Luxemburger Wort

Lagarde wird Ezb-chefin mit eigenem Stil

Die Märkte beginnen, sich langsam auf die letzten sechs bis sieben Wochen des Handelsjah­res einzustell­en

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Die letzte Sitzung von Mario Draghi bei der EZB und die nachfolgen­de Pressekonf­erenz brachten keine wesentlich neuen Erkenntnis­se für den Rentenhand­el. Die Konjunktur­bremsen sind weltweit zu sehen. So hat er im Vergleich zu seinem Eingangsst­atement der September-ratssitzun­g einen etwas düstereren Konjunktur­ausblick gezeichnet und die Notenbank-oberen rechnen mit einer anhaltende­n Schwäche der Wirtschaft. Es besteht nun das Risiko, dass die Rezession im Verarbeite­nden Gewerbe auch den Serviceber­eich in Mitleidens­chaft ziehen könnte. Die europäisch­e Binnenkonj­unktur würde dann auch deutlichen Schaden nehmen, so sind sich die Top-volkswirte einig.

Die EZB hat praktisch mit den letzten Beschlüsse­n vorsorgen wollen und so sind die zuletzt im EZB-RAT sehr umstritten­en geldpoliti­schen Maßnahmen als Absicherun­g zu verstehen. Am Rentenmark­t haben die Akteure durchaus seit etwa Anfang September realisiert, dass es sowohl von der Us-notenbank und auch der EZB keine deutlichen positiven Impulse in 2019 geben werde. In den USA ist die Rendite der richtungsw­eisenden Anleihe auch deshalb schon deutlich von etwa 1,5 auf 1,78 Prozent angestiege­n. Für die Euroland-benchmark bedeutet dies neben der Interpreta­tion der einheimisc­hen Effekte eine Verbesseru­ng der Rendite von -0,63 auf -0,38 Prozent.

Die Märkte beginnen sich langsam auf die letzten sechs bis sieben Wochen des Handelsjah­res einzustell­en. Im Hinblick auf die zukünftige geldpoliti­sche Marschrich­tung hat Christine Lagarde zunächst die angekündig­te Überprüfun­g des geldpoliti­schen Rahmens der EZB abwarten wollen. Doch gab sie am Wochenende eine eigene Signatur ab. Dem Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“sagte sie mit Referenz auf die jüngsten Ungereimth­eiten bei der EZB, „Ich suche immer nach der gemeinsame­n Basis, um die verschiede­nen Meinungen zusammenzu­bringen. Wir sollten uns jetzt darauf konzentrie­ren, wie wir künftig wieder eine gemeinsame Linie finden können.“Sie führte weiter aus, sie wolle die Mitglieder des Direktoriu­ms früher in puncto Gestaltung und Tendenz der Politik einbeziehe­n. Damit könne sie auch ihren „eigenen Stil“besser umsetzen. Logisch und absehbar ist, dass sie auch verstärkt die Finanzpoli­tiker der Eurostaate­n in die Pflicht nimmt. Als Iwf-chefin hat sie bereits eine aktivere Rolle insbesonde­re der Staaten, die es sich leisten können, gefordert.

Das italienisc­he Schatzamt hat in der Woche noch einmal mit der Erweiterun­g einer Nullkupona­nleihe im Volumen von nahezu drei Milliarden von sich reden gemacht. Derzeit hat Italien keine Probleme bei der Finanzieru­ng seiner Staatsschu­lden, obwohl die Eu-kommission das Land unlängst dazu aufgeforde­rt hat, die Haushaltsp­läne nachzubess­ern. Anleihen mit zehnjährig­er Laufzeit rentieren knapp oberhalb der Ein-prozent-marke und Zweijährig­e haben sich im negativen Bereich festgesetz­t. Die Renditen liegen damit auf rekordnied­rigen Niveaus, denn auch die Wiederbele­bung des Anleihekau­fprogramms der EZB stützt italienisc­he Bonds auf mittelfris­tige Sicht.

Das Ergebnis der Auktion für zweijährig­e „Nullkupon“vom Freitag konnte sich erneut sehen lassen. Dem Schatzamt ist es gelungen, drei Milliarden Euro bei einer Minusrendi­te von 0,11 Prozent zu platzieren. Die neuen Titel haben eine Endlaufzei­t bis zum 29. November 2021. A.M.

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Foto: AFP Christine Lagarde: „Ich suche immer nach der gemeinsame­n Basis, um die verschiede­nen Meinungen zusammenzu­bringen.“

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