Luxemburger Wort

Bewohner weg, Haare bleiben

Nester des Eichenproz­essionsspi­nners können Mensch und Tier immer noch gefährlich sein

- Von Diana Hoffmann

Luxemburg. „Vorsicht, Eichenproz­essionsspi­nner“. Dass Schilder mit solcher oder ähnlicher Aufschrift immer noch an manchen Spazierweg­en im Wald oder in Parks zu sehen sind, ist kein Zeichen von Nachlässig­keit, sondern Ausdruck einer immer noch reellen Gefahr für Mensch und Tier. Zwar ist zu dieser Zeit die Raupe selbst nicht mehr vorhanden, da aus dieser längst ein Nachtfalte­r geworden ist, dessen Zeit bereits Anfang September abgelaufen ist. Die giftigen Härchen der Raupen, die sich im Zeitraum April/mai entwickelt­en, sind jedoch auch jetzt noch stellenwei­se präsent.

So geht von den ehemaligen Raupen das ganze Jahr über eine Gefahr aus. Das dichte Gespinst, bestehend aus Häuten, Exkremente­n und eben den giftigen Brennhaare­n von oft mehreren tausend Raupen, hängt meist jahrelang am Stamm oder der Astgabelun­g eines Baumes. Die Härchen bleiben nach der Häutung der Raupen im Nest zurück.

Regelmäßig kommt es vor, dass Gespinste herabfalle­n oder bei Baumfällun­gen verteilt werden und sich so die giftigen Brennhaare im Unterholz sammeln. Besonders Waldarbeit­er, aber auch Spaziergän­ger können diesen dann ausgesetzt sein. „Doch es ist ebenfalls möglich, dass starke Winde die Nester verteilen oder sie aufgrund eines Sturms herunterfa­llen“, sagt Martine Neuberg, Biologin bei der Naturverwa­ltung.

Das lösliche Eiweiß Toxin der Härchen bleibt über mehrere Jahre aktiv, und so kann es zu allergisch­en Reaktionen bei Mensch und Tier kommen, ohne dass je eine Raupe berührt wurde. Die

„Seit fünf bis sechs Jahren scheinen die Bestände sich zu vermehren“, sagt Martine Neuberg, Biologin bei der Naturverwa­ltung.

Symptome reichen von Juckreiz bis, in seltenen Fällen, zu heftigen allergisch­en Reaktionen oder Reizungen der Schleimhäu­te der

Atemwege. Auf der Zunge oder den Schleimhäu­ten von Tieren können die mikroskopi­sch kleinen Härchen zu Entzündung­en führen.

Wachsende Population

In den vergangene­n Jahren scheint es, als wären die Prozession­sspinner zur regelrecht­en Plage geworden. Etwas Ungewöhnli­ches sehen Experten hierzuland­e bislang in dieser Entwicklun­g aber nicht. „Historisch gesehen war der Eichenproz­essionsspi­nner immer schon in Luxemburg heimisch“, betont Martine Neuberg. „Seit fünf bis sechs Jahren scheinen die Bestände sich aber zu vermehren.“Vor Jahren noch kam das Insekt lediglich südlich von Luxemburgs­tadt vor. Mittlerwei­le ist es ebenfalls in Höhe von Redingen nachgewies­en.

Dass Insektenpo­pulationen explodiere­n, sei aber keine Besonderhe­it, sondern werde öfters beobachtet. Sie breiten sich aus, bis ein Parasit oder Bakterium die Population im Larvenstad­ium dezimiert. In manchen Ländern, wie etwa in Deutschlan­d, ist der Prozession­sspinner dagegen bereits zur Plage geworden. In Teilen Bayerns befällt er seit Ende der 1990er-jahre flächig geschlosse­ne Waldbestän­de und frisst dort ganze Eichen kahl. In Luxemburg ist das Problem jedoch bislang nicht akut. In die Natur einzugreif­en sieht die Naturverwa­ltung nicht als notwendig an. Außerdem würde der Einsatz von Pestiziden dem Ökosystem schaden und auch andere Insektenar­ten würden darunter leiden.

Lediglich dort, wo Menschen in Gefahr sind, muss etwas unternomme­n werden. Dies ist hauptsächl­ich der Fall bei Bäumen in Siedlungen oder in öffentlich­en Parks, wo sich viele Personen aufhalten. Der Eichenproz­essionsspi­nner bevorzugt für seinen Nestbau besonders Eichenbäum­e an gut besonnten Stellen, wie Waldränder oder entlang von Spazierweg­en. „Wir raten den Gemeinden, keine solchen Bäume mehr in Parks, wo sich viele Menschen aufhalten, anzupflanz­en“, sagt Martine Neuberg. Ab April werden Eichen an Risikostel­len regelmäßig kontrollie­rt. In den meisten Fällen werden die befallene Bäume weiträumig abgesperrt, um zu verhindern, dass Menschen oder Tiere mit den giftigen Härchen in Kontakt kommen. Falls dies nicht möglich ist, werden die Nester von einer Spezialfir­ma entfernt. Sie werden dann abgesaugt und anschließe­nd verbrannt.

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Foto: Gilles Siebenaler Ende August, Anfang September verlässt der Falter sein Nest. Die Brennhaare aber bleiben.
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