Musikalische Hommage
Verstorbener Sänger Demba Nabé war beim Seeed-auftritt in der Rockhal allgegenwärtig
Luxemburger sind verhalten, reserviert und verschlossen. Sie mögen Bundesliga, Tatort und Oktoberfest, können mit den Deutschen selbst aber nur wenig anfangen. Typisch Luxemburg? Auf keinen Fall: Diese Vorurteile wurden am Freitagabend in der Rockhal widerlegt. Der Berliner Ausnahmekünstler Peter Fox hatte wieder einmal zum Tanz geladen. Und unter den mitreißenden Klängen seines Ensembles Seeed verwandelten Tausende Fans die Konzerthalle in eine riesige Tanzfläche.
Seit 20 Jahren schon tourt die Berliner Multikulti-formation durch die Hallen und gilt nicht umsonst als eine der einflussreichsten Bands Deutschlands. Mit ihrem entspannten Mix aus Pop, Reggae, Dancehall, Hip-hop und World Music konnte die zehnköpfige Band sogar Erfolge in Südamerika feiern. Allerdings war es nach der Veröffentlichung des vierten Studioalbums, einer ausgiebigen Tournee und einem gefeierten Auftritt in Luxemburg im Spätsommer 2015 etwas ruhiger geworden um Peter Fox, Frank Dellé und Co.
Die Ankündigung eines neuen Albums und einer anschließenden Live-tour im Frühling 2018 löste denn auch ein mittelgroßes Erdbeben in der deutschen Musiklandschaft aus: Innerhalb von 30 Minuten waren etliche Konzerte ausverkauft, die Server der Ticketplattform brachen wegen des Ansturms zeitweise zusammen. Dabei hatte zu diesem Zeitpunkt noch niemand das neue Material zu Ohren bekommen, und bis zur Veröffentlichung des neuen Albums sollten noch mehr als zwölf Monate vergehen.
Nur einen Monat später, am 31. Mai 2018, erschütterte die Nachricht des überraschenden Todes von Demba Nabé Millionen Fans. Lange stand nicht fest, ob das Kollektiv überhaupt noch ein weiteres Mal auftreten, geschweige denn ein neues Album veröffentlichen würde. Nabé hatte die Band 1998 unter dem Künstlernamen Ear mitbegründet und war neben Fox und Dellé einer von drei Frontmännern des Ensembles. Spekulationen um ein mögliches Ende setzten seine Kollegen dann um Weihnachten ein Ende: „Du wirst uns sehr fehlen! Wir drehen jetzt noch ein paar Runden mit dir in unseren Herzen“, schrieb die Band in einem offenen Brief an ihren kreativen Strippenzieher.
„Demba, das ist für dich!“Seit dem 4. Oktober dieses Jahres ist „Bam Bam“nun im Handel und schaffte es mit Songs über Abschied und Neuanfang auf Anhieb an die Spitze der deutschen Albumcharts. Die zuvor bereits veröffentlichte Single „Ticket“hatten Seeed schon im April ihrem verstorbenen Frontmann gewidmet. So wunderte es am Freitag auch niemanden, dass die Band die Atelier-veranstaltung in der Rockhal mit dem Album-opener eröffnete.
Mit der lässigen Hymne aufs Loslassen „Lass sie gehen“folgte die zweite Nummer des neuen Longplayers, bevor Fox und Dellé mit dem Black-cover „Wonderful Life“die Marschrichtung des
Abends festlegten: „There's magic everywhere“, sang Fox, während die Fans mit den Köpfen im Takt der Reggae-beats nickten. Was folgte, war eine gesunde Mischung aus mehr als 20 mal rassigen, mal leichtfüßigen Nummern, die ihre Wirkung nie verfehlten.
Emotionaler Höhepunkt in der Mitte des Sets aber war „You & I“vom vierten Studioalbum „Seeed“, bei dem ein Scheinwerfer jenen leeren Bühnenplatz beleuchtete, an dem eigentlich der verstorbene Demba Nabé stehen sollte. Dazu ertönte seine Stimme vom Band, während die Fans die Rockhal in ein Lichtermeer tauchten.
Peter Fox ließ es sich indessen nicht nehmen, sich selbst zu covern: Seeed spielten mit „Schwarz zu Blau“, „Schüttel deinen Speck“und der Debütsingle seines ersten Soloalbums „Alles neu“gleich drei Songs ihres Bandleaders.
Es folgten u. a. noch die Hits „Music Monks“und „Ding“, bevor das Kollektiv ihren Fans zum Abschluss mit „Dickes B“und „Aufstehn!“vor der Heimfahrt nochmals alles abverlangten.