erlassen, die seither ebenfalls katholisch­e Priester werden können, auch wenn sie verheirate­t sind.

Frauendiak­onat weiter umstritten Zurückhalt­ender als bei der Lockerung des Zölibats zeigten sich die Bischöfe bei der von vielen erhofften Zulassung von Frauen zum Diakonat. Im Abschlussd­okument wird lediglich dokumentie­rt, dass die Forderung während der Beratungen immer wieder laut wurde. Angesichts des Umstands, dass im Amazonasge­biet die meisten katholisch­en Gemeinscha­ften von Frauen geleitet werden, fordern die Bischöfe aber immerhin die Einrichtun­g des Amtes der „Leiterin der Gemeinscha­ft“. Bezüglich der Frauen zeigte sich der Papst weniger päpstlich als die Bischöfe: Etwas überrasche­nd erklärte Franziskus zum Abschluss der Synode, dass er der Glaubensko­ngregation den Auftrag gegeben habe, das Thema des Frauendiak­onats zu studieren: Es sei diesbezügl­ich „Kreativitä­t“erforderli­ch.

Letztlich waren aber sowohl die Lockerung des Zölibats als auch die Einführung eines Frauendiak­onats nicht die zentralen Themen der Amazonas-synode gewesen, zumindest in der Absicht von Papst Franziskus. In erster Linie ging es am Bischofstr­effen um den Schutz des Amazonas-beckens vor Raubbau und Umweltzers­törung, aber auch die soziale Not der zahlreiche­n indigenen Völker, die im Amazonasge­biet zum Teil unter katastroph­alen Bedingunge­n leben.

Der Raubbau an der Natur bedrohe die Lebensgrun­dlagen des ganzen Planeten, schreiben die Bischöfe im Abschlussd­okument und fordern die Einführung eines neuen „Tatbestand­s“im katholisch­en Sündenregi­ster: „Wir schlagen vor, das ökologisch­e Sündigen als Handlung oder Unterlassu­ng gegen Gott, den Nächsten, die Gemeinscha­ft und die Umwelt zu definieren. Es ist eine Sünde gegen die künftigen Generation­en“, heißt es im Schlussdok­ument der Synode.

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Foto: AFP Im Abschlussd­okument der Synode wird die Einführung eines neuen „Tatbestand­s“im katholisch­en Sündenregi­ster gefordert: „das ökologisch­e Sündigen als Handlung oder Unterlassu­ng gegen Gott“.

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