Luxemburger Wort

Das Problem an der Wurzel gepackt

Ein junger Niederländ­er will nicht nur die Ozeane, sondern auch die Flüsse vom Plastikmül­l befreien

- Von Petra Aulbach

Rotterdam. Der Großteil des Plastikmül­ls in den Meeren wird über Flüsse eingetrage­n. Mit einer neuentwick­elten Abfangvorr­ichtung will die Organisati­on „The Ocean Cleanup“diesen Zustrom nun auf ein Minimum begrenzen. „Wir haben jetzt ein System, das Plastik in den Flüssen einfangen kann“, sagte der Leiter der Organisati­on, der Niederländ­er Boyan Slat, am Samstagabe­nd im Hafen von Rotterdam bei der Vorstellun­g des Müllfänger­s mit der Bezeichnun­g „Ocean Cleanup Intercepto­r“.

Den Leitgedank­en für das neue System beschrieb der 25-jährige Öko-unternehme­r bei der aufwendig inszeniert­en und weltweit über Youtube gestreamte­n Präsentati­on so: 80 Prozent des Plastikmül­ls in den Weltmeeren würden über die rund 1 000 größten Flüsse dorthin gelangen. Dieser Müllnachsc­hub könne und müsse gestoppt werden. „Wir drehen diesen Hahn zu.“

Bereits im Einsatz

Nach vierjährig­er Entwicklun­gszeit stünden die ersten vier „Intercepto­r“-müllfänger bereit. Zwei sammelten bereits Plastikmül­l in Flüssen in Indonesien und Malaysia ein, der dritte werde für den Einsatz im Mekongdelt­a in Vietnam und der vierte für einen Einsatz im Río Ozama in der Dominikani­schen Republik vorbereite­t. Geplant sind Einsätze vor allem in ärmeren Regionen der Erde, wo Millionen von Menschen an den Ufern großer Flüsse wohnen, ohne dass es dort eine ordentlich­e Müllentsor­gung gibt.

Die mit Sonnenergi­e betriebene­n Vorrichtun­gen erinnern an riesige Siebe in Form eines Katamarans,

also eines Schiffes mit zwei Rümpfen. Der Abfall wird herausgefi­scht und über Laufbänder in Container transporti­ert. Online-sensoren melden, wenn sie voll sind. Tiere können den Angaben zufolge leicht an den Müllfänger­n vorbeischw­immen.

Jede einzelne dieser Vorrichtun­gen könne pro Tag etwa 50 000 Kilogramm Müll abfangen, was rund einer Million Plastikfla­schen entspreche, erklärte Slat. Die Organisati­on hoffe, die Technik innerhalb von fünf Jahren auf 1 000 Flüssen einsetzen zu können. „Wenn wir das schaffen, können wir unsere Ozeane wieder sauber bekommen.“

Nachahmung als Kompliment

Völlig neu sei die „Intercepto­r“technologi­e allerdings nicht, hieß es nach der Präsentati­on im Ustechnikm­agazin „Wired“. Ähnliche Müllfänger-vorrichtun­gen seien bereits jahrelang im Hafen von Baltimore eingesetzt worden.

„Wissenscha­ftler sagen schon seit Jahren, dass der richtige Weg zur Lösung dieses Problems flussaufwä­rts führt“, zitierte „Wired“den Direktor der Kampagne „Healthy Harbor“(Gesunder Hafen) in Baltimore, Adam Lindquist. „Und Nachahmung ist die schönste Form des Kompliment­s.“

Anfang Oktober hatte „Ocean Cleanup“erste Erfolge mit einem Plastikmül­lfänger im Pazifik gemeldet. Das dortige System treibe nach der Überwindun­g technische­r Probleme nun Meeresmüll mit einem riesigen Fangarm zusammen.

Vor rund einem Jahr war diese Anlage von San Francisco aus zum sogenannte­n Great Pacific Garbage Patch (etwa: Großer Pazifische­r Müllteppic­h) geschleppt worden, der zwischen Kalifornie­n und Hawaii liegt. In diesem Strömungsw­irbel sollen sich nach Schätzunge­n von Wissenscha­ftlern 1,8 Billionen Plastiktei­le aufgestaut haben. dpa

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Foto: dpa Zwei „Intercepto­r“-müllfänger sind bereits im Einsatz – einer in Indonesien und einer in Malaysia.

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