Luxemburger Wort

England wie im Rausch

Bei der Rugby-wm kommt es gegen Südafrika zu einer Neuauflage des Finals von 2007

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Englands Rugby-helden fühlten sich für einen Moment wie die Größten der Welt. „Wir haben die Rugby-götter bezwungen“, jubelte Nationalco­ach Eddie Jones nach dem historisch­en Wm-triumph gegen die zuvor als fast unbesiegba­r geltenden All Blacks.

Neuseeland, wo Rugby einer Religion gleichkomm­t und wegen der WM sogar die strengen Sperrstund­en in den Kneipen aufgehoben wurden, trägt hingegen Schwarz – diesmal aber nicht aus Stolz, sondern aus Trauer. „Das Ende der Welt“, titelte der „NZ Herald“nach dem 7:19-Debakel im Wm-halbfinale von Yokohama (JPN). Die Titelseite des „Herald on Sunday“erschien gar komplett in Schwarz.

Dank Mastermind Jones träumt das Mutterland des Rugby-sports nun weiter vom zweiten Wm-titel nach 2003. Und machte die Blamage bei der Heim-wm 2015, als England bereits in der Vorrunde ausschied, vergessen. „Wir sind hierher gekommen, um die Besten der Welt zu sein. Das haben wir noch nicht geschafft, da wollen wir hin“, mahnte Jones mit Blick auf das Finale am kommenden Samstag gegen Südafrika. Die Springboks setzten sich im zweiten Halbfinale gegen Wales knapp mit 19:16 durch und greifen nun nach 1995 und 2007 nach ihrem dritten Wmtitel. „Das bedeutet die Welt für uns“, sagte Südafrikas Kapitän Siya Kolisi nach dem hart erkämpften Erfolg am Sonntag.

Ins Finale gehen aber die Engländer als Favorit. Denn ihr Triumph kam einer Demontage gleich, die so vorher niemand für möglich gehalten hatte. Nicht mal die Ehefrau von Jones glaubte an einen Erfolg. Aber der Masterplan des 59-Jährigen ging voll auf: Die zuvor in 18 Wm-spielen in Serie ungeschlag­enen All Blacks hatten nicht den Hauch einer Chance.

England hätte gefühlt an diesem historisch­en Tag einfach nicht verlieren können. Die Taktik von Jones ging so gut auf, dass die Neuseeländ­er erst das zweite Mal in der Wm-geschichte nach 1991 in der ersten Halbzeit ohne Punktgewin­n blieben.

Trainerfra­ge im Fokus

Mit der ersten Niederlage bei einer WM gegen England überhaupt zerschluge­n sich die Hoffnungen der All Blacks, als erstes Team der Rugby-geschichte zum dritten Mal nacheinand­er Weltmeiste­r zu werden. Für Neuseeland war es nach 4 403 Tagen oder zwölf Jahren und 20 Tagen die erste Niederlage bei einer WM. Entspreche­nd angefresse­n war Nationalco­ach Steve Hansen, für den nach acht Jahren als Chefcoach nach der WM Schluss ist. Auf der Pressekonf­erenz nach dem Spiel schlug er einem Journalist­en nach dessen „respektlos­er Frage“, ob die All Blacks nicht hungrig genug gewesen seien, vor, doch etwas „Zeit draußen zu verbringen. Dann gebe ich Ihnen noch eine Rugbyausbi­ldung oben drauf“.

Die Überlegenh­eit Englands erkannte Hansen aber als fairer Sportsmann an. Jetzt gelte es, sich am kommenden Freitag mit einem Sieg im Spiel um Platz drei gegen Wales mit einem positiven Ergebnis von der WM zu verabschie­den.

Während die Engländer dem Endspiel entgegenfi­ebern, steht in Neuseeland die Trainerfra­ge im Fokus. Denn Assistenzc­oach Ian

Foster, den Hansen als seinen Nachfolger unterstütz­t, machen einige für den Misserfolg in Japan mitverantw­ortlich. Als Hansennach­folger werden auch der walisische Nationaltr­ainer Warren Gatland und Jamie Joseph, der Gastgeber Japan bis ins Viertelfin­ale brachte, gehandelt.

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Foto: AFP England um Mark Wilson (r.) bejubelt den ersten Sieg bei einer WM gegen Neuseeland (Richie Mo'unga, l., und Sevu Reece), das nach zwölf Jahren zum ersten Mal verliert.

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